Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

50 Jahre Einsatz für die Interessen der Verbraucher / Verbraucherschutz stärkt Demokratie / Macht der Wirtschaft braucht die Gegenmacht informierter Konsumenten

(Berlin) - Mit einem Festakt im Berliner Schauspielhaus hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am 15. Mai unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Johannes Rau das 50-jährige Bestehen der deutschen Verbraucherorganisationen gefeiert. Auf der Veranstaltung wurde die Arbeit der Verbraucherverbände und die Errungenschaften der Verbraucherarbeit als zentrale Säule der sozialen Marktwirtschaft gewürdigt. Ohne die Arbeit der Verbraucherverbände wären die Verbraucherinnen und Verbraucher heute in einer wesentlich schwächeren Position gegenüber Wirtschaft und Politik. Der Verbraucherschutz stärke die Demokratie, indem er der Macht der Anbieter die Macht informierter Konsumenten entgegen stelle.

Verbraucherschutz habe überall da Konjunktur, wo kein Verbrauchervertrauen sei, so Bundesverbraucherministerin Renate Künast: „Verbraucherschutz räumt Risiken aus, sichert Märkte und fördert gleichzeitig den Qualitätswettbewerb.“ Als klare Zielsetzung für die Verbraucherpolitik des 21. Jahrhunderts nannte Künast, den Verbraucherschutz zum Bestandteil der ökologisch-sozialen Marktwirtschaft zu machen und Lebensqualität und Wohlstand auch in Zukunft zu gewährleisten.

Der Vorsitzende des Verwaltungsrates des vzbv, Franz-Georg Rips, erinnerte an die Verantwortung von Wirtschaft und Politik für den Verbraucherschutz. "Verbraucherpolitik in einem richtig verstandenen Sinn ist keine Last für die Wirtschaft, sondern eine Chance zur Kundenbindung und für innovative Produkte", sagte Rips. Er forderte Bundesverbraucherministerin Künast auf, ihren in der vergangenen Woche vorgestellten Aktionsplan Verbraucherschutz schnell umzusetzen.

vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller kündigte an, der vzbv werde sich auch künftig vehement für die Interessen der Verbraucher einsetzen. "Das ist gut für die deutsche Wirtschaft, denn ohne ein Gleichgewicht zwischen Verbraucherinteressen und Unternehmensinteressen kann der Wettbewerb nicht funktionieren", so Müller.

"Das Ziel unserer Arbeit darf es nicht sein, Verbraucher erst dann zu beraten, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist", sagte Müller. "Wir wollen von vornherein dafür sorgen, dass Verbraucherinteressen berücksichtigt werden." Der zunehmende Beratungsbedarf sei aber ein Anzeichen dafür, dass die Interessen der Verbraucher an klaren Regelungen bei der Privatisierung und Liberalisierung von Märkten – etwa bei der Telekommunikation oder der privaten Altersvorsorge - immer wieder vernachlässigt würden.

Bei einem anschließenden Fachsymposium ging es um die Zukunft der Europäischen Verbraucherpolitik. "Es ist absurd, dass 80 Prozent der Verbraucherpolitik in Brüssel gemacht wird, die deutsche Öffentlichkeit davon aber kaum Notiz nimmt", so Edda Müller. Sie appellierte an die Verbraucherpolitik der Bundesregierung, auf EU-Ebene eigene Akzente zu setzen anstatt sich von der EU-Politik antreiben zu lassen. Auf EU-Ebene forderte sie mehr Chancengleichheit zwischen Anbieter- und Verbraucherinteressen. "Die europäische Verbraucherpolitik muss sich der Situation stellen, dass in Brüssel 20 Lobbyisten für Verbraucherinteressen rund 15.000 Wirtschaftslobbyisten gegenüberstehen."

Hintergrund

1953 – 2003: Verbraucherarbeit in Deutschland

Mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) im April 1953 begann für die Verbraucherpolitik in Deutschland eine neue Ära. Fortan wurden die Interessen der Verbraucher gebündelt gegenüber Politik und Wirtschaft artikuliert. Schnell entwickelte sich die AgV zu einem wichtigen Ansprechpartner für die Öffentlichkeit und die Medien. Ein Meilenstein der Verbraucherarbeit war der erste vergleichende Warentest, der 1961 erstmals an Waschmitteln durchgeführt wurde. Dies war einer der ersten Schritte auf dem Weg zur Gründung der Stiftung Warentest im Jahr 1964.

Eine weitere wichtige Etappe war die Einführung der Klagebefugnis für die Verbraucherverbände. Seit 1965 können die Verbraucherorganisationen gerichtlich gegen unlautere und irreführende Werbung und seit 1977 auch gegen verbraucherfeindliche Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgehen. Auch die Möglichkeit der Rechtsberatung in den Verbraucherzentralen im Jahr 1980 sorgte für zusätzliche Schlagkraft.

Einer Hochphase der Verbraucherpolitik in den 70er Jahren folgte ab Anfang der 80er Jahre eine „Eiszeit der Verbraucherarbeit“ mit einer drastischen Kürzung der Mittel zur Förderung der Verbraucherarbeit (s. unten) und einem weitgehenden Desinteresse der Bundesregierung an Verbraucherpolitik. Die Glaubwürdigkeit der Verbraucherverbände blieb jedoch ungebrochen. So werden den Verbraucherzentralen und der Stiftung Warentest in Umfragen über die Glaubwürdigkeit öffentlicher Institutionen immer wieder Spitzenwerte beim Vertrauen der Bürger bescheinigt.

Die BSE-Krise im Jahr 2000/2001 weckte die Verbraucherpolitik dann aus ihrem damaligen Dornröschenschlaf und führte zur Gründung des ersten Verbraucherministeriums in Deutschland und Europa. Fast zeitgleich mit dem ersten BSE-Fall in Deutschland verhalf der Zusammenschluss der AgV, des Verbraucherschutzvereins und der Stiftung Verbraucherinstitut unter dem Dach des vzbv der unabhängigen Kraft der Verbraucher zu größerer politischer Schlagkraft.

Zahlen zur Verbraucherarbeit

Die Information der Verbraucher durch Werbung und durch unabhängige Institutionen ist in einem höchst ungleichen Verhältnis: So beträgt der Umsatz der Werbewirtschaft in Deutschland pro Jahr ca. 30 Milliarden Euro – wegen der steuerlichen Absetzbarkeit von Werbeausgaben also öffentlich subventioniert. Das Gesamtbudget für die gesamte unabhängige Verbraucherarbeit in Deutschland (vzbv, Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest) beträgt im Vergleich nur rund 100 Millionen Euro.

Auch weltweit ergeben sich ähnliche Vergleichswerte: Auch wenn genaue Zahlen schwierig zu erhalten sind - allein das Werbebudget von McDonald’s dürfte deutlich über dem Gesamthaushalt sämtlicher 250 Mitgliedsorganisationen von Consumers International liegen. Der Jahreshaushalt von der Weltorganisation Consumers International von rund 5,5 Millionen Euro beträgt etwa so viel wie die Kosten für eine deutschlandweite Werbekampagne für einen durchschnittlichen Markenartikel.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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