Pressemitteilung | Deutscher Raiffeisenverband e.V. (DRV)

Abhängigkeit von internationalen Einflüssen steigt / Ehlers: Wir haben ein schwieriges Jahr gemeistert!

(Berlin) - "Das Bilanzjahr war von einschneidenden Preisrückgängen bei pflanzlichen und tierischen Agrarrohstoffen, bei landwirtschaftlichen Betriebsmitteln sowie Mineralölprodukten gekennzeichnet. Die 2.186 genossenschaftlichen Mitgliedsunternehmen des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) melden in der Summe einen Umsatzrückgang um 4,8 Prozent auf 58,8 Mrd. Euro", erläutert DRV-Hauptgeschäftsführer Dr. Henning Ehlers vor Journalisten. Gravierend waren die Veränderungen in der Warenwirtschaft (-6,4%), Milchwirtschaft (-4,8%) und bei den Agrargenossenschaften (-10%). Ein leichtes, exportbedingtes Plus um 2,5 Prozent meldet die genossenschaftliche Vieh- und Fleischwirtschaft.

Das Geschäftsergebnis bestätigt die Abhängigkeit des deutschen Agribusiness von internationalen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen. Insbesondere die Lage der Betriebe in der Tierischen Veredelung war 2016 angespannt. Als eine Folge stellen die Landwirte u. a. ihre Investitionen in kostenintensive Agrar- und Stalltechnik zurück.

"Die Milchpreiskrise stellte Erzeuger und Vermarkter gleichermaßen vor große Herausforderungen. Die seit Ende 2016 anziehenden Rohstoff- und Milcherzeugerpreise bestätigen unsere klare marktwirtschaftliche Position. Wir setzen weiterhin in enger Abstimmung mit unseren Mitgliedern auf das Erfolgsmodell der Selbsthilfe und Selbstverantwortung", so Dr. Ehlers.

Die Perspektiven für das Agribusiness bleiben insgesamt getrübt. Geopolitische Unsicherheiten, eine geschwächte Europäischen Gemeinschaft, fortwährende Handelsblockaden und gesellschaftspolitische Diskussionen stellen die Zukunft der Branche in Frage. "Unsere Genossenschaften und ihre Mitglieder sehen die notwendige Planungssicherheit gefährdet und den Rückhalt in der Gesellschaft schwinden", so Dr. Ehlers.

"Für eine erfolgversprechende Wachstumsstrategie müssen wir weitere zahlungskräftige Drittlandmärkte für unsere hochgradig veredelten und Know-how-intensiven Produkte erschließen", fordert der Hauptgeschäftsführer. Damit werden Abhängigkeiten, Preisschwankungen und Risiken abgefedert. Die größten Probleme bei der Marktöffnung sind knappe Ressourcen in den Unternehmen, volatile Märkte und vor allem nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Die Genossenschaften fordern verlässliche politische Rahmenbedingungen, eine branchengerechte Exportförderung und den Abbau von Handelsblockaden. Der DRV drängt auf die enge Zusammenarbeit von Politik, Administration und Wirtschaft. Sie muss ergebnisorientiert weiter ausgebaut werden.

Warenwirtschaft: Erneut niedrige Preise für Getreide

Die Warenwirtschaft (5 Hauptgenossenschaften, 282 Bezugs- und Absatzgenossenschaften sowie 109 Kreditgenossenschaften mit Warengeschäft) ist die umsatzstärkste Sparte im DRV. Die Unternehmen haben sich auf dem wettbewerbsintensiven nationalen Markt gut behauptet. Ihr Gesamtergebnis beträgt 33,8 Mrd. Euro nach 36,1 Mrd. Euro in 2015. Ausschlaggebend für den Rückgang um 6,4 Prozent sind die im Vergleich zum Vorjahr weiter gesunkenen Erlöse für Getreide, landwirtschaftliche Betriebsmittel und Mineralölprodukte.

Wetterkapriolen in weiten Teilen Deutschlands führten zur einer enttäuschenden Getreideernte von 45,2 Mio. t (Vorjahr: 48,2 Mio. t). Weltweit wurde hingegen zum vierten Mal in Folge ein Rekordresultat von über 2 Mrd. t erzielt. Damit wird die Nachfrage übertroffen und hat einen weiteren Anstieg der Bestände zur Folge. Somit stehen die Notierungen unter Druck und bescheren Erzeugern und Vermarktern geringere Erlöse. Die Hoffnungen auf eine Belebung des Exports haben sich bislang nicht erfüllt. Der DRV unterstützt gemeinsam mit anderen Getreidehandelsverbänden die Bundesregierung beim Abschluss eines Marktzugangsverfahrens für Gerste und Weizen nach China. Mit Blick auf intensivere Handelsmöglichkeiten mit dem Iran hat der DRV gemeinsam mit der DLG die Kofinanzierung eines Handelsbeauftragten der deutschen Agrarwirtschaft initiiert.

Futterwirtschaft: "Ohne-Gentechnik"-Produkte gefragt

Die genossenschaftliche Futterwirtschaft meldet, trotz der angespannten Einkommenslage in der Landwirtschaft, nur geringe Absatzeinbußen. Die Mengen blieben über alle Produktionszweige stabil. Der DRV geht für 2017 von einer stagnierenden bis leicht steigenden Nachfrage im Futtermittelbereich aus.

Stark gestiegen ist der Bedarf an Futtermitteln für die "Ohne-Gentechnik"-Produktion von Lebensmitteln. Entsprechende Forderungen des Lebensmitteleinzelhandels wirken sich vor allem auf den Milchsektor aus. Dieser Trend zeigt sich auch beim Einsatz von heimischen Hülsenfrüchten im Mischfutter. Die genossenschaftliche Futterwirtschaft hat sich auf die geänderte Nachfrage eingestellt. Dr. Ehlers erwartet, dass Futtermittel für die "Ohne-Gentechnik"-Produktion von Lebensmitteln weiter auf dem Vormarsch bleiben. Er geht davon aus, dass vor allem in der Milchviehfütterung der Einsatz von Rapsschrot steigen wird.

Milchwirtschaft: Vorsichtig optimistisch

Für die Molkereien und ihre Milcherzeuger war 2016 das zweite Jahr in Folge mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen. Der Markt war durch starke Schwankungen der Preise und des Milchangebots gekennzeichnet. Das führte zu erheblichem Mengendruck mit sehr niedrigen Notierungen. Erst zur Jahresmitte trat eine Stabilisierung ein. Die Umsätze der 216 genossenschaftlichen Molkereien, darunter 34 Verarbeitungsbetriebe, verringerten sich um rund 5 Prozent auf 11,8 Mrd. Euro.

Nachdem bereits im Vorjahr weltweit die Milchproduktion deutlich erhöht worden war, traf in der ersten Jahreshälfte eine zunächst weiter steigende Anlieferung auf eine schwache Nachfrage. Die war vor allem durch die Kaufzurückhaltung Chinas und der erdölexportierenden Länder geprägt. Die Erzeugerpreise brachen im ersten Halbjahr auf knapp 23 Cent/kg im Bundesdurchschnitt ein. Der Jahresdurchschnitt liegt bei etwa 26,5 Cent/kg, rund 10 Prozent unter dem Vorjahr. Das ist der niedrigste Wert seit 2009. Das war für viele Erzeugerbetriebe existenzgefährdend und hat den Strukturwandel in der Milchviehhaltung beschleunigt.

In den ersten Monaten 2017 zeigt sich der Markt in einer besseren Verfassung. Die Milcherzeugung bewegt sich in Deutschland und der EU, aber auch in wichtigen Exportregionen, unter Vorjahresniveau. Auch die EU-Kommission rechnet für 2017 mit einem moderaten Mengenplus um 0,5 Prozent. Zudem dürfte sich die Erholung der globalen Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen fortsetzen. Damit werden die Erzeugerpreise in den nächsten Monaten deutlich über den sehr niedrigen Vorjahreswerten liegen.

Gegen Pfandpflicht auf alle Getränkeverpackungen

Kein Verständnis hat der DRV-Hauptgeschäftsführer für jüngste Überlegungen im Bundesrat, Pfandregelungen für alle Getränkeverpackungen einzuführen. Aus Sicht der genossenschaftlichen Molkereiwirtschaft ist eine Pfandabgabe nicht umsetzbar. "Durch die heutige Lizenzierung von Verkaufsverpackungen für die stoffliche Verwertung leistet die Branche einen wichtigen ökologischen Beitrag zur maßgeblichen Reduzierung von Müll und damit zur umweltverträglichen Produktion", so Dr. Ehlers. Massive Kritik kommt auch von den Winzergenossenschaften. Im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaftsweise macht ein Pfand auf Weinflaschen angesichts der Vielfalt an unterschiedenen Produktaufmachungen sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht keinen Sinn.

Vieh- und Fleischwirtschaft: Starke Impulse im Export

2016 verlief für die 85 Unternehmen der genossenschaftlichen Vieh- und Fleischwirtschaft in den einzelnen Geschäftsfeldern unterschiedlich. Insgesamt erzielte die Sparte ein Umsatzplus von 2,5 Prozent auf 6,35 Mrd. Euro. Nach dem sehr niedrigen Preisniveau in den ersten vier Monaten erholten sich die Notierungen für Schlachtschweine, nicht zuletzt gestützt durch Drittlandausfuhren. Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen deutlichen Zuwachs beim Drittlandexport, der insbesondere von der Volksrepublik China (+80,5%) getragen wurde.

Intensiv bringt sich die genossenschaftliche Branche in die gesellschaftspolitische Debatte um die Weiterentwicklung der modernen Nutztierhaltung ein. 2016 wurden wichtige Weichen zur Fortführung der Initiative Tierwohl für den Zeitraum 2018 bis 2020 gestellt. "Mit der finanziellen Absicherung der Mehraufwendungen, die von den Landwirten erbracht werden, haben führende Lebensmitteleinzelhändler sowie Discounter ein klares Signal gesetzt. Damit können entscheidende Verbesserungen in der Tierhaltung umgesetzt werden, ohne dass die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet wird", so Dr. Ehlers. Bei der Diskussion über neue Programme und Label muss die Wirtschaftlichkeit für alle Marktpartner beachtet werden, wenn die Tierhaltung nicht ins Ausland verdrängt werden soll. Durch Parameter wie die Nämlichkeit der Produkte werden die Prozesskosten aufgrund der Teilstückvermarktung deutlich erhöht. "Jedes Label benötigt kalkulatorische Sicherheit, vor allem wenn ein hoher Durchdringungsgrad im LEH erzielt werden soll. Deshalb bewerte ich die aktuellen inhaltlichen und organisatorischen Entwicklungen eines staatlichen Tierschutzlabels kritisch", so der Hauptgeschäftsführer.

Obst, Gemüse und Gartenbau: Negative Witterungseinflüsse

Die 85 Unternehmen der genossenschaftlichen Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft erzielten ein leichtes Plus mit einem Jahresumsatz von 3,4 Mrd. Euro. Einen gelungenen Start hatte die Apfel-Vermarktungssaison. Die Erwartungen der deutschen Erzeugerorganisationen für den weiteren Geschäftsverlauf sind daher positiv. Das zeigte sich auch Anfang Februar 2017 bei der Fruit Logistica. Anlässlich des 25-jährigen Messejubiläums hatte die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) das offizielle Partnerland-Projekt übernommen. Finanziell unterstützt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft brachten die BVEO-Mitgliedsunternehmen den Fachbesuchern aus aller Welt die Vielfalt und Qualität deutscher Erzeugnisse nahe. Das Engagement stand unter dem Slogan "Germany - Your Garden."

Winzergenossenschaften: Sehr ansprechende Weine

Die 165 im DRV organisierten Weingärtner- und Winzergenossenschaften haben 2016 rund 2,8 Mio. hl gelesen. Bundesweit betrug die Ernte ca. 9,0 Mio. hl. Für die EU liegt die Schätzung bei 168 Mio. hl. Dies sind rund 3 Prozent weniger als 2015. In allen Anbaugebieten wurde eine mengenmäßig zufriedenstellende sowie qualitativ gute Ernte mit sehr ansprechenden Weinen aller Qualitätsstufen eingefahren. Der Umsatz liegt erneut bei 800 Mio. Euro.

Die Winzergenossenschaften sind nun gefordert, die guten Leistungen ihrer Winzer und Kellermeister erfolgreich am Markt umzusetzen. Dabei driften die Mengen- und Wertentwicklungen immer weiter auseinander. Umsatzwachstum ist nur noch über Wertschöpfungsstrategien möglich. Dabei unterstützte der DRV seine Mitgliedsunternehmen. Offen ist, wie sich das seit 1. Januar 2016 geltende EU-Autorisierungssystem für Rebpflanzungen langfristig auswirkt. Der DRV begrüßt das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, die Ausweitung der Rebflächen um weitere zwei Jahre auf moderate 0,3 Prozent zu begrenzen.

Agrargenossenschaften: Endlich Licht am Horizont

Die 730 dem DRV angeschlossenen Agrargenossenschaften blicken inzwischen auf eine 25-jährige bewegte, aber erfolgreiche Unternehmensgeschichte zurück. Dabei geht 2016 als sehr schwieriges Jahr in die Bilanzen ein. Der DRV erwartet nach den deutlichen Erlösminderungen im Vorjahr einen weiteren Rückgang um 10 Prozent über alle Produktionszweige. Der aggregierte Umsatz der Gruppe liegt bei 1,8 Mrd. Euro. Vor allem die niedrigen Milchauszahlungspreise und gesunkenen Erträge in der pflanzlichen Erzeugung führten zu deutlichen Rückgängen. Diese Entwicklungen unterstreichen die wirtschaftlichen Instabilitäten und Risiken, denen die Land- und Agrarwirtschaft zunehmend ausgesetzt ist. Der DRV tritt mit Nachdruck dafür ein, dass die Unternehmen verstärkt Instrumente des Risikomanagements nutzen. Das gilt insbesondere für die Milchpreisabsicherung an Warenterminbörsen.

Mit Blick auf den Preisanstieg bei tierischen Erzeugnissen sind die Erwartungen positiver gestimmt. Die Agrargenossenschaften haben allerdings noch erheblichen Nachholbedarf, um die massiven Rückgänge der Vorjahre annährend auszugleichen. Dennoch ist der Ausblick 2017 von leichter Zuversicht geprägt.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Raiffeisenverband e.V. (DRV) Pressestelle Pariser Platz 3, 10117 Berlin Telefon: (030) 856214-430, Fax: (030) 856214-432

(sy)

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