Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Agrarwende: Millionen für den Ökolandbau

(Köln) - Im Gefolge der BSE-Krise rief die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 die Agrarwende aus: Bis 2010 soll ein Fünftel aller Felder von Biobauern bestellt werden. Dieses Vorhaben lässt sich Verbraucherschutzministerin Renate Künast einiges kosten. Deshalb können erste Erfolgsmeldungen kaum verwundern. Rein wirtschaftlich gesehen ist der Ökolandbau aber nach wie vor ein hartes Brot. Vor etwas mehr als zwei Jahren wurden in Deutschland erstmals an BSE erkrankte Rinder entdeckt. Fleischessern verschlug es eine ganze Weile den Appetit angesichts der Fernsehbilder von taumelnden Kühen und Scheiterhaufen aus Tierkadavern. Die Bundesregierung reagierte eilends, indem sie die „Agrarwende“ ausrief, um dem Biolandbau schrittweise mehr Bedeutung zu verschaffen.

Das ehrgeizige Ziel: Im Jahr 2010 soll er einen Anteil von 20 Prozent an der landwirtschaftlichen Fläche erobert haben. Dafür macht das neu gegründete Verbraucherschutzministerium einiges an Geld locker. Rund 35 Millionen Euro stehen für die Schulung und Beratung von Handel und Landwirten im Rahmen des Bundesprogramms „Ökologischer Landbau“ parat. Die Nachfrage nach Bioprodukten ankurbeln sollte zudem eine millionenschwere Werbekampagne zur Einführung des auf der EG-Öko-Verordnung basierenden Biosiegels.

Außerdem wurden die Flächenprämien aus den Brüsseler Agrarfördertöpfen im Jahr 2002 – je nach Kategorie – um 60 bis 260 Euro pro ökologisch bewirtschaftetem Hektar Land aufgestockt. Ohne diese Hilfen dürfte die Agrarwende Utopie bleiben.
Im Jahr 2001 beackerten 11.506 Ökobauern 602.600 Hektar Land – das waren gerade einmal 3,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche.

In der jüngsten Vergangenheit verzeichnete der Ökolandbau allerdings beachtliche Zuwachsraten. Seit 1995 hat sich die Zahl der Biohöfe verdoppelt; die bewirtschaftete Fläche legte allein im Jahr 2000 um mehr als 20 Prozent zu – auch dank der statistisch erstmalig erfassten Betriebe mit ökologischer Tierhaltung. Nebenbei räumt die Statistik mit einem gängigen Vorurteil in puncto Biobauern auf. Diese pflegen nämlich keineswegs nur ein besseres Nutzgärtchen, während die konventionellen Kollegen bis zum Horizont reichende Felder beackern. Im Gegenteil:

Ein Bio-Agrarbetrieb ist im Schnitt mit gut 52 Hektar über ein Drittel größer als ein gewöhnlicher Bauernhof mit 38 Hektar. In Ostdeutschland kommt ein Biohof durchschnittlich sogar auf 185 Hektar Land, darunter finden sich viele ehemalige LPGs. Deutschlandweit entfiel im Jahr 2001 deutlich mehr als die Hälfte des ökologisch genutzten Ackerlands auf Bauernhöfe von über 100 Hektar, in der Landwirtschaft insgesamt machten die Großbetriebe dagegen nur 46 Prozent aus.

„Big is beautiful“ gilt im Biolandbau aus verschiedenen Gründen: Zum einen erfordert die geringere Intensität der Bodennutzung für die gleiche Produktionsmenge eine größere Fläche. Zum anderen sind größere Betriebe rentabler wegen der höheren Preise, die sich für Bioerzeugnisse erzielen lassen.

Nach wie vor ist das Geldverdienen mit einem nach ökologischen Vorgaben geführten Hof jedoch ein äußerst mühevolles Geschäft. Zwar geben Ökolandwirte nur ein Bruchteil des von der konventionellen Landwirtschaft aufgewendeten Betrages für Dünger, Futter und Pflanzenschutzmittel aus, weil sie darauf verzichten bzw. das Futter selbst erzeugen. Außerdem fließen ihnen im Rahmen der EU-Agrarpolitik höhere Direktzahlungen je Hektar Fläche zu. Dieser Vorteil wird aber unter anderem von geringeren Erträgen und mehr als dreimal so hohen Personalkosten wieder aufgefressen. So kommt es, dass ein herkömmlicher Landwirt im Geschäftsjahr 2000/01 im Schnitt einen Gewinn von 38.800 Euro erwirtschaftete, der Ökobauer hingegen gut 10.000 Euro weniger übrig behielt.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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