Pressemitteilung | Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. - Bundesverband

Arbeitsplätze für den Meistbietenden? / Kooperation zwischen Charité und Saudi-Arabien wirft viele Fragen auf

(Berlin) - Mit großer Skepsis betrachtet der Marburger Bund die heutige Unterzeichnung des Kooperationsvertrages zwischen der Charité Universitätsmedizin Berlin und dem Königreich Saudi-Arabien zur Facharztweiterbildung von Ärzten. "Bei der Vergabe von Stellen muss vor allem in Kliniken, die sich in öffentlicher Hand befinden, die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Bewerbers den Ausschlag geben und nicht die Höhe des Stipendiums und anderer Prämien, die das Heimatland beizusteuern bereit ist. Wir halten es für absolut untragbar, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse von Ärzten an den Meistbietenden regelrecht verkauft werden. Eine derartige Praxis benachteiligt in- und ausländische Ärztinnen und Ärzte, die sich auf regulärem Weg um eine Stelle bemühen und keinen Geldgeber hinter sich haben, der die Bezahlung des vollständigen Gehalts einschließlich Lohnnebenkosten übernimmt", kritisierte Armin Ehl, Hauptgeschäftsführer des Marburger Bundes. "Qualifizierte ausländische Ärzte werden in Deutschland gebraucht und leisten einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung. Deshalb empfehlen wir allen Ärzten, die kurz- oder langfristig in Deutschland arbeiten möchten, sich nach Aneignung der notwendigen Deutschkenntnisse und Ablegung einer möglicherweise erforderlichen Kenntnisprüfung auf Weiterbildungsstellen zu bewerben, um im Erfolgsfall ein reguläres Tarifgehalt zu beziehen, wie es der Marburger Bund auch mit der Charité vereinbart hat."

Der Kooperationsvertrag zwischen der Charité und Saudi-Arabien wirft überdies eine Reihe von Fragen auf, die von der Charité beantwortet werden müssen. Werden die vorgesehenen Gastarztstellen zusätzlich zu den eigentlichen Weiterbildungsplanstellen geschaffen oder werden vorhandene Stellen an die saudischen Stipendiaten vergeben? Zusätzliche Weiterbildungsstellen setzen größere Kapazitäten in der Patientenversorgung voraus, damit die Weiterbildung insgesamt im erforderlichen Maße gewährleistet bleibt. Auch stellt sich die Frage, welche sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen die saudischen Ärztinnen und Ärzte mitbringen, wenn sie ihre Weiterbildung beginnen und dann auch am Patienten tätig sind.

Generell müssen Ärztinnen und Ärzte, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen und hier in ihrem Beruf tätig werden wollen, bei der Beantragung einer Berufserlaubnis oder Approbation nachweisen, dass sie über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. In Berlin liegt die Zuständigkeit für das Approbationsverfahren beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo). Sofern das LAGeSo unzureichende Deutschkenntnisse feststellt, ist ein GER-B2-Zertifikat nachzuweisen und nachfolgend eine sogenannte Fachsprachenprüfung zu bestehen. Die Wahrnehmung der Aufgabe, die erforderlichen Fachsprachenkenntnisse zu überprüfen, wurde durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zum 11. August 2015 an die Ärztekammer Berlin übertragen.

Seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes am 1. April 2012 wird die Berufserlaubnis maximal für zwei Jahre ausgestellt. Eine Kenntnisprüfung müssen ausländische Ärzte ablegen, die über eine ärztliche Ausbildung aus einem sogenannten Drittstaat verfügen, die als nicht gleichwertig beschieden wurde. Vor diesem Hintergrund hatte der 118. Deutsche Ärztetag im Mai dieses Jahres in Frankfurt/M. gefordert, dass Stipendien zukünftig nur noch zum Erwerb von notwendigen Deutschkenntnissen sowie für Kurse zur Vorbereitung auf eine eventuell anstehende Kenntnisprüfung verwendet werden sollten. "Sobald ein ausländischer Arzt die sprachlichen und fachlichen Anforderungen erfüllt, kann er sich wie andere approbierte Ärzte auf einen Arbeits- und Weiterbildungsplatz mit regulärem Arbeitsvertrag und tariflicher Entlohnung bewerben", erklärte die Hauptversammlung der Bundesärztekammer.

Quelle und Kontaktadresse:
Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. - Bundesverband Pressestelle Reinhardtstr. 36, 10117 Berlin Telefon: (030) 746846-0, Fax: (030) 746846-16

(dw)

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