Pressemitteilung | ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie

Aufschwung in der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie lässt auf sich warten / ZVEI: Agenda 2010 des Bundeskanzlers muss fortentwickelt werden

(Frankfurt am Main) - Die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie in Deutschland blickt nach wie vor skeptisch nach vorne. „Bestenfalls werden wir in diesem Jahr das Vorjahresniveau beim Umsatz erreichen“, prognostizierte Dietmar Harting, Präsident des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. Auch sie die kalkulierte „rote Null“ nur dann realistisch, wenn es durch den Irak-Konflikt nicht zu weiteren Belastungen komme. Zudem befürchtet die Branche – einer aktuellen Verbandsumfrage zufolge – bei einem Andauern der politischen Diskussion Beeinträchtigungen der Geschäftsbeziehungen mit US-amerikanischen Partnern. Bislang verzeichne die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen aber noch keine messbaren Auswirkungen.

Im vergangenen Jahr ging der Umsatz der zweitgrößten Industrie-Branche in Deutschland um fast vier Prozent auf 154,1 Mrd. Euro zurück. Noch deutlicher fielen mit einem Minus von 5,5 Prozent die Einbußen bei der Produktion aus, so der ZVEI. Die Zahl der Beschäftigten markiert mit nur noch 831.000 den tiefsten Stand seit 1960. Damit arbeiten seit August 2001, dem Höhepunkt im letzten Konjunkturzyklus, 52.000 Menschen weniger in der Elektroindustrie. Der ZVEI befürchtet, dass im Verlauf dieses Jahres weitere 15.000 bis 20.000 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Maßgeblich für die noch immer flaue konjunkturelle Entwicklung war der hartnäckige Investitionsstau und die anhaltend massive Verunsicherung der Verbraucher in Deutschland, so der Verband. Entsprechend negativ sei die Entwicklung der Ertragssituation verlaufen. Die Kapazitätsauslastung habe zum Jahresende weniger als 80 Prozent betragen und drücke auf die Rentabilität. Die Unternehmen sahen sich deshalb zu noch stärkeren Rationalisierungsmaßnahmen gezwungen, um einem Anstieg der Lohnstückkosten entgegenzuwirken.

Die verhaltene Nachfrageentwicklung im Inland habe sich besonders negativ ausgewirkt. Mit minus 6,6 Prozent fielen die Inlandsorders auf das Niveau von 1999 zurück. Im Auslandsgeschäft konnte sich die Branche mit einem Minus von 0,6 Prozent noch einigermaßen behaupten. Von dem hohen Euro-Kurs gegenüber dem US-Dollar, aber auch gegenüber anderen für die Wettbewerbsfähigkeit der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie wichtigen Währungen wie dem Yen oder dem chinesischen Renminbi, gehe ein hohes Risiko für die weitere Entwicklung aus.

Strukturelle Probleme müssen zügig gelöst werden

„Die mittelfristige Geschäftsperspektive hängt ganz entscheidend davon ab, wie es gelingt, die strukturellen Probleme im eigenen Land zu lösen“, erklärte Harting anlässlich der Jahrespressekonferenz seines Verbandes. Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder angekündigte Agenda 2010 gehe prinzipiell in die richtige Richtung, müsse aber nicht nur zügig umgesetzt, sondern auch noch fortentwickelt werden. „Einige wesentliche Kapitel sind da noch zu schreiben“, so Harting. Dazu gehörten die Themen Technologie und Innovation sowie Infrastrukturentwicklung und Bildung ebenso wie die längerfristige Positionierung Deutschlands im weltweiten Wettbewerb und in der internationalen Staatengemeinschaft.

Harting beklagte, dass die öffentliche Forschungs- und Entwicklungs-Förderung für Unternehmen in den letzten 20 Jahren kontinuierlich abgenommen habe. Sie mache inzwischen nur noch acht Prozent der Forschungsbudgets in der Wirtschaft aus, obgleich die Wirtschaft in den entsprechenden Projekten die staatlichen Mittel verdoppele. Selbst bei leeren öffentlichen Kassen seien hier erhebliche Effizienzgewinne möglich. „An dieser Stelle muss umgesteuert und reorganisiert werden“, so Harting. Auch gelte es, bereits entwickelte Technologien deutlich schneller umzusetzen. Ein Beispiel sei der in Deutschland nur schleppend in Fahrt kommende Transrapid. Nicht technologische Gründe seien dafür ausschlaggebend, sondern ein verzerrter Wettbewerb. Dieser sehe zwar öffentliche Investitionen in Fahrwege bei Schiene und Straße vor, verlange aber vom Transrapid Rentabilitätsnachweise und Garantien. Ein weiteres Beispiel sei die Digitalisierung des Rundfunks, im Ausland schon Realität und hierzulande noch Diskussionsgegenstand.

Mobilisierung von privatem Kapital notwendig

„Bei traditionell vom Staat wahrgenommenen Infrastrukturprojekten brauchen wir eine Renaissance von Public-Private-Partnership-Modellen“, forderte Harting. Dabei gehe kein Weg an der verstärkten Mobilisierung privaten Kapitals vorbei. Voraussetzung für die Investoren sei jedoch eine verlässliche Regulierung. Nur so ließe sich verhindern, dass wie im Beispiel der Energienetze das Bundeskartellamt die in der so genannten Verbändevereinbarung festgelegten Durchleitungsentgelte als zu hoch beurteilt und damit einen Investitionsstau hervorrufe. Andere Felder für den Einsatz privaten Kapitals seien Verkehrsprojekte, aber auch der Ausbau eines leistungsstarken und zukunftsorientierten Bildungssystems.

Voraussetzungen für internationale Zusammenarbeit schaffen

Als weiteren wichtigen Punkt auf der Agenda sieht der ZVEI-Präsident die Notwendigkeit, die Wertegemeinschaft mit den USA wieder aktiv mit Leben zu füllen. Nur so könne sichergestellt werden, dass Deutschland in der internationalen Staatengemeinschaft verankert und starker Teilhaber am globalen Wettbewerb sei. „Hier haben wir in den letzten Wochen eine klare und verlässliche Orientierung durch die Politik vermisst.“ Das transatlantische Bündnis sowie die europäische Integration seien feste Größen. Insbesondere in den Hochtechnologiemärkten der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie sei dies eine wesentliche Voraussetzung, um zu den Nutznießern der Globalisierung zu gehören.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. Stresemannallee 19, 60596 Frankfurt Telefon: 069/63020, Telefax: 069/6302317

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