Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Auszubildende: Viele bleiben im Betrieb

(Köln) - Wie es für frisch gebackene Handwerksgesellen oder Kaufleute nach der Ausbildung weitergeht, hängt stark von der Branche und vom Standort des Lehrbetriebs ab. In vielen Wirtschaftszweigen ist die Übernahme der Ausgebildeten tariflich festgelegt. Besonders in Krisenzeiten können die Unternehmen dadurch aber gezwungen sein, ihr Ausbildungsengagement zurückzufahren.

Im Wettbewerb der Betriebe um gute Schulabsolventen ist eine Festanstellung nach der Ausbildung ein wichtiges Argument. Und auch die Unternehmen haben ein großes Interesse, die von ihnen ausgebildeten Fachkräfte weiter zu beschäftigen. Immerhin haben sie in den Nachwuchs viel Geld investiert.

Leider geht diese Rechnung nicht immer auf, wie eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit belegt. Dabei wurde untersucht, wie viele Jugendliche im Jahr 2001 nach der Lehre von ihrem Ausbildungsbetrieb in einen festen Job übernommen wurden: Während in Westdeutschland sechs von zehn fertigen Azubis eine Anstellung in ihrem Betrieb erhielten, arbeiteten in Ostdeutschland nur gut vier von zehn dort weiter.

Allerdings sind die Aussichten, nach der Ausbildung im Betrieb zu bleiben, nicht nur von Region zu Region verschieden. Ob die jungen Leute die Gelegenheit erhalten, das Gelernte sofort anzuwenden, hängt auch von der Betriebsgröße ab:

In Westdeutschland steigt die Chance für eine Übernahme mit der Größe des Lehrbetriebs – in Ostdeutschland lässt sich eine solche Faustformel nicht ausmachen.

Daneben spielt die Branche eine große Rolle. Bei Banken und Versicherungen ist es schon beinahe Tradition, dass die Ausgebildeten im Unternehmen bleiben; in Westdeutschland sind es 85 Prozent der jungen Leute und in den neuen Ländern 75 Prozent.

Am schlechtesten sieht es für die Azubis im Erziehungswesen aus. Da solche Einrichtungen häufig reine Ausbildungsbetriebe sind, ist eine Anstellung meist nicht möglich. In einigen Branchen ist die Übernahme tariflich geregelt. Für sechs Monate müssen zum Beispiel die fertigen Azubis der Molkereien und der Milchindustrie in Bayern weiterbeschäftigt werden.

In der Metall- und Elektro-Industrie sowie der Chemischen Industrie erhalten bundesweit alle Nachwuchsfachkräfte sogar für mindestens zwölf Monate eine Anstellung. Ähnliche Regelungen gibt es in der Feinkeramischen Industrie Westdeutschlands, der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern sowie der Energieversorgung in Hessen.

Es steht zwar in keinem Tarifvertrag – aber auch im Öffentlichen Dienst einschließlich der Sozialversicherungen sollen die Ausgebildeten möglichst für zwölf Monate, in der Wohnungswirtschaft mindestens für acht Monate weiterbeschäftigt werden.

Der deutsche Steinkohlebergbau übernahm sogar alle Auszubildenden, die im Winter 2001/2002 ihre Abschlussprüfung bestanden hatten, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Im Gegenzug gab es bei den ohnehin überdurchschnittlichen Ausbildungsvergütungen eine Nullrunde.

Gerade unter den Vorzeichen einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung werden es sich zahlreiche Unternehmen gut überlegen, wie vielen Jugendlichen sie eine berufliche Perspektive eröffnen können. Denn für die Auszubildenden, die sie im Herbst 2003 einstellen, müssen in zwei bis drei Jahren auch Arbeitsplätze da sein.

Es ist sogar zu befürchten, dass viele Betriebe durch die Übernahmeklauseln ihren eigenen Bedarf eher vorsichtig kalkulieren und so letzten Endes viele junge Menschen ohne Ausbildungsplatz dastehen. Tarifexperten empfehlen deshalb, diese Regel auf unbestimmte Zeit auszusetzen. So würde nach einer Umfrage des Arbeitgeberverbandes Ruhr/Lenne mehr als ein Viertel der Unternehmen zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, wenn es keine Übernahmepflicht gäbe.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88, 50968 Köln Telefon: 0221/49811, Telefax: 0221/4981592

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