Pressemitteilung | (BDEW) Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.

BDEW zu den energiepolitischen Beschlüssen des Bundesrates / Kapferer: Bundesregierung sollte Bundesrats-Votum gegen massiven Kostendruck auf Netzbetreiber folgen

(Berlin) - "Die Novelle der Anreizregulierungs-Verordnung enthält einige klare Verbesserungen. Dies gilt insbesondere für die Abschaffung des Zeitverzugs und die Beibehaltung der bisherigen Regelungen zum vereinfachten Verfahren für kleine Netzbetreiber. Frühere Entwürfe der Novelle sahen zum Teil erhebliche Verschlechterungen für die Verteilnetzbetreiber vor. Der BDEW hat sich hier nachdrücklich für bessere Bedingungen für die Unternehmen eingesetzt", sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, heute (8. Juli 2016) in Berlin.

Es sei jedoch bedauerlich, dass der Bundesrat nicht der Empfehlung seines Wirtschaftsausschusses gefolgt sei, ein kontraproduktives Vorhaben im Rahmen der Novelle abzulehnen: "Die Entscheidung der Bundesregierung, so genannte Sockeleffekte für Investitionen der Vergangenheit zu streichen, kritisieren wir scharf. Hier geht es anders als behauptet nicht um Zusatzgewinne. Die Unternehmen haben im Vertrauen auf die Anerkennung ihrer Kosten investiert. Sie haben damit nichts anderes getan als auf den geltenden rechtlichen Rahmen zu vertrauen. Für dieses Vertrauen werden sie nun bestraft."

Positiv hingegen sei, dass der Bundesrat das Vorhaben der Bundesregierung zurückweist, den Kostendruck auf die Netzbetreiber erheblich zu verschärfen, indem vorgegebene Effizienzziele in deutlich kürzerer Zeit erreicht werden müssten als bislang. Kapferer: "Wir appellieren daher an die Bundesregierung, die Novelle mit dieser wichtigen Änderung des Bundesrates nun schnell in Kraft treten zu lassen. Ein noch schärferer Kostendruck ist aus unserer Sicht kontraproduktiv: Bis 2032 müssen bis zu 50 Milliarden Euro in die Verteilnetze investiert werden." In der Gesamtschau verbleibe eine Verbesserung der Bedingungen für Investitionen ab 2018/2019 in Verbindung mit einer massiven Entwertung der bestehenden Netze, die durch die beschlossene Übergangsregelung zu den Sockeleffekten nicht annähernd ausgeglichen werde.

EEG-Novelle
Mit Blick auf die Beschlüsse des Bundesrats zur EEG-Novelle unterstrich Kapferer die Bedeutung der geplanten Ausschreibungen für Strom aus Erneuerbaren Energien: "Ausschreibungen sind ein wirksamer Hebel, um den vereinbarten Zubaukorridor einzuhalten und dabei die Kosten zu senken. Das ist ein großer Schritt hin zu mehr wettbewerblichen Strukturen. Damit dieses Instrument seine volle Wirkung entfalten kann, brauchen wir ein transparentes, faires Ausschreibungs-Design."

Die EEG-Novelle schafft auch die Grundlage zur Umsetzung der Vorgabe der Europäischen Kommission, Ausschreibungen künftig technologieoffen zu gestalten. Dem steht der Verband grundsätzlich offen gegenüber, warnt jedoch davor, die Systemumstellung zu früh zu beginnen. Kapferer: "Es sollten zunächst umfassende Erfahrungen mit den technologiespezifischen Ausschreibungen gesammelt werden, anstatt schon jetzt darüber nachzudenken, die Spielregeln erneut zu ändern. Solange die Rahmenbedingungen nicht entsprechend angepasst werden, bleiben technologieoffene Ausschreibungen ohnehin Zukunftsmusik." Das hierzu geplante Pilotprojekt sei zu klein dimensioniert, als dass es belastbare Erkenntnisse liefern könnte.

Der BDEW begrüßt die Neuregelung für zuschaltbare Lasten, mit der die Netze entlastet und Redispatch-Maßnahmen reduziert werden sollen: Übertragungsnetzbetreiber haben künftig die Möglichkeit, Verträge mit Betreibern von KWK-Anlagen zu schließen, damit sie im Fall eines drohenden Netzengpasses die Stromeinspeisung unterbrechen und überschüssigen Strom aus dem Netz zur Wärmeerzeugung nutzen. Als Gesamtvolumen sind hierfür bis zu zwei Gigawatt vorgesehen. Kann dieses Ziel nicht ausschließlich mit KWK-Anlagen erreicht werden, können weitere zuschaltbare Lasten wie Speicher und Kühlhäuser kontrahiert werden.

Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Verordnungsermächtigung zur Einführung von Mieterstrom-Projekten vor. Demnach könnte die Regierung ohne weiteren Parlamentsbeschluss festlegen, dass für Strom, den Mieter aus einer PV-Dachanlage ihres Vermieters beziehen, nur eine reduzierte EEG-Umlage gezahlt werden muss. Der zu entrichtende Strompreis wäre zwischen Vermieter und Mieter individuell auszuhandeln. Der BDEW sieht dieses Gesetzesvorhaben kritisch. "Es ist fraglich, ob Mieter von dieser Regelung tatsächlich profitieren würden. Niemand kann den Vermieter verpflichten, die Einsparungen, die er durch die Befreiung von der EEG-Umlage erzielt, an seine Mieter weiterzugeben. Hinzu kommt: Je mehr Akteure von der EEG-Umlage befreit werden, desto höher die Kosten für alle anderen Stromkunden", so Kapferer.

Strommarktgesetz
Das heute vom Bundesrat verabschiedete Strommarktgesetz setzt mit Blick auf die Versorgungssicherheit allein auf eine Reform des bestehenden Energiemarktes. "Ob diese Instrumente und Maßnahmen jedoch ausreichen, um die Versorgungssicherheit künftig zu gewährleisten, ist aus unserer Sicht mehr als fraglich. Die Diskussion über Kapazitätsmechanismen wird angesichts der Entwicklungen auf dem Kraftwerksmarkt spätestens nach der Bundestagswahl 2017 wieder auf die Tagesordnung kommen. In vielen EU-Staaten wurden solche Sicherungsmechanismen bereits eingeführt. Auch bei der Europäischen Kommission steht dieses Thema im Zuge der Sektoruntersuchung über Kapazitätsmechanismen auf der Tagesordnung", so Kapferer.

Quelle und Kontaktadresse:
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Hauptgeschäftsstelle Jan Ulland, Pressesprecher Reinhardtstr. 32, 10117 Berlin Telefon: (030) 300199-0, Fax: (030) 300199-3900

(wl)

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