Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI)

Brüssel verbietet selbst wahre Werbung für Lebensmittel / Bonbons dürfen weiter werben, aber mit Hinweis auf Zucker

(Bonn) - Europa möchte zur wettbewerbsfähigsten Region der Welt werden. Dazu forderte EU-Kommissar Verheugen am 15. Mai 2006 noch im Europaparlament bessere Gesetze: einfach, verständlich und unbürokratisch. Heute, einen Tag später am 16. Mai, stimmte das Europaparlament dem lange umstrittenen Gesetzesentwurf zu „health claims“ und zur „Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitaminen und Mineralien“ zu. Gesundheitsbezogene Werbeaussagen für Lebensmittel müssen künftig ein langwieriges bürokratisches Zulassungsverfahren – ähnlich wie Arzneimittel – durchlaufen. Produktinnovationen werden für den Mittelstand erschwert und selbst wahre Werbeaussagen werden verboten. Hustenbonbons beispielsweise dürfen künftig gegen das bekannte Kratzen im Hals nicht mehr mit der Aussage „wohltuend für Hals und Rachen“ werben, obwohl dies bekanntermaßen zutrifft.

Die Europaabgeordnete Dr. Renate Sommer, EVP/CDU, hält diese Verordnung für ein bürokratisches Monstrum. Wörtlich sagte sie in der gestrigen Aussprache im Europaparlament: „Die Verordnung ist ein Produkt der Überregulierung der Europäischen Kommission, bevormundet Verbraucher und verfehlt auch den Zweck, die Übergewichtigkeit von Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen.

Auch der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V., BDSI, hält diesen Ansatz für verfehlt. „ Wir werden durch die Verordnung nicht weniger dicke Kinder, wohl aber mehr Arbeitslose bekommen, weil durch den Wegfall von bestimmten Produkten Arbeitsplatzverluste zu befürchten sind“, so Dr. Dietmar Kendziur, Vorsitzender des BDSI. „Statt sich mit den wirklichen Ursachen des Übergewichts zu befassen, hat man Scheinlösungen beschlossen. Arbeitsplatzverluste sind aber nur bei einer tatsächlich vorliegenden Gesundheitsgefahr gerechtfertigt. Und die ist weit und breit nicht gegeben“, stellt Dr. Kendziur klar.

Die Verordnung koppelt künftig die Zulässigkeit von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln an ein bestimmtes „Nährwertprofil“. Für Lebensmittel, die beim Gehalt an Zucker, Fett oder Salz bestimmte Schwellenwerte überschreiten, dürfen gesundheitsbezogene Angaben künftig gar nicht mehr gemacht werden, bei nährwertbezogenen Angaben nur noch dann, wenn lediglich ein einziger Nährstoff das Nährwertprofil überschreitet und zusätzlich durch einen Hinweis auf die Überschreitung deutlich aufmerksam gemacht wird.

„Die Beurteilung einzelner Lebensmittel ist völlig verfehlt, da es auf die gesamte Ernährung und den Lebensstil ankommt“, betont Dr. Kendziur. „Die einheitlichen europäischen Nährwertprofile sind wissenschaftlich nicht machbar, da die Ernährungsgewohnheiten von Land zu Land, von Region zu Region und von Verbraucher zu Verbraucher unterschiedlich sind. Die EU-Durchschnittsverbraucherin gibt es nicht.“

Mit der Verordnung bevormundet die Europäische Union den Verbraucher, obwohl an anderer Stelle immer wieder vom „mündigen Verbraucher“ gesprochen wird. Bestimmte Lebensmittel wird er künftig überhaupt nicht mehr im Regal finden. „Nicht mehr der einzelne Verbraucher entscheidet darüber, was gut oder schlecht für ihn ist, sondern EU-Experten“, erklärt der Vorsitzende des BDSI. Denn die Kommission legt fest, welche Lebensmittel ein gutes oder ein schlechtes Nährwertprofil haben und ob Angaben zum nährwert- oder zum gesundheitsbezogenen Nutzen gemacht werden dürfen oder nicht. Bisher weiß niemand genau – auch die europäische Kommission nicht -, wie Nährwertprofile überhaupt aussehen werden. Das EU-Parlament hat sie dennoch beschlossen!

Statt mehr Verbraucherschutz zu leisten, führt die Verordnung den Verbraucher in die Irre. Die Verordnung öffnet damit der Irreführung Tür und Tor: Bei einem Produkt, das sehr hohen Zuckergehalt hat, aber keinen Nährstoffhinweis trägt, muss nicht auf den hohen Zuckergehalt hingewiesen werden. Wer wird z.B. sein Produkt noch mit Ballaststoffen anreichern, wenn er den Zuckergehalt, der ohnehin schon in der Zutatenliste erwähnt ist, nochmals herausstellen muss?

„Da die Politik es versäumt hat, eine sachgerechte Regelung zu treffen, werden juristische Schritte zu prüfen sein. Spätestens dann, wenn ein nationales Gericht die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorlegt, wird sich zeigen, ob nicht doch gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen wurde,“ erklärt der Verbandsvorsitzende.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) Dr. Torben Erbrath, Pressesprecher Schumannstr. 4-6, 53113 Bonn Telefon: (0228) 260070, Telefax: (0228) 2600789

(tr)

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