Pressemitteilung | AOK - Bundesverband

Bundesrat stoppt Arzneimittel-Sparpaket / Jeder Monat Verzögerung kostet die Beitragszahler 120 Millionen

(Bonn) - Das Gesetz für mehr Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) kann nicht zum 1. April 2006 in Kraft treten. Die Unionsmehrheit im Bundesrat hat das von CDU/CSU und SPD im Bundestag beschlossene Gesetz am 10. März an den Vermittlungsausschuss überwiesen. Der AOK-Bundesverband hat die Mitglieder des Gremiums zu einer schnellen Entscheidung aufgerufen. "Jeder Monat Verzögerung kostet die Beitragszahler 120 Millionen Euro", sagte Vorstandsvorsitzender Dr. Hans Jürgen Ahrens.

Rund 25,4 Mrd. Euro hat die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im vergangenen Jahr für Medikamente ausgegeben. Das sind 3,56 Milliarden oder 16,8 Prozent mehr als 2004. Im Januar 2006 hat sich die Entwicklung fortgesetzt: Mit 1,94 Mrd. Euro lagen die Arzneimittelausgaben um 14,5 Prozent höher als im Januar 2005. Das Arzneimittel-Sparpaket soll diese Entwicklung stoppen. So steht es auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD.

Jährlich 1,3 Milliarden Euro sollen die Krankenkassen ab 2007 durch die gesetzlichen Regelungen sparen, im laufenden Jahr noch rund eine Milliarde. Diese Zielmarke wackelt nach dem Einspruch des Bundesrates. Denn ein Inkrafttreten zum 1. April ist nicht zu halten. Zwar ist das am 17. Februar vom Bundestag verabschiedete AVWG zustimmungsfrei. Einigt sich der Vermittlungsausschuss nicht, kann der Bundestag den Einspruch mit der Kanzlermehrheit überstimmen. Doch der Bundesrat tagt erst wieder am 7. April, um formal das Scheitern des Vermittlungsverfahrens feststellen zu können.

Kritik an Bonus-Malus-Regelung
Die Entscheidung in der Länderkammer fiel nicht zuletzt unter dem Eindruck der bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Das unionsregierte Baden-Württemberg führte für den Einspruch gegen das am 17. Februar im Bundestag verabschiedete Arzneimittel-Sparpaket Bedenken gegen die so genannte Bonus-Malus-Regelung und gegen bestimmte Regelungen zu den Arzneimittel-Festbeträgen ins Feld. Durch den geplanten Preisabschlag bei Generika seien gravierende nachteilige Auswirkungen auf den Arzneimittelmarkt zu befürchten, heißt es in einer Pressemitteilung von Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger. "Hier müssen wir unsere heimische Pharmaindustrie zum Wohle der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unterstützen", wird Oettinger zitiert.

Die wichtigsten Regelungen des AVWG
- Die Krankenkassen können Arzneimittel von der Zuzahlung befreien, wenn der Preis des Medikaments mindestens 30 Prozent unterhalb des Festbetrags liegt. Patienten erhalten so einen Anreiz, bei ihrem Arzt auf der Verordnung eines solchen preisgünstigen Präparates zu bestehen. Deren Marktanteil soll damit erhöht werden. Seit der Gesundheitsreform 2004 zahlen die Patienten für ein verordnetes Arzneimittel zehn Prozent des Preises - mindestens fünf und maximal zehn Euro - aus der eigenen Tasche.

- Die Festbeträge für Arzneimittel werden abgesenkt. Krankenkassen können mit Pharmaherstellern spezielle Rabattverträge abschließen, um dadurch Mehrkosten der Versicherten für Medikamente zu verhindern, deren Preis über dem Festbetrag liegt.

- Arzneimittel, die eine therapeutische Verbesserung darstellen, bleiben von Festbeträgen freigestellt.

- Eine Bonus-Malus-Regelung soll die Verantwortung der Ärzte für eine wirtschaftliche Arzneimittelverordnung stärken. Dazu vereinbaren die Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) jedes Jahr für bestimmte Arzneimittelgruppen Durchschnittskosten (pro definierte Dosiereinheit), die sich bei einer wirtschaftlichen Verordnungsweise ergeben. Ärzte, die diese Werte überschreiten, müssen einen Teil der Mehrkosten selbst tragen.

Unterschreiten die Medikamentenausgaben einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) den festgelegten Betrag, zahlen die Krankenkassen einen Bonus an diese KV. Die verteilt den Bonus an die wirtschaftlich verordnenden Ärzte. Diese Bonus-Malus-Regelung gilt nur, wenn Kassen und Kassenärztliche Vereinigung auf Landesebene keine andere Vereinbarung erzielen, mit der die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung verbessert wird.

- Krankenhäuser sollen bei der Entlassung der Patienten nur jene Arzneimittel anwenden, die auch bei einer weiteren Medikamententherapie im Anschluss an die Klinik wirtschaftlich und zweckmäßig sind.

- Für Arzneimittel, die zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden können, gilt ein zweijähriger Preisstopp.

- Generika-Hersteller gewähren den Kassen einen Abschlag von zehn Prozent des Herstellerabgabepreises ohne Mehrwertsteuer.

- Naturalrabatte der Pharmahersteller an die Apotheken werden verboten. Barrabatte außerhalb der Arzneimittelpreisverordnung sind weiterhin möglich.

- Die Praxis-Software in der Arztpraxis muss künftig manipulationsfrei sein. Hintergrund: Viele von Pharmaherstellern gesponserte Programme "empfehlen" deren Produkte.

Quelle und Kontaktadresse:
AOK - Bundesverband Udo Barske, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit Kortrijker Str. 1, 53177 Bonn Telefon: (0228) 8430, Telefax: (0228) 843502

(sk)

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