Pressemitteilung | Stiftung Deutsche Krebshilfe

Bundesregierung weltweit in der Kritik / Deutsche Haltung zur Tabakkontrolle blockiert Europa

(Berlin) - Jeden Tag sterben in Deutschland 380 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Doch statt für die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung einzutreten, stellt die deutsche Regierung politische und wirtschaftliche Erwägungen in den Vordergrund. Als einziger EU-Mitgliedsstaat macht Deutschland nach wie vor Vorbehalte geltend gegen den ersten weltweit gültigen Public-Health-Vertrag, das Rahmenabkommen zur Tabakkontrolle (Framework Convention on Tobacco Control, FCTC) und verhindert so, dass die EU diesem wichtigen Rahmenvertrag beitreten kann. „Die Prioritätensetzung der Bundesregierung ist falsch: Die Gesundheit der Bevölkerung geht immer vor!“, sagte Professor Dr. Dagmar Schipanski, Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, anlässlich einer Pressekonferenz am 12. Mai 2003 in Berlin.

Zum ersten Mal wollen die 192 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem internationalen Abkommen FCTC die sich rasch ausbreitende Tabak-Epidemie wirkungsvoll eindämmen. Wirksame Maßnahmen, wie die weltweite Ächtung der Tabakwerbung und eine Erhöhung der Tabaksteuer, sollen in diesen international rechtlich bindenden Vertrag aufgenommen werden. Zwar hat die Bundesregierung angekündigt, dem Rahmenabkommen zustimmen zu wollen. Sie macht jedoch als einziger EU-Mitgliedsstaat nach wie vor Vorbehalte gegen einzelne Bestimmungen geltend. So verhindert Deutschland derzeit, dass die EU und damit alle anderen 14 EU-Mitgliedsstaaten sowie die zehn Beitrittsländer dem Rahmenabkommen beitreten können. Die EU-Delegation kann die FCTC nur einstimmig unterzeichnen, die am 21. Mai 2003 während der Weltgesundheitsversammlung in Genf verabschiedet werden soll.

Die Deutsche Krebshilfe und weitere große deutsche Gesundheitsorganisationen haben offene Briefe an den Bundeskanzler geschrieben mit dem Appell, dass die Bundesregierung der Rahmenkonvention zustimmen soll. „Die Antwort des Bundeskanzleramtes ist ein herber Rückschlag für alle, die sich um die Gesundheit der Menschen sorgen“, erklärt die Präsidentin der Deutschen Krebshilfe. „Obwohl sie um die gesundheitsschädigende Wirkung des Tabaks weiß, will die Bundesregierung kein Werbeverbot für Tabakerzeugnisse durchsetzen. Die deutsche Regierung stellt politische und wirtschaftliche Erwägungen in den Vordergrund und vernachlässigt damit die Gesundheit von passivrauchenden Kindern und Jugendlichen, von jugendlichen und suchtkranken Rauchern.“

Professor Schipanski appelliert an die Bundesregierung: „Wir fordern eine Wende in der deutschen Tabakpolitik. Die Gesundheit muss Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben. Die Bundesregierung muss sich für eine wirkungsvolle internationale Tabakpolitik einsetzen. Die als wirksam erwiesenen Maßnahmen zur Verringerung des Tabakkonsums, wie ein umfassendes Tabakwerbeverbot oder ein Abgabeverbot an Kinder und Jugendliche, müssen endlich von der Politik umgesetzt werden. Die geplante deutliche Erhöhung der Tabaksteuer geht in die richtige Richtung, ist aber nur eine von mehreren Maßnahmen, die die Bundesregierung durchführen muss.

Die FCTC ist ein gesetzlich verbindliches internationales Rahmenabkommen, das eine Reihe allgemeiner Bestimmungen und Verpflichtungen sowie Maßnahmen zur Tabakkontrolle festschreibt. Jede einzelne dieser Maßnahmen trägt erwiesenermaßen dazu bei, den Tabakkonsum zu verringern. Dazu zählen die weltweite Ächtung der Tabakwerbung, die Erhöhung der Tabaksteuer, Maßnahmen gegen den Tabakschmuggel, neue Produktregelungen sowie Ansätze zur Tabakprävention. Nach mehreren Jahren wurden die Verhandlungen um die FCTC Ende Februar in Genf abgeschlossen.

Deutschland versucht seit vielen Jahren, ein umfassendes Tabakwerbeverbot auf EU-Ebene zu verhindern. Darüber hinaus hat die Bundesregierung Vorbehalte gegen die Aufnahme von Bestimmungen zur Tabakwerbung in das internationale Rahmenabkommen zur Tabakkontrolle. Als Grund hierfür werden verfassungsrechtliche Bedenken genannt. Auch die USA machten bei den Verhandlungen verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich eines umfassenden Tabakwerbeverbotes geltend. Daraufhin wurde im FCTC-Abkommenstext ein Passus eingefügt, nach dem jeder Unterzeichnerstaat ein umfassendes Tabakwerbeverbot im Rahmen seiner jeweiligen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten umzusetzen habe.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn Telefon: 0228/729900, Telefax: 0228/7299011

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