Pressemitteilung | Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V. (DANSEF)

Bundesverfassungsgericht kippt derzeitiges Erbschaftsteuerrecht / Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu treffen

(Nürnberg) - Durch Beschluss vom 07.11.2006, veröffentlicht am 31.01.2007 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem AZ.: 1 BvL 10/02 das derzeitige Erbschaftsteuerrecht in wesentlichen Teilen mit Artikel 3 des GG für unvereinbar erklärt, da es an Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, bebauten und unbebauten Grundstücken, Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genügt. Der Gesetzgeber ist aufgefordert worden, bis zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu treffen.

Damit, so der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Nürnberg, ist das BVerfG in wesentlichen Teilen den Bedenken des Bundesfinanzhofs in München gefolgt, der das Verfahren durch einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss im Mai 2002 ins Rollen gebracht hatte. Im Ergebnis, so Passau, führt der Beschluss dazu, dass alle seit diesem Zeitpunkt erfolgten Besteuerungen von Erbfällen und Schenkungen rechtmäßig sind und das derzeit geltende Recht auch noch bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber Anwendung findet. Der Entscheidung des BVerfG lag im Wesentlichen die Erkenntnis zugrunde, dass die derzeitigen erbschaftsteuerlichen Bewertungsvorschriften bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen nicht zu dem „gemeinen Wert“ = tatsächlicher Wert/Verkaufswert angenäherten Steuerwerten führen. So stellte das Gericht im Laufe des Verfahrens fest, dass aufgrund der derzeitigen Bewertungsvorschriften Betriebsvermögen im Bundesdurchschnitt nur mit rund 45 Prozent bis 58 Prozent des tatsächlichen Substanzwertes zum Zwecke der Besteuerung angesetzt wurde, sowie bebaute Grundstücke (Häuser, usw.) im Bundesdurchschnitt mit nur rund 51 Prozent ihres tatsächlichen Wertes. Auch wenn das BVerfG dem Gesetzgeber einen gewissen Spielraum zur Verfolgung „außerfiskalischer Förderungs- und Lenkungsziele“ eingeräumt habe, z. B. die Begünstigung der Vererbung von Betriebs- und Grundvermögen, sei das derzeit geltende Recht, welches dieses Ziel bereits auf der „Bewertungsebene“ zu steuern suche, aus verfassungsrechtlichen Gründen bereits vom Ansatz her ungeeignet. Das Gericht habe es dem Gesetzgeber jedoch unbenommen gelassen, so Passau, nach Herbeiführung einer gleichmäßigeren und gerechteren Bewertungsebene in einem zweiten Schritt durch gesetzliche Regelungen „Verschonungsregelungen“ zu treffe, die sich am Gemeinwohl orientieren.

Wohin der Zug nun tatsächlich fährt, so ein weiteres Vorstandsmitglied der Vereinigung, der Nürnberger Erb- und Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, ist nach dieser Entscheidung allerdings völlig unklar. Zu befürchten sei allerdings, dass der Gesetzgeber die Entscheidung zum Anlass nehmen könne, angesichts ständiger Finanznöte an der Erbschaftsteuerschraube zu drehen. Immerhin habe sich das Erbschaftsteueraufkommen seit 1990 von rund 1,5 Milliarden Euro auf nunmehr mehr als 4 Milliarden Euro fast verdreifacht und betrage nunmehr immerhin rund 20 Prozent des gesamten ausstehenden Aufkommens der Ländersteuern. Bereits bei dem noch in dritter Lesung ausstehenden Gesetz zur Neuregelung der Unternehmensnachfolge habe der Gesetzgeber eine Verdreifachung der Steuerbelastung für Erben und Übernehmer herbeigeführt, auch wenn die Erbschaftsteuer bei Weiterführung des Betriebes von zehn Jahren hiernach erlösche, so Dr. Gieseler. Bei vorzeitiger Betriebsaufgabe soll den Nachfolger nach den derzeitigen Plänen jedoch die Nachversteuerung treffen. Dr. hält Dr. Gieseler es auch bei der nun anstehenden Neufassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes nicht für ausgeschlossen, dass den Bürger nach der Neuregelung eine erheblich höhere Steuerlast trifft und Ausnahme- und Begünstigungsregelungen weiter abgebaut werden. Vor diesem Hintergrund mahnen denn auch beide Steuerexperten, das Gesetzgebungsverfahren genau zu beobachten und im Zweifelsfall die derzeit noch weiter bestehenden Regelungen des alten Rechts zu nutzen und ggf. Vermögen vorzeitig auf Nachkommen zu übertragen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V. Lutz Förster, Geschäftsführender Vorstand Königstorgraben 3, 90402 Nürnberg Telefon: (0911) 2443770, Telefax: (0911) 2443799

(bl)

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