Pressemitteilung | Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V.

Bundeswehr-Kriegseinsatz: RAV hält Entscheidung für politisch falsch und rechtlich unzulässig

(Hannover) - Die deutsche Bundesregierung hat am 6. November mitgeteilt, dass sie 3.900 Bundeswehrsoldaten für einen Einsatz "gegen den Terrorismus" bereitstellen will. Der Bundestag soll mit einer Generalermächtigung am 15. November die Bundesregierung zum Kriegeinsatz legitimieren. Die genannten möglichen Kriegseinsatzorte umfassen fast die halbe Welt. Die Bundesregierung will sich dabei auf die Entschließungen des Sicherheitsrates 1368 und 1373 und das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der UN-Charta stützen.

Der RAV hält die Entscheidung der Bundesregierung für politisch falsch und rechtlich unzulässig. Die völkerrechtlichen Mindestanforderungen für einen Kriegseinsatz liegen nicht vor.

Der Krieg gegen Afghanistan hat schon jetzt zahllose zivile Todesopfer gefordert. Flüchtlinge irren durch das Land und versuchen, über die allseits geschlossenen Grenzen zu fliehen. Die USA haben entgegen früheren Angaben erklärt, es könne sich um einen langjährigen Feldzug handeln, der sich keinesfalls auf Afghanistan beschränken müsse.

Die Bundesrepublik Deutschland ist entgegen aller Behauptungen weder völkerrechtlich verpflichtet, sich militärisch an der Bekämpfung des Terrorismus zu beteiligen, noch sind Militärschläge mit oder ohne der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland zulässig. Die Entschließungen 1368 und 1373 des Sicherheitsrates legitimieren den Krieg in Afghanistan ebenso wenig wie das Selbstverteidigungsrecht gemäß Art. 51 der UN-Satzung.

Der Sicherheitsrat hat in seinen Entschließungen 1368 und 1373 keine Ermächtigung zur Gewalt erteilt. Er ruft lediglich dazu auf, die Attentäter und Ihre Helfer vor Gericht zu stellen und Maßnahmen gegen den Terrorismus auf dem Gebiet des verpflichteten Staates oder im Wege polizeilicher oder justizieller Zusammenarbeit vorzunehmen. Auch wurden die Voraussetzungen des Selbstverteidigungsrechtes nach Art. 51 UN-Charta nicht festgestellt. Festzuhalten ist, dass die Charta die Selbstverteidigung gegen eine bloße Friedensbedrohung als solche wurden die Attentate von New York bezeichnet - nicht vorsieht.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages können die Entscheidung über die Beteiligung an Militärschlägen nur dann treffen, wenn sie über die hierfür erforderlichen Informationen verfügen. D.h. sie müssen davon überzeugt sein, dass

- Usama bin Laden für die Anschläge verantwortlich ist,

- die Taliban ihm die Vorbereitung von Anschlägen in Afghanistan erlaubt haben,

- dass von Afghanistan weitere Anschläge drohen,

- dass diese durch Militärschläge verhindert werden können,

- dass die geplanten Militärschläge nicht über das unbedingt dafür erforderliche Maß hinausgehen,

- und dass das der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 12. Juli 1994 (BverfGE 90. 286) genüge getan wird, wonach der Bundestag dem "konkreten Einsatz" der Bundeswehr zustimmen muss.

Die bisher vorliegenden Informationen setzen die Bundestagsabgeordneten nicht in den Stand, eine Entscheidung auf der Grundlage dieser Kriterien am 15. November zu treffen. Die Desinformationspolitik der USA und der Bundesregierung lassen zudem die öffentliche Auseinandersetzung um eines der grundlegendsten Entscheidungen der deutschen Politik nach 1945 nicht zu.

Quelle und Kontaktadresse:
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. Hohenzollernstr. 7 30161 Hannover Telefon: 0511/312809 Telefax: 0511/3481659

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