Pressemitteilung | DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e.V.

DSLV-Forum auf der transport logistic 2017 / Digitalisierung: Logistikprozesse und Rechtsrahmen unter neuen Bedingungen

(Berlin) - Die rasante Digitalisierung der Wirtschaft wird weitere Effizienzpotenziale der Logistik heben und deshalb auch positive Effekte auf die Umweltbilanz des Verkehrs haben können. Hiervon zeigten sich Vertreter von Politik, Digitalwirtschaft und Spedition des vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) durchgeführten Forums "Zwischen Automatisierung und Klimaschutz - Was kann die Digitalisierung der Logistik wirklich leisten?" auf der transport logistic am 11. Mai 2017 in München überzeugt. Harald Ehren, Chefredakteur der Deutschen Verkehrszeitung (DVZ), moderierte die Podiumsdiskussion.

Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, unterstrich die Leistungen der Logistik, deren Bündelungsfunktion auch die notwendigen Klimaschutzanstrengungen unterstützen kann. Das Wachstum des Verkehrs erfordere aber zusätzliche Anstrengungen, die durch digitale Lösungen und eine Ausweitung der Elektromobilität verstärkt werden müssen. Janecek hob hervor, dass auch kleinere Unternehmen im Wettbewerb profitieren können, weil die Digitalisierung Märkte und Prozesse transparenter mache. Die Beschleunigung des Breitbandausbaus in Deutschland sei hierfür aber notwendige Voraussetzung. Janecek plädierte für einen deutschen Weg der Digitalisierung, die vor allem auch ökologische Effizienzmaßstäbe anlegen müsse.

Als Treiber einer Logistik 4.0 wurde nicht nur die Nachfrageseite, also das weitere Bemühen der Branche selbst um mehr Effizienz identifiziert. Der wachsende gesellschaftliche Wunsch nach universeller Verfügbarkeit von Waren an jedem Ort zu jedem Zeitpunkt verstärkt nach Auffassung aller Diskutanten ebenso den Digitalisierungsdruck wie die Eigendynamik der Start-Up-Szene, die mit von der Logistikbranche abweichenden Unternehmenskulturen und teilweise unabhängig von wirtschaftlichem Erfolg auch die analoge Speditionswelt transformieren will. Digitale und konventionelle Geschäftsmodelle haben oft unterschiedliche Zielsetzungen und Finanzressourcen. Im Gegensatz zu Start-Ups müssen Logistikdienstleister ihr bestehendes Gesamtgeschäft bei deutlich geringeren Gewinnerwartungen organisch optimieren und erweitern.

Max-Alexander Borrek, Principal im Beratungshaus Oliver Wyman, machte demgegenüber deutlich, dass sich die Start-Up-Kultur bereits gewandelt habe. Heute müssten diese Unternehmen schnell profitabel sein, da Investoren immer weniger lange Verlustphasen akzeptieren. Im Trend stünden machine learning und robotics mit klaren und deutlichen Kundennutzen und raschen Erfolgen. Es seien aus seiner Sicht weniger "Blockbuster Gründungen" wie Amazon und Google zu erwarten, die allein im B2C-Bereich schnell wachsen konnten. Neugründungen gebe es jetzt nur allein im B2B-Bereich mit deutlich längeren Amortisationsphasen und einer für die Öffentlichkeit geringeren Wahrnehmung.

Die Bereitschaft zur digitalen Investition sei so heterogen wie die Logistikbranche selbst, erläuterte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Angesichts derzeit expansiver Logistikkennzahlen und guter Wachstumsprognosen sei die Gelegenheit günstig, Prozesse neu zu bewerten. "Doch nicht jede digitale Lösung macht den physischen Warentransport betriebswirtschaftlich und gesamtökonomisch zwingend effizienter", so Huster mit Verweis auf teilweise irrationales Konsumentenverhalten und Beschaffungs- und Distributionsprozesse globaler Online-Händler, die aufgrund ihrer monopolartigen Marktmacht auf Insellösungen basieren und vor- und nachgelagerte Lieferketten nicht ausreichend berücksichtige.

Die Schenker AG, auf dem Podium vertreten durch ihren Chief Digital Officer Markus Sontheimer, hat durch Kauf eines amerikanischen Start-Up unter anderem die Plattform Drive4Schenker realisiert, mit deren Hilfe dem Frachtführerpool des Konzerns effizienter als bisher Ladung zugeteilt werden kann. "Grundsätzlich ist der Aufbau einer digitalen Plattform schneller zu realisieren als die Akquisition neuer Kunden", ermutigte Sontheimer zur digitalen Transformation. Auch schaffe laut Sontheimer die Digitalisierung neue Berufsbilder in der Logistik. Schenker beschäftige heute Mathematiker und Physiker, die noch vor wenigen Jahren die Spedition nicht als Arbeitsplatz berücksichtigt hätten. "Die Logistik muss neue Berufsbilder schaffen. Wir werden in Zukunft auch Staplerfahrer brauchen, aber zusätzlich Informatiker, Programmierer und Ingenieure", so Sontheimer.

Verkehrspolitiker Udo Schiefner, Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, nahm Stellung zum rechtlichen Rahmen der Digitalisierung, dem sich auch die Politik dynamisch anpassen müsse. Schon das automatisierte Fahren erfordere eine Neubewertung der rechtlichen Verantwortung. "Es muss Rechtssicherheit geben, ob im Falle eines Unfalls der Fahrer, der Halter, der Systemprogrammierer oder der Fahrzeughersteller haftet. Aus der Verantwortung kann sich die Politik nicht entlassen", schrieb sich Schiefner selbst ins Pflichtenheft. Ein besonderes Anliegen sind dem Verkehrspolitiker die Arbeitnehmerrechte in einer digitalen Arbeitswelt, die es auch gelte, zu berücksichtigen.

Dieter Spark, Vorstand der Dakosy AG, begegnete dem Klischee, die Logistik laufe der digitalen Transformation im Branchenvergleich hinterher. Sein Unternehmen sei bereits 1984 von Spediteuren, Hafenbetreibergesellschaften und Reedereien gegründet worden. Insofern habe die Logistik durchaus eine Vorreiterrolle. Auf einer von Dakosy betriebenen Importplattform haben längst alle Akteure im Hamburger Hafen Zugriff auf Informationen über Ladung, Liefer- und Bereitstellungszeiten. Wartezeiten und Leerfahrten können reduziert werden, wobei gleichzeitig die optimierten Prozesse für eine bessere Auslastung der vorhandenen und limitierten Platzressourcen führen. "Die Start-Ups haben die Digitalisierung nicht erfunden, sie gibt es schon länger", räsonierte Spark. "Für den Spediteur klassischer Prägung wird die Digitalisierung allerdings zu enormen Veränderungen führen", formulierte Spark in Übereinstimmung mit allen Diskutanten das Resümee.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Speditions- und Logistikverband e.V. (DSLV) Jürgen Hasler, Leiter Politik und Kommunikation Unter den Linden 24 - Friedrichstr. 155-156, 10117 Berlin Telefon: (030) 4050228-12, Fax: (030) 4050228-912

(cl)

NEWS TEILEN: