Pressemitteilung | DER MITTELSTANDSVERBUND - ZGV e.V.

Der Mittelstand kämpft ums Überleben / Zukunftsstudie des Zentralverbandes soll Unternehmern den Weg weisen

(Berlin) - Die Zukunft des deutschen Mittelstandes ist in Gefahr. Sie wird zu einem großen Teil davon abhängen, ob Kooperationen – also die freiwillige Zusammenarbeit von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen – überleben werden. Eine der entscheidenden Fragen: Gelingt es den Kooperationen (auch Verbundgruppen genannt), durch strategische Allianzen und Netzwerke künftig die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion bis zur Vermarktung eines Produktes abzudecken? Das sind Ergebnisse einer vom Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen e.V. (ZGV) in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Die Zukunft der Kooperationen“. Erstellt wurde die über 300 Seiten starke Zukunftsstudie vom Institut für Handel und Internationales Marketing an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken – in Zusammenarbeit mit der IBB Internationale Betriebs Beratung GmbH, München. Aber: „Alle Zukunftsentwürfe bleiben Makulatur, wenn der Mittelstand diese schwierigen Zeiten nicht übersteht“, sagt ZGV-Präsident Jochen Graf von Schwerin. „Die Stimmung ist vielerorts sogar noch besser als die Lage.“

In Deutschland gibt es in Handel und Handwerk etwa 600 Verbundgruppen – ein wesentlicher Teil davon im Groß- und Einzelhandel. Die bekanntesten im Lebensmitteleinzelhandel sind EDEKA und REWE, im Elektrobereich ElectronicPartner (EP), R.I.C. (mit der Marke Red Zac) und expert. Sie alle sind Mitglieder des ZGV. Der zunehmende Wettbewerbsdruck durch die Konzentration im Handel führt der ZGV-Studie zufolge dazu, daß die Verbundgruppen sich weiterentwickeln müssen. Konkret ergeben sich aus der Studie für den Mittelstand zehn übergreifende thesenartige Trends, die für die Unternehmer gleichsam als richtungsweisende Handlungsvorschläge zum Meistern der Zukunft genutzt werden können:

1. Sektorale Ausweitung der Kooperationssysteme: Dahinter verbirgt sich die Ausweitung von Kooperationen auf Bereiche, in denen diese Organisationsform bislang nicht populär war – zum Beispiel im Industrie- und Dienstleistungssektor.

2. Funktionale Ausweitung der Kooperationssysteme: Das heißt, die Kooperationszentrale bietet ihren Mitgliedern zusätzliche Dienste an – zum Beispiel gemeinsame Marketingaktivitäten oder warenunabhängige Dienstleistungen. Ein Bündeln der Nachfrage der Mitglieder kann hier wie beim klassischen Wareneinkauf der Schlüssel zum Erfolg sein. Bisher übernehmen die Zentralen die Verhandlung von Preisen und Konditionen im Sortimentsbereich und die Organisation der Beleg- und Zahlungsströme (Zentralregulierung) – und oft die Übernahme des Zahlungsrisikos (Delcredere). Diese Aktivitäten müßten, so ein Ergebnis der Studie, ausgeweitet werden.

3. Controlled Distribution als herstellergesteuerter Absatz: Neben den horizontalen Systemen setzen sich am Markt immer stärker vertikale Kooperationssysteme durch, deren Ziel es ist, über mehrere Marktstufen hinweg einen Zugang zum Konsumenten zu erlangen. Das heißt, der Hersteller sichert sich seine Vertriebswege – zum Beispiel durch eigene Einzelhandelsgeschäfte (Timberland, Bang & Olufsen). Diese intensive Beziehung zu Händlern soll langfristig den Absatz sichern und dazu beitragen, die Wertschöpfungskette insgesamt straffer koordinieren zu können. Nicht zuletzt geht es darum, die eigene Marke zu stärken, weil in herstellergebundenen Verkaufsstellen das Sortiment eines Herstellers wesentlich besser als im unabhängigen Handel umfassend dargestellt und präsentiert werden kann. Diese „controlled distribution“ findet sich derzeit in vielfältigen Formen und in immer mehr Branchen. Shop-in-Shop-Systeme sind eine Variante dieser Strategie. Auch die Depot-Systeme der Kaffeeröster und der Boom der Coffee-Bars, der derzeit in Deutschland zu beobachten ist, sind Ausdruck dieser Entwicklung.

4. Straffung der Kooperationssysteme: Dahinter verbirgt sich ein Trend zu Franchise-ähnlichen Strukturen mit Selbständigkeit vor Ort und gleichzeitig stringenter Führung durch die Zentrale – ein bewährtes Geschäftskonzept, Corporate Identity und integrierte Marketingaktivitäten gehören zu den Erfolgsfaktoren. Hierfür sind nicht nur eine gewisse Mindestgröße der Gruppe notwendig, sondern auch relativ homogene Mitglieder. Hierbei ist es wichtig, einerseits die Kompetenz der Mitglieder für die Entscheidungsfindung der Gruppe noch stärker als bisher zu nutzen, andererseits aber als richtig empfundene Konzepte stringent umzusetzen. Die Erfolgsformel lautet daher: „Straffe Bindung an partizipative Entscheidungen“.

5. Konvergenz der Kooperationssysteme: Dahinter verbirgt sich eine Annäherung der Arbeitsweisen von Verbundgruppen und Franchise-Systemen. In der Vergangenheit waren bei den Verbundgruppen die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitglieder groß und die Durchgriffsmöglichkeiten der Zentralen eher gering. Bei den Franchise-Systemen hingegen waren die Gestaltungsmöglichkeiten der Zentrale groß und der Einfluß der Franchisenehmer gering. Hier wird in der Zukunftsstudie jedoch ein Wandel festgestellt.

6. Bildung von Meta-Kooperationen: Das Wort steht für einen Trend zur „Kooperation der Kooperationen“. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit zwischen Industriekooperationen und Kooperationen von Logistikdienstleistern. Auch Vernetzungen von Kooperationen außerhalb ihres eigentlichen Kerngeschäftes nehmen zu.

7. Internationalisierung der Kooperationssysteme: In zahlreichen Branchen hat sich ein Zwang zur Internationalisierung ergeben. Die Gründe hierfür liegen beispielsweise in der Internationalisierung der Lieferantenstruktur oder in einer verstärkten Nachfrage der Käufer nach international bekannten Marken in unterschiedlichen Ländern. Die Sättigung des Heimatmarktes führt außerdem für viele Verbundgruppen dazu, im Ausland nach Wachstumsmöglichkeiten zu suchen. Ein „Global Player“ zu werden, stellt somit für Verbundgruppen ein Zukunftsmodell dar.

8. Partnerbindung vor Partnerakquise: In diesem Bereich ist ein Trend zur Selektion geeigneter Partner für den Gesamterfolg zu verzeichnen. Das heißt, in bereits vorhandene, zukunftsträchtige Partner wird vermehrt investiert. Dies geschieht zum Beispiel in den Bereichen Schulung, Betreuung und Weiterentwicklung. Das Thema „social networking“ rückt dabei für Kooperationen und Franchisezentralen zunehmend in den Vordergrund. Partner, die sich mit der Verbund- oder Franchise-Zentrale zu einem Wissensnetzwerk verbinden und intensiven Erfahrungsaustausch betreiben, entwickeln eine wesentlich festere Beziehung zum gemeinsamen System.

9. Optimierung der internen Systemeffizienz: Verdrängungswettbewerb, stagnierende Umsätze und die große Preisorientierung der Käufer (Stichwort: Smart Shopper) machen ein effektives Kostenmanagement überlebensnotwendig für die Verbundgruppen. Rationalisierungspotentiale in den Bereichen Einkauf, Warenwirtschaft, Logistik und Administration müssen daher konsequent genutzt werden. Effizienzgewinne können aber auch erzielt werden, wenn die Möglichkeiten aus den voran beschriebenen Zukunftstrends konsequent genutzt werden.

10. Bildung einer Systemmarke: In diesem Bereich haben sich Franchise-System in den vergangenen Jahren deutlich positiv hervorgetan. Das Thema „Corporate Identity“ spielt hier eine herausragende Rolle für den Gesamterfolg. Auch für Verbundgruppen wird ein harmonisierter Marktauftritt als wichtiger Schritt zum gemeinsamen Erfolg identifiziert. Er bildet die Grundlage für zentrale Marketingmaßnahmen und Werbung. Neben den Vorteilen in der Kommunikation mit den Konsumenten hat die Bildung einer Systemmarke auch intern positive Auswirkungen. Durch eine größere Identifikation mit der Marke führt sie zu einer Verbesserung der Partnerbindung.

Fazit von ZGV-Präsident Jochen Graf von Schwerin: „Nur wer sich diese Trends zu eigen macht, also den für sich gültigen Trend erkennt und verfolgt, wird in Zukunft am Markt bestehen können.“

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen e.V. (ZGV) Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin Telefon: 030/5900996-18, Telefax: 030/5900996-17

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