Pressemitteilung | Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) / Regionalverband Ost - Bundesgeschäftsstelle Berlin

Deutsche Umwelthilfe fordert Rückkehr zu fairer Lastenteilung in der Energiewende

(Berlin) - Strompreissteigerungen bei Beziehern niedriger Einkommen ausgleichen und ungerechtfertigte Privilegien der Industrie zurückfahren - EEG-Umlage 2013 liegt bei 0,5 Prozent der Konsumausgaben durchschnittlicher Haushalte - DUH nennt Preisentwicklung "nicht wirklich bedrohlich" - Energieintensive Industrie profitiert von Preissenkung an der Börse - Schriller Ton in der Preisdebatte droht Zustimmung zur Energiewende zu unterminieren

Die andauernde Debatte über steigende Strompreise trägt teilweise irrationale Züge und wird von interessierter Seite geschürt, um die Zustimmung der Deutschen zu den Erneuerbaren Energien zu unterminieren. Das erklärte die Deutsche Umwelthilfe in Berlin bei der Vorstellung einer Faktensammlung zum Thema Strompreise. Anlass waren die in dieser Woche verschickten Schreiben, mit denen zahlreiche Stromversorger ihre Kunden auf die im Januar anstehenden Strompreiserhöhungen einstimmen.

"Diese blauen Briefe sind für niemanden wirklich erfreulich, aber für die große Mehrzahl der Empfänger auch nicht bedrohlich", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann. Wenn es um wirklich herbe Belastungen gehe, spiele die Musik entgegen der öffentlichen Wahrnehmung immer noch bei den Ausgaben für eine warme Wohnung und um die Spritkosten. Als Beispiel nannte Spielmann einen durchschnittlichen 3-Personen-Haushalt, der in diesem Jahr monatlich 293 Euro für Energie und 10 Euro für die Umlage auf Ökostrom (EEG-Umlage) aufbringen müsse. Im kommenden Jahr werden es rund 318 Euro sein, davon etwa 15 Euro für Ökostrom. Spielmann erklärte, dass die Strompreissteigerungen für die untersten Einkommensgruppen tatsächlich ein Problem darstellen. Hier sei es angemessen, wenn der Staat wie früher bereits bei (viel höheren) galoppierenden Heizkosten, ausgleichend eingreife. Das sei auch möglich, nachdem die Bundesregierung für 2013 Mehrwertsteuereinnahmen aus der EEG-Umlage in Höhe von 1,4 Milliarden Euro erwarte und die volle Kompensation der Strompreissteigerungen aller Wohngeld-, Grundsicherungs- und BAföG-Empfänger von 2008 bis einschließlich 2013 den öffentlichen Haushalte lediglich 154 Millionen Euro kosten würde, erklärte Spielmann unter Berufung auf eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, DIW.

Spielmann rief die Bundesregierung dazu auf, bei der Energiewende für eine faire Lastenverteilung zu sorgen, um die Zustimmung zur Energiewende nicht weiter zu gefährden. "Die Strategie der Bundesregierung, immer größere Teile der Industrie über Gebühr zu entlasten und private Haushalte und den Mittelstand im Gegenzug zu belasten muss beendet und zurückgeführt werden. Sonst vernachlässigen wir die wirklichen Herausforderungen der Energiewende etwa beim Stromnetzum- und ausbau oder bei der Schaffung funktionierender Marktbedingungen für die Energiewende." Völlig in den Hintergrund träten auch die mit der Transformation verbundenen gewaltigen Chancen.

Der Leiter Politik & Presse der DUH, Gerd Rosenkranz, warf Teilen der Industrie vor mit Falschbehauptungen und Halbwahrheiten darüber hinwegtäuschen zu wollen, dass für etwa 90 Prozent der Wirtschaft Strompreissteigerungen nach wie vor kein relevanter Kostenfaktor seien. Ein Großteil der restlichen 10 Prozent weise wirklich hohe Energiekosten auf und sei eben deshalb von den Lasten der Energiewende weitestgehend befreit. Die energieintensivsten Unternehmen erlebten nach neuesten Zahlen im ersten Halbjahr 2012 gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Strompreisnachlass von mehr als acht Prozent, während vergleichbare Unternehmen in wesentlichen Wettbewerberländern wie Italien, Großbritannien, Frankreich und Spanien mit hohen Preisaufschlägen fertig werden mussten. "Diejenigen, die am lautesten jammern, gehören nachweislich zu den Profiteuren der jüngsten Entwicklung in der Energiewende", sagte Rosenkranz. Trotz traditionell vergleichsweise hoher Industriestrompreise in Deutschland habe sich die Wettbewerbssituation ganz entgegen den Behauptungen der Industrieverbände verbessert und nicht verschlechtert, was sich ja auch in der Wirtschaftslage spiegele. Bei anderen Betrieben, die nicht ganz so viel Strom verbrauchen, sei der Effekt nicht mehr ganz so eindeutig; relativ zu den Unternehmen in den genannten Ländern seien aber auch sie deutlich im Vorteil.

Neben der Entlastung einkommensschwacher Haushalte von den Strompreissteigerungen fordert die DUH die Bundesregierung auf, ungerechtfertigte Privilegien für Industriebetriebe zurückzunehmen und in Zukunft auch jene Sondergewinne in der Industrie abzuschöpfen, die darauf zurückzuführen sind, dass die Einspeisung von immer mehr Elektrizität aus Wind und Sonne die Börsenpreise für Strom massiv senken. Rosenkranz: "Die Umsetzung unserer Vorschläge ist dringlich, weil sie für Energiegerechtigkeit sorgen. Sie dämpfen die Strompreise für private Haushalte und den nicht-privilegierten Mittelstand um etwa einen Cent pro Kilowattstunde." Dies sei vor allem wichtig für mittelständische Unternehmen, die relativ viel für Strom ausgeben müssen, aber die Verbrauchsschwellen für die Befreiung von der EEG-Umlage oder andere Privilegien verfehlen.

Den DUH-Hintergrund: "Strompreisdebatte beenden - Faire Lastenteilung wiederherstellen" finden Sie unter
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2964

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Umwelthilfe e.V., Büro Berlin / Regionalverband Ost Daniel Eckold, Pressesprecher Hackescher Markt 4 / Promenade 3 (Eingang), 10178 Berlin Telefon: (030) 2589860, Telefax: (030) 25898619

(cl)

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