Pressemitteilung | Deutscher Städtetag - Hauptgeschäftsstelle Berlin

Deutscher Städtetag legt aktuelle Finanzdaten der Kommunen vor / Finanzlage vieler Städte weiter kritisch / Defizit steigt 2005 wieder

(Berlin) - Nachdem sich die Finanzlage der Kommunen 2004 etwas verbessert hat und ihr Gesamtdefizit auf 4,1 Milliarden Euro gesunken ist, wird für das laufende Jahr wieder ein Anstieg auf sieben Milliarden Euro erwartet. Trotz deutlich höherer Einnahmen aus der Gewerbesteuer im vergangenen Jahr bleibe die Finanzlage der meisten Städte sehr kritisch, sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Petra Roth aus Frankfurt am Main, am 09. Februar in Berlin anlässlich der Präsentation einer aktuellen Prognose der kommunalen Spitzenverbände zur Finanzlage der Städte, Gemeinden und Kreise.

„Drei traurige Rekorde bereiten den Städten besonders große Sorgen: ein Rekordtief bei den Investitionen sowie ein Rekordhoch bei den Kassenkrediten und den Sozialausgaben. Diese Fakten machen deutlich, dass die ausgefallene Gemeindefinanzreform nachgeholt werden muss“, forderte die Städtetagspräsidentin und nannte folgende Daten:

- Die Investitionen in den Kommunalhaushalten liegen inzwischen um 40 Prozent unter dem Niveau von 1992. Sie sind damit um 13,5 Milliarden Euro auf rund 20 Milliarden Euro jährlich gesunken.
- Die Kassenkredite aller Kommunen beliefen sich Ende September 2004 auf 19,3 Milliarden Euro. Das waren zwölf Milliarden Euro mehr als vier Jahre zuvor. Normalerweise werden mit Kassenkrediten nur vorübergehend Liquiditätsengpässe überbrückt, doch viele Städte sind inzwischen gezwungen, damit dauerhaft laufende Ausgaben zu finanzieren.
- Die Sozialausgaben der Kommunen sind allein in den Jahren 2000 bis 2004 um sechs Milliarden auf 32,25 Milliarden Euro gestiegen. Das ist ein Zuwachs von fast einem Viertel. Seit 1992 sind die Sozialausgaben sogar trotz der Entlastungen durch die Pflegeversicherung um fast die Hälfte gestiegen.

Unerwartet positiv entwickelte sich im Jahr 2004 die Gewerbesteuer, während der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im fünften Jahr in Folge zurückging. Das gesamte Gewerbesteueraufkommen einschließlich Stadtstaaten stieg um 17,3 Prozent auf 28,3 Milliarden Euro. Dazu die Städtetagspräsidentin: „Die Zuwächse bei der Gewerbesteuer sind ein Zeichen der Hoffnung, auf das wir lange gewartet und für das wir intensiv gekämpft haben. Gerade die Städte mit hohen Defiziten in ihren Verwaltungshaushalten kommen dadurch aber keineswegs aus der Talsohle heraus.“ Die schwerste Finanzkrise der Städte seit Bestehen der Bundesrepublik habe tiefe Spuren hinterlassen. Sie blieben leider für die Bürgerinnen und Bürger durch sanierungsbedürftige Infrastruktur wie marode Straßen oder Schulgebäude sichtbar: „Der Verfall der Infrastruktur muss gestoppt und durch Spielräume für kommunale Investitionen umgekehrt werden“, forderte Petra Roth. Die erdrückende Summe der Kassenkredite sei zugleich Beleg dafür, dass den Kommunen die Finanzmittel fehlten, um den wünschenswerten Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige zu bewältigen.

Nachdem die Geldleistungen im Rahmen von Hartz IV umgestellt worden sind, steht jetzt die bessere Betreuung und Förderung der Langzeitarbeitslosen als zentrale Aufgabe an. Daneben wird für die Städte im Jahr 2005 die mit dem Gesetz versprochene finanzielle Entlastung der Kommunen ein wichtiges Thema sein. „Der starke Anstieg der kommunalen Sozialausgaben in den vergangenen Jahren zeigt, wie dringend die Städte auf die zugesagte Entlastung von 2,5 Milliarden Euro aus der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe angewiesen sind“, so Petra Roth: „Vieles spricht dafür, dass – wie im vergangenen Jahr bereits vom Städtetag vorhergesagt – die Belastung der Kommunen durch die Unterkunftskosten höher ausfällt als angenommen und die Entlastung niedriger. Deshalb rechnen wir damit, dass der Bund seine Beteiligung an den Unterkunftskosten in Höhe von derzeit 3,2 Milliarden Euro im Revisionsverfahren im März anheben muss.“

Es zeichne sich bereits ab, dass in den Annahmen des Vermittlungsausschusses ein zu geringer Anstieg der Zahl der Langzeitarbeitslosen, insbesondere im Bereich der früheren Arbeitslosenhilfe, und zu hohe Ablehnungsquoten unterstellt worden seien. Für einen daraus folgenden Anstieg der Unterkunftskosten müssten die Kommunen, wie im Gesetz vorgesehen, einen vollen Ausgleich erhalten. Der Städtetag werde darauf achten, dass im Rahmen der Revision die Be- und Entlastungen der Kommunen durch Hartz IV nachvollziehbar veranschlagt werden. Die kommunalen Spitzenverbände müssten in diesem Verfahren einvernehmlich beteiligt werden.

Eine klare Forderung richtete Frau Roth auch an die Länder: „Die Länder müssen ihre Entlastungen von 2,25 Milliarden Euro durch Hartz IV voll an die Kommunen weitergeben. Sonst kommt die Entlastung der Städte nicht zustande.“ Außerdem müssten die neuen Länder ihre Anteile an dem Ost-Ausgleich von 1 Milliarde Euro, mit dem den Belastungen der ostdeutschen Kommunen durch Hartz IV Rechnung getragen wird, ihren Kommunen voll zur Verfügung stellen.

In diesem Zusammenhang übte die Städtetagspräsidentin deutliche Kritik an den Planungen der alten und neuen Länder für ihre Zuweisungen an die Kommunen. „Die Länder erhöhen ihre Zuweisungen an die Kommunen in 2005 zwar, weil sie dies im Zuge von Hartz IV tun müssen. Aber sie wollen diese Gelegenheit gleichzeitig nutzen, um einen Teil der freiwerdenden Mittel aus Hartz IV für die Sanierung des eigenen Haushalts einzubehalten oder andere Zuweisungen kräftig zusammenzustreichen. Gegenüber 2004 werden so die Zuweisungen der Länder faktisch um zwei Milliarden Euro gekürzt. Das ist der Hauptgrund, warum wir 2005 einen erneuten Anstieg des Gesamtdefizits der Kommunen vorhersagen müssen.“

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Berlin Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin Telefon: 030/377110, Telefax: 030/37711999

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