Pressemitteilung | Deutscher Städtetag - Hauptgeschäftsstelle Berlin

Deutscher Städtetag nennt zentrale Erwartungen an Bund und Länder / Neue Prognose zu den Flüchtlingszahlen - Städte brauchen mehr und schnellere Unterstützung durch Bund und Länder

(Berlin) - Der Deutsche Städtetag sieht Bund, Länder und Kommunen gefordert, die Aufnahme, Unter-bringung und Integration von Flüchtlingen noch stärker als große gemeinsame Aufgabe zu verstehen. Bund und Länder müssten dabei die Schwierigkeiten der Kommunen durch rasches Handeln reduzieren. Das macht der kommunale Spitzenverband anlässlich der heute geplanten Veröffentlichung der neuen Prognose mit deutlich höheren Flüchtlingszahlen für das Jahr 2015 deutlich. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse, erklärte in Berlin: "Die weiter wachsende Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge zeigt: Bund, Länder und Kommunen müssen eine enorme gemeinsame Kraftanstrengung unternehmen, damit wir die damit verbundenen Aufgaben meistern. Die Herausforderung ist groß. Zuallererst müssen deshalb die Verabredungen vom Flüchtlingsgipfel im Juni sehr rasch umgesetzt werden, damit Asylbewerber ohne Bleibeperspektive nicht mehr an die Kommunen weitergeleitet werden."

Lohse sagte weiter: "Die Städte sind entschlossen, weiter Solidarität mit Flüchtlingen zu üben, die in Kriegen Leid erlebt haben oder auf Schutz vor Verfolgung angewiesen sind. Die Städte engagieren sich seit Monaten intensiv dafür, Flüchtlinge angemessen unterzubringen und zu versorgen. Wir haben in den Kommunen viele praktische Probleme und die Integration zu schultern. Deshalb brauchen wir mehr und schnellere Unterstützung durch die Länder und den Bund." Denn die Kommunen müssten sich stärker darauf konzentrieren können, die Integration der Menschen, die in Deutschland bleiben, in die Gesellschaft zu fördern, zum Beispiel in Kindergärten und Schulen.

Die Städte begrüßen die bisherigen Maßnahmen von Bund und Ländern und sehen beide Ebenen in nächster Zeit vor allem in folgenden Punkten gefordert, so Lohse:

- Es gilt, wie beim Flüchtlingsgipfel verabredet, konsequent zu unterscheiden zwischen Asylbewerbern, die fast keine Chance auf Anerkennung haben, und Bürgerkriegs-flüchtlingen aus Ländern wie Syrien und Irak. Das ist nötig, damit sich die Kommunen auf die Aufnahme und Integration der Menschen konzentrieren können, die bei uns bleiben werden, weil sie in ihrer Not vor Krieg geflohen oder politisch verfolgt sind.

- Auch Albanien, Kosovo und Montenegro sollten als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Damit wird das Recht auf Asyl für Verfolgte nicht beschränkt. Aber es wird ein Signal in die Herkunftsländer gesandt, dass es sich nicht lohnt, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen, weil die Chance auf Anerkennung sehr gering ist. Gleichzeitig müssen die Westbalkan-Staaten mehr tun, um ihre Bevölkerung im Land zu halten. Dafür ist auch wirtschaftliche Hilfe der EU nötig.

- Vor allem für Asylbewerber aus den Westbalkan-Staaten müssen die Asylverfahren stark beschleunigt, in den Erstaufnahmeeinrichtungen abgeschlossen werden und von dort aus erforderliche Rückführungen in die Heimatländer erfolgen. Eigene Einrichtungen der Länder für Menschen aus dem Westbalkan sind dazu ein geeigneter Weg.

- Die Plätze der Länder in ihren Erstaufnahmeeinrichtungen müssen erheblich aufgestockt werden, damit die Menschen, die fast keine Chance auf Anerkennung als politisch Verfolgte haben, erst gar nicht den Kommunen zugewiesen werden. Nur so kann es gelingen, dass sich die Kommunen vorrangig um die Menschen mit Bleibeperspektive kümmern können. Nach der neuen Prognose zu den Flüchtlingszahlen halten die Städte eine Verdreifachung auf mindestens 150.000 Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen im Vergleich zum Frühjahr für erforderlich.

- Es sollte geprüft werden, die Dauer des Aufenthalts von Asylbewerbern in den Erstaufnahmeeinrichtungen über die bisher vorgesehene gesetzliche Höchstgrenze von drei Monaten hinaus deutlich zu verlängern - für die Asylbewerber, deren Anerkennungschancen gering sind. Dies würde helfen, solange die Verfahren noch nicht stark genug verkürzt sind bzw. noch Rückführungen ausstehen.

- Die Städte halten es für nachvollziehbar, dass innerhalb der Bundesregierung in Erwägung gezogen wird, das Verhältnis von Geld- und Sachleistungen zu überdenken. Dabei darf kein zusätzlicher bürokratischer Aufwand bei den Kommunen entstehen und für die Höhe der Leistungen sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen.

- Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen ist eine zusätzliche Hilfe des Bundes in Milliardenhöhe erforderlich. Die Zusage des Bundes, sich ab dem Jahr 2016 strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten zu beteiligen, muss schnell konkretisiert werden, damit die Kommunen stärker entlastet werden und die Integration gelingen kann. Eine gute Möglichkeit wäre eine Pro-Kopf-Pauschale des Bundes pro Asylbewerber, eine andere die Kostenübernahme durch den Bund bis zum Abschluss des Asylverfahrens, und auch über die Gesundheitskosten muss gesprochen werden. Die Städte fordern, dass sie an der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, in der diese Fragen erörtert werden, beteiligt werden. Denn die Kommunen stemmen vor Ort die Unterbringung, Versorgung und Integration der dauerhaft in Deutschland verbleibenden Asylbewerber und Flüchtlinge.

- Die Länder müssen rasch ihre sehr unterschiedliche Kostenerstattung gegenüber den Kommunen für die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen bundesweit auf ein angemessenes Niveau vereinheitlichen. Denn es gibt immer noch Länder, die den Kommunen nicht einmal die Hälfte der Ausgaben ausgleichen. Außerdem erwarten die Städte von den Ländern, dass die bisher zugesagten und künftigen Mittel des Bundes bei den Kommunen unmittelbar ankommen. Dazu sollten auch direkte Finanzierungswege zwischen Bund und Kommunen geprüft werden.

- Nicht nur, aber auch im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen wird eine wachsende Zahl von bezahlbaren Wohnungen benötigt. Deshalb sollten sich Bund und Länder auch für den Wohnungsbau finanziell stärker engagieren und zeitnah bestehende Programme zur Wohnraumförderung ausweiten beziehungsweise bewährte Förderprogramme wieder aufnehmen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Berlin Volker Bästlein, Leitung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Hausvogteiplatz 1, 10117 Berlin Telefon: (030) 377110, Fax: (030) 37711999

(cl)

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