Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Digitale Stromwelt: Kaum Vorteile für Verbraucher

(Berlin) - Mit den Beschlüssen zum Strommarktgesetz und zum Digitalisierungsgesetz hat die Bundesregierung die Weichen für die Stromversorgung neu gestellt. Größere Haushalte sollen bereits ab 2020 verpflichtend mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. In Kombination mit einem variablen Stromtarif können sie dann von den Schwankungen des Großhandelspreises profitieren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht jedoch kaum Nutzen für Verbraucher und fordert: Verbraucher müssen zwischen bei Tarifen und Messgeräten wählen können. Eine Zwangsdigitalisierung sei nicht der richtige Weg.

Die Idee: Ist der Strompreis niedrig, weil gerade viel Strom aus Wind- und Solaranlagen zur Verfügung steht, können Stromkunden auch mehr elektrische Energie verbrauchen. Ist in Zeiten ohne Wind und Sonne der Strompreis hoch, schränken Stromkunden ihren Verbrauch ein. Damit könnten sie den Strom vor allem dann nutzen, wenn er günstig ist.

Aus Sicht des vzbv wird die Praxis allerdings anders aussehen. "Die Bundesregierung hat ein schönes Bild von der digitalen Stromwelt gemalt, in der Haushalte ihren Stromverbrauch steuern und dadurch Geld sparen können. Dieses Bild hält jedoch dem Realitäts-Check nicht stand. Denn sowohl die Zahlen als auch die Wünsche der Verbraucher sprechen eine andere Sprache", sagt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).

Eine aktuelle Studie des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) im Auftrag des vzbv untersucht die Auswirkungen der geplanten Änderungen auf die Strompreise. Das Ergebnis: Für den Großteil der Verbraucher lohnt sich der Umstieg auf intelligente Messsysteme und variable Stromtarife finanziell nicht. Da intelligente Messsysteme teuer sind und Verbrauchern die Kosten in Rechnung gestellt werden, zahlen die meisten sogar mehr als vorher. Nur für Haushalte, die über energieintensive Speicherheizungen verfügen, zahlt sich der Wechsel finanziell aus. "Die Bundesregierung verkauft intelligente Messsysteme als Sparstrumpf. Für die meisten Haushalte sind die Geräte aber nicht mehr als teures Spielzeug. Wirklich Geld sparen können nur Großverbraucher", so Klaus Müller.

Verbraucher sind skeptisch

Eine repräsentative Meinungsumfrage des Instituts forsa zeigt zudem: Viele Verbraucher stehen variablen Stromtarifen skeptisch gegenüber. Besonders wichtig wäre zwei Dritteln der Befragten (66 Prozent), dass variable Tarife auch tatsächlich Kostenersparnisse mit sich bringen. 42 Prozent geben an, dass ihnen der Schutz ihrer Daten wichtig wäre. Sorgen bereiten Verbraucherinnen und Verbrauchern vor allem schwankende Preise, die dazu führen könnten, dass die Stromkosten nicht kalkulierbar sind.

Der vzbv fordert von der Politik eine Wahlfreiheit der Verbraucher beim Umstieg auf intelligente Messsysteme und variable Stromtarife. Da die Messgeräte mit erheblichen Mehrkosten von jährlich bis zu 100 Euro verbunden sind, die selbst in Kombination mit einem variablen Stromtarif nicht kompensiert werden können, darf die Bundesregierung den Einbau nicht vorschreiben. "Zwang ist der falsche Weg. Ob der Umstieg auf intelligente Messsysteme und variable Stromtarife sinnvoll ist oder nicht, kann nur jeder selbst entscheiden", so Müller.

Die Strommarkt- und Digitalisierungsgesetze sollen im Dezember 2015 in den Bundesrat, Ende Januar 2016 in den Bundestag.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Pressestelle Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: (030) 258000, Fax: (030) 25800218

(dw)

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