Pressemitteilung |

Drittes Jahr in Folge mit Umsatzverlusten im Einzelhandel / Weihnachtsgeschäft von 9 Mrd. Euro erwartet

(Berlin) - „Der Einzelhandel im engeren Sinne wird 2004 zum dritten Mal in Folge Umsatz einbüßen. In den letzten drei Jahren hat er insgesamt über 9 Milliarden Euro Umsatz verloren“, erklärte am 17. November der Präsident des Handelsverband BAG, Walter Deuss, vor Journalisten in Frankfurt. „Auch ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft kann die Entwicklung in diesem Jahr insgesamt nicht mehr ins Positive wenden“. Der Einzelhandel im engeren Sinne, d.h. ohne Kfz- und Mineralölabsatz sowie ohne das Geschäft der Apotheken, werde das Jahr voraussichtlich mit einem Umsatzrückgang von nominal 0,4 Prozent abschließen.

Nach einem enttäuschenden Jahresverlauf richteten sich die Hoffnungen des Einzelhandels nun auf die Monate November und Dezember. „Wenngleich die Politik durch die ungelösten Probleme auf dem Arbeitsmarkt, die erschreckend hohe Staatsverschuldung und die uneinheitlichen und unausgereiften Vorschläge zur Reform der sozialen Sicherungssysteme nichts dazu beigetragen hat, dass dieses Jahr mit einem guten Weihnachtsgeschäft endet, hoffen wir gleichwohl darauf, dass die Verbraucher zu Weihnachten ihre Konsumzurückhaltung aufgeben und sich endlich wieder etwas gönnen“, sagte Deuss. Voraussetzung sei allerdings, dass die privaten Haushalte den Ausfall von Weihnachtsgeld und Abschlussvergütungen durch eine geringere Sparleistung ausgleichen.

„Trotz aller Unwägbarkeiten gehen wir davon aus, den Umsatz im Weihnachtsgeschäft gegenüber dem Vorjahr um rund 300 Millionen Euro auf insgesamt 9 Milliarden Euro steigern zu können. Anders als im vergangenen Jahr, als wir vor Weihnachten zwar eine hohe Kundenfrequenz, aber deutlich weniger Umsatz erzielen konnten, hofft der Einzelhandel in diesem Jahr, kurz gesagt, auf viele Beine und viele Tüten.“ Deuss begründete seine Prognose zum einen mit dem günstigen Basiseffekt. Im vergangen Jahr waren die Umsätze im Weihnachtsgeschäft um 17 Prozent eingebrochen. Zum anderen ständen im Gegensatz zum Vorjahr zwei zusätzliche Verkaufstage zur Verfügung. Außerdem sei in diesem Jahr nicht mehr mit überzogenen Rabattaktionen zu rechnen. „Der Einzelhandel scheint aus den Erfahrungen des vergangenen Jahres gelernt zu haben und sich auf die betriebswirtschaftliche Vernunft zu besinnen“, erklärte Deuss. Auch sei seit einiger Zeit zu beobachten, dass sich der Trend „steigende Stückzahl und sinkender Umsatz“ allmählich umkehre. Die Kunden suchten zunehmend wieder Qualität.

Die anhaltenden Umsatzverluste haben die Insolvenzen in der Branche weiter ansteigen lassen, so Deuss. Bereits im Gesamtjahr 2003 waren sie um rund 12 Prozent auf 4.305 gestiegen. „Im laufenden Jahr rechnen wir mit einem weiteren Anstieg auf 4.500. Schlägt man ihnen die stillen Liquidationen hinzu, so erhält das Ladensterben eine noch bedrohlichere Dimension.“ Im Zusammenwirken von Kostensenkungsprogrammen und Insolvenzen habe der Einzelhandel im engeren Sinne innerhalb eines Jahres (jeweils per Ende März) mehr als 56.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verloren. Als Hauptgrund für diese Entwicklung machte Deuss die anhaltend schlecht verlaufende Konsumkonjunktur aus. Sie leide zum einen unter der finanziellen Stagnation in den Portemonnaies der privaten Haushalte und zum anderen unter der fast schon depressiven Haltung der Verbraucher. „In der Stimmung der Verbraucher dominiert die Sorge um die Lebensgrundlagen und die Befürchtung, Abstriche am Lebensstandard vornehmen zu müssen“, so Deuss.

Bei der Umsatzerwartung für 2005 gab sich Deuss verhalten optimistisch. „Rosigen Zeiten wird der Einzelhandel allerdings nicht entgegensehen.“ Das voraussichtlich nur geringfügige Abschmelzen der hohen Arbeitslosenzahl werde keine wesentliche Besserung des Konsumklimas herbeiführen. Sollten die Entlastungen durch die letzte Stufe der Steuerreform wie prognostiziert zu einem Anstieg der privaten Konsumausgaben führen, hoffe der Einzelhandel, im kommenden Jahr einen weiteren Umsatzrückgang vermeiden zu können. „Eine schwarze Null wäre nach drei Jahren mit Umsatzverlusten schon ein Erfolg“, resümierte Deuss.

Der innerstädtische Einzelhandel habe mit speziellen Schwierigkeiten, nämlich den Spätfolgen einer verfehlten Standortentwicklung zu kämpfen, führte Deuss aus. Sowohl die Ansiedlung von großflächigen Verbrauchermärkten als auch von Shopping Centern auf der ´Grünen Wiese´ entzögen den Innenstädten erhebliche Kaufkraft. Dazu hätten die Kommunen mit großzügigen Sondergebietsausweisungen wesentlich beigetragen. Auf dem deutschen Markt bestehe derzeit ein Überhang an Verkaufsfläche von 30 bis 40 Prozent.

Trotz der kritischen Situation, in der sich der innerstädtische Einzelhandel befinde, arbeiteten zahlreiche seiner Betriebe mit Erfolg, so Deuss. Zu ihnen gehörten auch viele Warenhäuser, wenngleich ihr Marktanteil, gemessen am Umsatz des Einzelhandels im engeren Sinne, in diesem Jahr voraussichtlich auf 3,7 Prozent sinken werde. Warenhäuser seien alles andere als funktionslos gewordene Auslaufmodelle oder sterbende Dinosaurier, sondern eher schlafende Riesen, deren Potentiale zur Zeit nicht ausreichend genutzt würden. Ihre jüngsten Rabattexzesse und die Überbetonung ihrer Billigangebote hätten den Warenhäusern imagemäßig eher geschadet als genutzt. Ihre Renaissance könne nur durch innere Erneuerung herbeigeführt werden. „Warenhäuser verfügen über vielfältige Chancen, eigene Profile aufzubauen und mehr zu bieten als ihre hauptsächlich mit dem niedrigen Preis arbeitenden Konkurrenten. Sie müssen mit der Gesamtheit ihrer Leistungskomponenten überzeugen. Dazu gehören die Inszenierung der Sortimente, ausreichende Service-Angebote und eine gute Bedienung“, erklärte Deuss.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e.V. (Handelsverband BAG) Atrium Friedrichstraße, Friedrichstr. 60, 10117 Berlin Telefon: 030/2061200, Telefax: 030/20612088

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