Pressemitteilung | MVFP Medienverband der Freien Presse e.V.

Eine Niederlage für die Pressefreiheit / Die Entscheidung der Bundesregierung führt zu Hofberichterstattung und Kommuniqué-Journalismus / VDZ prüft rechtliche Schritte

(Berlin) - Die deutschen Zeitschriftenverleger sind entsetzt, dass die Bundesregierung beschlossen hat, nicht die Verweisung der Rechtssache Caroline von Hannover an die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu beantragen. "Das ist ein schwerer Schlag gegen die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit. In Zukunft wird sich jeder Journalist dreimal überlegen, was er schreiben darf und was nicht. Die Verlagerung der Entscheidung vom Justizministerium ins Kabinett legt den Verdacht nahe, dass hier auch in eigener Sache entschieden wurde", so Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, heute in Berlin. Mit dem Urteil drohe nicht nur die Herabsetzung der Journalisten zu Hofberichterstattern, auch weite Teile des investigativen Journalismus seien bedroht. "Wir lassen jetzt prüfen, ob die Bundesregierung nicht verfassungsrechtlich verpflichtet ist, die Pressefreiheit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu verteidigen", so Fürstner weiter.

Der VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Deutsche Journalisten Verband (DJV), die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (ver.di), ARD und ZDF sowie Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) und der Deutsche Presserat hatten ebenso wie die Zeitschriften- und Zeitungsverleger und fast 70 Chefredakteure an die Regierung und den Kanzler eindringlich appelliert, gegen das juristisch stark umstrittene Urteil vorzugehen.

Für einen Einspruch beim Europäischen Gerichtshof für Menschrechte in Straßburg blieben jetzt nur noch knapp drei Wochen Zeit. Bis zum 24. September müsste dort eine ausführliche juristische Begründung vorliegen. Dann würde ein Ausschuss von fünf Richtern entscheiden, ob der Fall - diesmal vor der großen Kammer des Gerichts mit 17 Richtern - erneut verhandelt wird. Eine siebenköpfige Kammer des Gerichtes hatte am 24. Juni 2004 entschieden, dass Deutschland mit seiner Rechtsprechung die Privatsphäre von Caroline von Hannover missachtet habe. Wenn es nach dem Urteil aus Straßburg ginge, könnten Fotos von Personen des öffentlichen Lebens in Zukunft nur noch dann ohne ihre Einwilligung veröffentlicht werden, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer Funktion oder bei öffentlichen Auftritten gemacht wurden. In Sondervoten rügten selbst der Präsident der Kammer und ein weiterer Richter teilweise das Urteil.

Das Straßburger Urteil widerspricht der Grenzziehung zwischen Kommunikationsfreiheit und Persönlichkeitsrecht durch Grundgesetz, Fachgerichte und Bundesverfassungsgericht. Es missachtet darüber hinaus den Beurteilungsspielraum, den die Europäische Menschenrechtskonvention den Mitgliedsstaaten belässt und würde nach Auffassung des VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger die Presse- und Informationsfreiheit in unerträglicher Weise beschneiden.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ) Haus der Presse, Markgrafenstr. 15, 10969 Berlin Telefon: 030/726298-0, Telefax: 030/726298-103

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