Pressemitteilung | DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

Einlagensicherung in Europa: Gemeinsame Standards statt kollektiver Haftung

(Berlin) - Seit Beginn der Verhandlungen über eine einheitliche Bankenaufsicht für die Eurozone kommen immer wieder Forderungen auf, das Geld der Sparer im Ernstfall durch eine gemeinsame Haftung der europäischen Banken abzusichern. In seiner Rede zur Lage der Europäischen Union hat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nun angekündigt, bis Ende des Jahres den Entwurf für eine gemeinsame europäische Einlagensicherung vorzulegen. Auf den ersten Blick ist dies vielleicht ein attraktiver Vorschlag, der angeschlagenen Banken wie etwa in Griechenland vorübergehend zusätzliche Stabilität verschaffen könnte. Aber insgesamt überwiegen die Nachteile eines solchen Ansatzes klar.

Der Bankenunion Zeit geben
Im letzten Jahr wurde für die Banken des Euroraums erstmals eine einheitliche Aufsicht geschaffen. Noch gibt es Anlaufschwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen Aufsichtsbehörden - das Verständnis für die sehr unterschiedlichen, aus nationalen Traditionen heraus entstandenen Geschäftsmodelle europäischer Banken muss noch wachsen. Für die nationalen Einlagensicherungssysteme, die in der gesamten EU Einlagen von Sparern in Höhe von bis zu 100.000 Euro pro Person schützen, wurden gerade erst schärfere Regeln festgelegt - die noch bei Weitem nicht überall umgesetzt sind. Auch die neuen europäischen Regeln, wie eine Bank im Ernstfall so abgewickelt werden kann, dass der Steuerzahler nicht einspringen muss, sind in vielen Ländern noch gar nicht in Kraft. Die Aufmerksamkeit der europäischen Aufsichtsbehörden und der nationalen Regierungen sollte also erst einmal darauf liegen, die bestehenden Regeln der Bankenunion wirklich im Alltag umzusetzen.

Vereinheitlichung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner vermeiden
Zudem spricht viel dafür, dass eine verpflichtende, vereinheitlichte europäische Einlagensicherung sogar zu einem Rückgang des Schutzniveaus führen würde. So garantieren in Deutschland etwa Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht nur 100.000 Euro pro Kunde im Krisenfall. Vielmehr verbürgen sie sich als Verbund für die Existenz ihrer Institute. Wenn es zum Ernstfall käme, würde ein gefährdetes Institut durch Hilfen der anderen Banken seines Verbunds stabilisiert -damit wären auch die Einlagen der Kunden umfassend geschützt. Mit diesem System solidarischer Haftung ist auch verbunden, dass die Institute sich schon im Vorfeld strengen Regeln und Kontrollen ihrer Verbände unterwerfen müssen, damit sich unverhältnismäßige Risiken gar nicht erst aufbauen. Ein europäisches Standardmodell würde aber mit hoher Wahrscheinlichkeit weit hinter einem solchen Schutzniveau zurückbleiben.

Keine Vergemeinschaftung von Staatsschulden-Risiken durch die Hintertür
Zudem wäre eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung zum jetzigen Zeitpunkt faktisch auch eine Vergemeinschaftung von Risiken aus der Staatsverschuldung. Nach den aktuellen Eigenkapitalvorschriften gelten Staatsanleihen für Banken - aus Sicht des DIHK ungerechtfertigterweise - weiterhin als risikolos. Großkreditvorschriften greifen nicht, sodass eine Bank beliebig stark in die Staatsanleihen ihres eigenen Heimatlandes investieren kann. In den vergangenen Jahren haben darum Banken gerade in den europäischen Krisenstaaten sehr viel Geld an die eigene Regierung verliehen. Die Folge: Bei einem Staatsbankrott wären auch die betroffenen Institute oft nicht mehr überlebensfähig. Mit einer gemeinsamen Einlagensicherung müssten dann aber alle Kreditinstitute in der Eurozone für die Entschädigung der Sparer dieser Banken geradestehen. Solange es keine angemessene Behandlung des tatsächlichen Risikos von Staatsanleihen in der Bankenregulierung gibt, würde eine gemeinsame europäische Einlagensicherung daher vor allem neue Stabilitätsrisiken schaffen.

Quelle und Kontaktadresse:
DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. Pressestelle Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: (030) 203080, Fax: (030) 203081000

(dw)

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