Pressemitteilung | Zentralverband Gartenbau e.V. (ZVG)

Ermäßigter Steuersatz ist weltweit bewährtes Steuerungsinstrument / ZEW-Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums lässt wichtige Aspekte unberücksichtigt

(Bonn) - In den vergangenen Tagen ist mehrfach in den Medien über eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus Mannheim berichtet worden. Demnach hat das ZEW im Auftrag von Bundesfinanzminister Hans Eichel die verteilungspolitische Wirkung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes untersucht. Die Forscher machen sich für die Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von derzeit sieben Prozent stark.

Gartenbauliche Produkte, angefangen von Obst und Gemüse bis hin zu Baumschulprodukten und Zierpflanzen, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Anders als jetzt in den Medien dargestellt, galt der ermäßigte Steuersatz schon seit Beginn des bundesdeutschen Umsatzsteuerrechts. Es gab damals zwei politische Ziele: Sicherstellung der heimischen Agrarproduktion und Entlastung des Steuerzahlers bei Produkten, die Grundbedürfnisse abdecken.

Auch wenn insbesondere die erste Zielsetzung, die Sicherstellung einer heimischen Agrarproduktion, gerade auch bei Obst und Gemüse, angesichts globaler Märkte ihre Bedeutung in der öffentlichen Wahrnehmung verloren hat, machen die aktuellen Naturkatastrophen eindrücklich deutlich, dass der Mensch von der Natur abhängig ist. Diese Abhängigkeit, die Gärtner aufgrund unterschiedlicher Witterungsverläufe jedes Jahr aufs neue zu bewältigen haben, war bei der Einführung der bundesdeutschen Umsatzsteuer ein zentraler Grund, Agrarprodukte zunächst völlig von der Umsatzsteuer zu befreien, um dann den ermäßigten Satz anzuwenden. Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) appelliert deshalb an den Bundesfinanzminister, sich die Aktualität der damaligen Gründe in Erinnerung zu rufen.

Das ZEW fasst die Ergebnisse der Studie wie folgt zusammen: „Eine Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland, der vor allem auf Grundnahrungsmittel, Zeitschriften und Bücher erhoben wird, hätte eine höhere Ausgabenbelastung aller Haushalte zur Folge. Die Umverteilungswirkung einer solchen Abschaffung wäre aber gering. Außerdem könnten negative Umverteilungseffekte zu Lasten einkommensschwacher Haushalte, die durch die ausnahmslose Anwendung des vollen Steuersatzes entstehen würden, ausgeglichen werden, indem der Staat die erzielten Steuer-Mehreinnahmen über Transfers oder steuerliche Entlastung an anderer Stelle wieder an die Haushalte zurückgibt.“
Es ist schon erstaunlich, wie fahrlässig eine Forschungseinrichtung mit einem solchen politischen Steuerungselement umgeht. Zum einen gilt der ermäßigte Steuersatz für Nahrungsmittel und nicht nur für Grundnahrungsmittel. Gerade Wissenschaftlern sollte die Bedeutung von Begriffsdefinitionen bekannt sein. Oder darf vermutet werden, dass man mit einem solchen Begriff „Politik machen“ möchte?

Darüber hinaus wird die Politik aufgefordert, die Steuer-Mehreinnahmen auf eine andere Art und Weise den Haushalten wieder zugute kommen zu lassen. Es darf festgestellt werden, dass die soziale Komponente weiterhin, auch nach Ansicht der Mannheimer Forscher, eine Berechtigung hat. Warum aber jetzt ein über Jahrzehnte und weltweit praktiziertes Verfahren mit den daraus resultierenden Verwerfungen abschaffen? Nicht alles was neu ist, ist auch gleich besser.
In der Zusammenfassung heißt es weiter: „Sehr viel bedeutsamer sind die branchenspezifischen Effekte der Steuersatzdifferenzierung. Eine aufkommensneutrale Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes führt dazu, dass die Nachfrage nach den auch bisher voll besteuerten Gütern steigt.“ Umgekehrt sinkt die Nachfrage nach Produkten, für die heute der ermäßigte Steuersatz gilt. Dass dies richtig ist, hat der Zentralverband Gartenbau in allen bisherigen Diskussionen um dieses Thema eindringlich belegt und vor den damit verbundenen Verwerfungen gewarnt. Dass aber gerade die heute steuerbegünstigten Branchen besonders lohnintensive und damit in Deutschland Arbeitsplatz schaffende Branchen sind, wird vollständig außer Acht gelassen. Mit einer Abschaffung würden also weitere Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Dies kann und darf nicht Ziel einer zukunftsgerichteten Steuerpolitik sein.

Gleichzeitig wird, soweit bisher bekannt geworden, nur die Wirkung auf die privaten Haushalte betrachtet. Die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes würde automatisch zu weniger Grün in unseren Städten und Gemeinden führen. Denn ebenso wie private Verbraucher können auch die kommunalen Haushalte als Endverbraucher die Umsatzsteuer nicht absetzen. Eine Umsatzsteuererhöhung führt also bei gleichem Haushaltsvolumen automatisch zu weniger Bäumen und Pflanzen in Städten und Gemeinden.

Der Zentralverband Gartenbau fordert deshalb dazu auf, alle Auswirkungen einer solchen Abschaffung sehr genau zu betrachten. Der ZVG ist sich sicher, dass dann die Abschaffung nicht mehr auf die politische Tagesordnung gehört.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Gartenbau e.V. Godesberger Allee 142-148, 53175 Bonn Telefon: 0228/810020, Telefax: 0228/8100248

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