Pressemitteilung | Hans-Böckler-Stiftung

Euro-Stabilitätspakt / Zeit ist reif für eine systematische Reform

(Düsseldorf) - Die Reform des Euro-Stabilitätspakts birgt keine Gefahren für die Stabilität des Euros, so Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. Grundsätzlich begrüßte der Ökonom die Entscheidung der EU-Finanzminister, Verstöße gegen die Neuverschuldungsgrenze nicht mehr so rigoros zu ahnden wie bisher. Allerdings sei es notwendig, den Pakt jetzt systematisch zu reformieren, anstatt ihn nur an einzelnen Stellen zu überarbeiten. Das IMK hat dafür bereits Eckpunkte entwickelt.

„Die aktuelle Reform gibt vor allem der Bundesregierung mehr Raum, endlich das Richtige zu tun: Sie könnte jetzt die schwächelnde Binnennachfrage durch zusätzliche Investitionen ankurbeln“, sagte Horn. Die Stabilität des Euro sieht der Ökonom weiterhin gesichert: „Entscheidend dafür sind die niedrigen Inflationsraten in den einzelnen Euro-Ländern. An ihnen wird sich durch den Brüsseler Kompromiss nichts ändern.“ Eine systematische Reform des Stabilitätspakts müsse aber über punktuelle „Reparaturversuche“ hinausgehen, fordert Horn.

Das IMK empfiehlt den Staaten der Eurozone, die starre Drei-Prozent-Regel beim Haushaltsdefizit möglichst rasch abzuschaffen. Wirtschaftlich sinnvoller sei es, feste, länderspezifische Obergrenzen für das Wachstum der Staatsausgaben zu setzen. Dabei sollte die Obergrenze für dieses Wachstum etwas niedriger liegen als die durchschnittliche Wachstumsrate des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) – also inklusive Inflation – während der vorangegangenen sechs bis acht Jahre. Konkret hieße das für das Beispiel Bundesrepublik, dass die Staatsausgaben um bis zu 2,5 Prozent ansteigen könnten, weil das nominale BIP um etwa drei Prozent wuchs. Stattdessen stagnierten die Staatsausgaben zuletzt.

Für Horn besonders wichtig: Die neue Obergrenze für das Wachstum der staatlichen Ausgaben sollte sich ausschließlich auf die Posten beziehen, die nicht konjunkturabhängig sind. Denn nur diese können Regierungen auch wirklich steuern.

Ausgaben für Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe wären damit von der Ausgabenbegrenzung ausgenommen. So hätte der Staat mehr Spielraum in Schwächephasen. In Boomphasen, wenn die konjunkturabhängigen Ausgaben niedrig und die Steuereinnahmen hoch sind, müsste er dagegen entschlossen konsolidieren. Als zweite Ausnahme von der Ausgabengrenze sieht der IMK-Entwurf öffentliche Investitionen vor. Ebenfalls mit gutem Grund: Geld, das der Staat beispielsweise in die Verkehrsinfrastruktur investiert, sorgt langfristig für mehr Wachstum.

Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf Telefon: 0211/77780, Telefax: 0211/7778120

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