Pressemitteilung | Deutscher Hochschulverband (DHV)

Europäische Universitätskultur: zwischen Vereinheitlichung und Provinzialismus

(Bonn/Wörlitz) - Die Professorenverbände Deutschlands, Österreichs und der Schweiz haben sich auf Einladung des Deutschen Hochschulverbandes im sachsen-anhaltinischen Wörlitz zu Gesprächen getroffen. Im Mittelpunkt der Beratungen standen hochschulpolitische Tendenzen und Entwicklungen in diesen drei Ländern und Konsequenzen, die sich aus den jüngsten hochschulpolitischen Reformbemühungen und aus dem sogenannten Bolognaprozess ergeben.

Der Deutsche Hochschulverband (DHV), der österreichische Universitätsprofessorenverband (UPV) und die Vereinigung Schweizerischer Hochschuldozenten (VSH) begrüßten einmütig das von den europäischen Kultus- und Wissenschaftsministern in den Konferenzen von Bologna und Prag formulierte politische Ziel, einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen, der Studierenden eine bessere Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse, mehr Mobilität und kürzere Studienzeiten erlauben soll. Positiv beurteilten die Verbände die bisherigen Bemühungen ihrer Länder, Studienleistungen und -zeiten leichter anzuerkennen, auch wenn man noch nicht von einer Verwirklichung des angestrebten, europaweit einheitlichen Leistungspunkte- und Modulsystems sprechen könne. Während eine einheitliche europäische Hochschulkultur in diesem Sinne anzustreben ist, sollten aber regionale Besonderheiten in den drei Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz), die zu höchster internationaler Anerkennung ihrer Universitäten geführt haben, erhalten bleiben.

Als negativ beurteilten die Hochschullehrervertetungen die mit dem Integrationsprozess einhergehenden Spartendenzen der europäischen Hochschulpolitik, insbesondere angesichts der umfangreichen Evaluationsaufgaben, der intensiven Beratungsarbeit und der Weiterbildung des Lehrpersonals.

Für problematisch hielten die Hochschullehrer auch die Gefährdung der Lehr- und Lernfreiheit durch die Forderung nach identischen Studiencurricula, für kontraproduktiv die Anerkennung eines universitären Bachelors als qualifizierenden Abschluss für einen akademischen Beruf.

DHV, UPV und VSH wiesen in ihren Beratungen auf zahlreiche hochschulpolitische Fehlentwicklungen hin, die sich in allen drei Ländern deutlich abzeichneten. Die Professoren kritisierten vor allem den Umbau der universitären Organisationsstrukturen mit der Tendenz zu zentralistisch-abgehobenen Hochschulleitungen, die Einführung von Hochschulräten mit zu weit gehenden Entscheidungsbefugnissen sowie Änderungen des Hochschullehrerdienstrechtes. Kritisiert wurden insbesondere Tendenzen in der Reform des Dienstrechtes der Hochschullehrer bzw. Professoren, welche die notwendige Gewinnung der “besten Köpfe” durch - weder mit der Privatwirtschaft noch international konkurrenzfähige - finanzielle wie organisationsrechtliche Bedingungen verhindern. Der Auftrag der Universität, ihre Studierenden durch Wissenschaft auszubilden, werde überdies zunehmend missverstanden. Es werde befürchtet, dass dies zu einer weitgehenden Ökonomisierung der Bildung führen könnte. Besonders darunter zu leiden hätten die Geisteswissenschaften sowie alle marktfernen akademischen Disziplinen. Sie könnten die eigentlichen Verlierer der jüngsten hochschulpolitischen Reformen werden.

Zufrieden zeigten sich die drei Verbände mit der Mobilitätsbereitschaft der Professoren innerhalb der drei Länder Deutschland, Österreich und der Schweiz, die früher einen gut funktionierenden Berufungsmarkt gebildet haben. Ihre Sorge gilt dabei provinzialistischer Abschottung durch erhebliche Mobilitätshemmnisse wie beispielsweise Unterschiede im Versorgungsrecht oder den Altersgrenzen für eine Einstellung und Tendenzen zur Abschaffung der Habilitation als wichtiges Berufungskriterium. Einmütig sprachen sich die Delegierten dafür aus, dass erworbene Pensions- und Rentenanwartschaften bei einer Berufung „mitgenommen“ werden dürfen.


Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (Deutschland)
Professor Dr. Hartmut Schiedermair
Rheinallee 18
D-53173 Bonn

Der Vorsitzende des Universitätsprofessorenverbandes (Österreich)
Professor Dr. Wolfgang Zach
Iniversität Innsbruck
Innrain 52
A-6020 Innsbruck

Der Generalsekretär der Vereinigung Schweizerischer Hochschuldozenten (Schweiz)
Professor Dr. Klaus Wegenast
Hohstalenweg 30
CH-3047 Bremgarten

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Hochschulverband (DHV) Rheinallee 18 53173 Bonn Telefon: 0228/9026666 Telefax: 0228/9026680

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