Pressemitteilung | Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

GEW: „Große Koalition verspielt die Zukunft unserer Kinder“ / „Föderalismus-Reform ist ein fauler Kompromiss zulasten des Bildungswesens“

(Frankfurt am Main) - „Wenn die Qualität des Bildungswesens die entscheidende Zukunftsfrage unseres Landes ist, dann verspielt die Große Koalition gerade die Zukunft unserer Kinder. Der schwarz-roten Regierung droht ein fulminanter Fehlstart“, kommentierte Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am 02. November die sich abzeichnende Einigung der künftigen Regierungspartner zur Föderalismusreform. In der zuständigen Arbeitsgruppe haben sich die möglichen Koalitionäre dem Vernehmen nach darauf geeinigt, dass sich der Bund weitgehend aus der Bildungspolitik zurückziehen solle. Für Schulen dürfe er demnach kein Geld mehr geben. Für den Hochschulbau würden in absehbarer Zeit keine Mittel mehr aus Berlin fließen, nur noch an Großgeräten will sich der Bund beteiligen. Das Hochschulrecht wäre 16-fach zersplittert, allenfalls Zugänge und Abschlüsse werden per Bundesgesetz geregelt. Thöne appellierte an die Große Koalition, ihre Pläne zu überdenken: „Diese Einigung fügt unserem Bildungswesen in den kommenden Jahren schweren Schaden zu.“

Thöne machte deutlich, dass mit der geplanten Einigung auch das Vier-Milliarden-Programm für mehr Ganztagsschulen auf der Kippe stehe.
Auf jeden Fall dürfte die Bundesregierung künftig solche Projekte nicht mehr anschieben. „Es ist schon irrwitzig: Gerade bescheinigt uns die jüngste Pisa-Studie, dass sich die soziale Kluft an unseren Schulen in den vergangenen Jahren noch verschärft hat - und ausgerechnet jetzt wollen Christ- und Sozialdemokraten Vorhaben wie die Ganztagsschulinitiative per Grundgesetz verbieten.“

„Auch die Hochschulen werden unter der großkoalitionären Vereinbarung leiden - vor allem in den ärmeren Bundesländern“, betonte der GEW-Vorsitzende. Bisher diente die anteilige Finanzierung von Hochschulbauten und -renovierungen als Anreiz für mehr Investitionen ins Bildungswesen. Jeder Landesminister konnte darauf verweisen, dass für jeden Euro, den er in Hochschulen steckte, ein Euro aus Berlin hinzukomme. „Wie die Länder angesichts chronisch klammer Kassen ohne finanzielle Unterstützung des Bundes ein international konkurrenzfähiges Hochschulwesen aufbauen wollen, bleibt ihr Geheimnis“, erklärte Thöne.

„In Wahlkampfreden bekräftigen alle Parteien die Bedeutung der Bildung. Wir erwarten, dass sie jetzt zu ihrem Wort stehen“, sagte der Gewerkschafter. Die große Staatsreform solle offenbar nach einem Muster erfolgen: Die hohe Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat wird reduziert. Im Gegenzug erhalten die Länder zusätzliche Kompetenzen - vor allem in der Bildung. „Nicht die Qualität unseres Bildungswesens steht im Mittelpunkt, sondern die Frage, wie die Länder für ihren Machtverzicht im Bundesrat entschädigt werden“, sagte Thöne. „Dieser Machtpoker darf nicht greifen. Braucht die neue Regierung wirklich die große Staatsreform als Starthilfe, sollte sie zumindest das Bildungswesen vorerst ausklammern und hier sorgfältig nach Lösungen suchen. Das ist sie unseren Kindern schuldig.“

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Ulf Roedde, Pressesprecher Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt Telefon: (069) 78973-0, Telefax: (069) 78973-201

(tr)

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