Pressemitteilung | GVA Gesamtverband Autoteile-Handel e.V.

GVA begrüßt Überlegungen der EU-Kommission zur Reform der Kfz-Typgenehmigung

(Ratingen) - Der Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) begrüßt aktuelle Überlegungen der EU-Kommission, die Typgenehmigung in Europa umzugestalten und vor allem die nationalen Typgenehmigungsbehörden in den EU-Mitgliedsstaaten stärker zu kontrollieren. Bereits vor dem kürzlich aufgedeckten Abgasskandal hatte der GVA wiederholt darauf hingewiesen, dass Fahrzeughersteller ihren Pflichten aus der Typgenehmigung nur unzureichend nachkommen.

Typgenehmigungssystem in Europa lädt Hersteller zu Zulassungstourismus ein

EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska erklärte am 5. November 2015 mit Blick auf den VW-Abgasskandal gegenüber der Süddeutschen Zeitung: "Die Genehmigungssysteme der Mitgliedsstaaten haben versagt." Gleichzeitig kündigte Bienkowska an, "zukünftig [zu] kontrollieren und [zu] überprüfen, ob die nationalen Behörden ordnungsgemäß arbeiten."
Das Vorliegen der Typgenehmigungen eines Fahrzeugs und seiner Komponenten ist Voraussetzung dafür, dass es in der Europäischen Union zugelassen und im Straßenverkehr betrieben werden darf. Der Europäische Gesetzgeber erlässt entsprechende Normen, die dafür erfüllt werden müssen. Die einheitliche Anwendung der technischen Vorschriften für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich etwa ihrer Schadstoffemissionen soll europaweit ein hohes Umweltschutzniveau sicherstellen. So gilt etwa für alle seit 1. September 2015 neu zugelassenen PKW die Euro-6-Norm als bindend. Fahrzeughersteller können die Erteilung der Typgenehmigung bei der zuständigen nationalen Behörde eines EU-Staats ihrer Wahl beantragen; eine erteilte Genehmigung gilt dann EU-weit. GVA-Präsident Hartmut Röhl sieht hier Reformbedarf: "In der Praxis führt das zu einem Zulassungstourismus. Fahrzeughersteller suchen sich ihnen genehme nationale Typgenehmigungsbehörden für einzelne Komponenten oder das Fahrzeug aus. Das kann dann dazu führen, dass die Typgenehmigung der Abgasanlage von der Behörde in Irland erteilt wird, die der Scheinwerfer in Luxemburg und das Gesamtfahrzeug vielleicht in Italien typgeprüft wird." Eine effektive Überwachung der Einhaltung der Regeln und Untersuchungen bei gemeldeten Verstößen werden damit erschwert. Daneben weist das EU-Typgenehmigungsrecht eine weitere eklatante Schwäche auf: Bislang erlässt der europäische Gesetzgeber lediglich die entsprechende Verordnung, kann aber nicht deren Einhaltung überwachen oder Verstöße sanktionieren.

GVA prangert seit Langem Verstöße von Fahrzeugherstellern gegen Typgenehmigungsverordnung an

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Typgenehmigung eines Fahrzeugs ist auch, dass der Fahrzeughersteller unabhängigen Marktteilnehmern Zugang zu den für Reparatur und Wartung notwendigen Informationen gewähren muss. Den nationalen Typgenehmigungsbehörden, wie dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) in Deutschland, genügt es bislang, wenn Fahrzeughersteller im Rahmen der Typgenehmigung erklären, diesen Pflichten nachzukommen. GVA-Präsident Hartmut Röhl hält dieses System angesichts des aktuellen Abgasskandals für nicht länger haltbar: "Mitarbeiter von Fahrzeugherstellern haben nicht davor zurückgeschreckt, Tests mit hoher krimineller Energie zu manipulieren. Daher kann man doch nicht weiterhin ungeprüft Erklärungen Glauben schenken, wonach sie den Pflichten zur Erlangung der Typgenehmigung angemessen nachkommen. Wenn sogar eindeutig festgelegte Abgaswerte manipuliert oder missachtet werden können, ist es kein Wunder, dass die Weitergabe von Reparatur- und Wartungsinformationen, die ja schwerlich in Zahlen messbar ist, von Fahrzeugherstellern nicht im Sinne des Gesetzes interpretiert und umgesetzt wird." Zu den Reparatur- und Wartungsinformationen zählen gemäß dem Typgenehmigungsrecht und der "Aftermarket-GVO" samt begleitenden Leitlinien auch die Basisdaten zur Fahrzeug- und Ersatzteilidentifikation, auf deren Grundlagen die Unternehmen des freien Kfz-Teilehandels den Werkstätten markenübergreifende Kataloge und eine eindeutige, VIN-basierte Ersatzteilidentifikation anbieten können. GVA-Präsident Hartmut Röhl: "Die Fahrzeughersteller kommen diesen gesetzlichen Pflichten nur unzureichend nach. Wir teilen daher Frau Bienkowskas Kritik an den Fahrzeuggenehmigungssystemen der Mitgliedsstaaten. Ein System, in dem EU-einheitliche Regeln von Typgenehmigungsbehörden der Mitgliedsstaaten individuell ausgelegt und angewendet werden können, widerspricht den Zielen, die gerade mit der EU-weiten Regelung erreicht werden sollen: die Harmonisierung der technischen Anforderungen hinsichtlich Emissionen und eine Verhinderung der Störung des Binnenmarktes durch konkrete Verpflichtungen der Fahrzeughersteller beim Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen." Röhl weiter: "Der Vorstoß von EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska, die nationalen Typgenehmigungsbehörden an eine kurze europäische Leine zu nehmen und stärker zu kontrollieren, findet daher unsere volle Unterstützung. Es gilt, effektive Möglichkeiten zur Überwachung der Einhaltung der Regeln auf europäischer Ebene zu schaffen. Damit müssen auch scharfe Kontroll- und Sanktionsmechanismen bei gemeldeten bzw. nachgewiesenen Verstößen verbunden sein."

Quelle und Kontaktadresse:
Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. Pressestelle Gothaer Str. 17, 40880 Ratingen Telefon: (02102) 77077-0, Fax: (02102) 77077-17

(dw)

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