Pressemitteilung | ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie

Gedämpfte Erwartung in der Elektroindustrie / Rückgang um ein bis zwei Prozent erwartet

(Frankfurt/Main) - In der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie kommt es frühestens im zweiten Halbjahr zu einer konjunkturellen Trendwende. Allerdings wird die zweitgrößte deutsche Branche über das Gesamtjahr summiert erneut um ein bis zwei Prozent nachgeben. "Denn selbst wenn es vor dem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund zu einem Wachstum kommt, so kann der Rückgang der ersten Jahreshälfte nicht mehr ausgeglichen werden", prognostiziert Dietmar Harting, Präsident des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. am 11. April. Anlässlich der Jahrespressekonferenz des Verbandes am warnte Harting vor zuviel Optimismus. Zu unkalkulierbar seien die weltpolitischen Entwicklungen, beispielsweise im Nahen und Mittleren Osten, und die damit eng verbundenen Energie- und Rohstoffpreise.

Als unmittelbaren Risikofaktor für die weitere Branchenentwicklung sieht der ZVEI-Präsident die Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie: "Es ist klar", so Harting, "dass ein überzogener Tarifabschluss die Weichen in die falsche Richtung stellen kann und die ersten Erholungstendenzen wieder zunichte macht." So spreche für eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte neben dem statistischen Basiseffekt eine langsame Belebung der Auslandsnachfrage. Die so genannte "Book-to-bill-Ratio", die das Verhältnis zwischen Auftragseingängen und Umsätzen bei Halbleitern darstellt und ein wichtiger Frühindikator für die Branche ist, sei zudem im Februar erstmals über den Wert 1 gestiegen. Zwar verzeichnete die Branche im Februar 2002 im Vergleich zum Vorjahresmonat noch ein Minus von 6,5 Prozent bei den Auftragseingängen. Allerdings entsprach das einer relativen Erholung gegenüber den Monaten zuvor, als die Rückgänge noch deutlich höher waren. Dabei entwickelten sich die Inlandsaufträge mit minus zehn Prozent deutlich schwächer als die Auslandsorders mit minus 1,8 Prozent.

Kontinuierliche Verschlechterung im vergangenen Jahr

Für den Verlauf des vergangenen Jahres waren dem ZVEI zufolge drei Faktoren maßgeblich prägend. "Das Platzen der New Economy-Blase", erläutert Harting, "betraf insbesondere die Informations- und Kommunikationstechniken, aber auch zahlreiche Zulieferindustrien." Zudem habe der gleichzeitige und synchron verlaufene Konjunkturabschwung der wichtigsten westlichen Industrieländer entsprechende Auswirkung gehabt. Und schließlich habe die Branche unter der hartnäckigen Investitionsflaute und der Konsumzurückhaltung gelitten.

2001 war in der Elektroindustrie nach einem Start auf hohem Niveau durch eine kontinuierliche Verschlechterung geprägt. Der Umsatz lag letztlich mit 160,4 Mrd. € um 1,4 Prozent unter Vorjahresniveau. Diese abermalige Abweichung von früheren Prognosen des Verbandes sei im Wesentlichen auf die unerwartet negativen Zahlen zum Jahresende zurückzuführen. Alleine im Dezember gingen die Zahlen mit minus zwölf Prozent drastisch in den Keller. Allerdings erreichte die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie 2001 ein Produktionsplus von 1,1 Prozent. "Das ist", so Harting, "im industriellen Umfeld durchaus bemerkenswert.

Die einzelnen Bereiche der sehr vielschichtigen Branche entwickelten sich dabei sehr unterschiedlich. Zur Stabilisierung trugen die Automatisierungsindustrie mit einem Plus von gut einem Prozent bei, die Energietechnik sowie Gebrauchsgüter, beispielsweise Elektro-Hausgeräte und Produkte der Unterhaltungselektronik, mit jeweils drei Prozent Produktionswachstum. Massive Einbrüche verzeichneten dem ZVEI zufolge die Informations- und Kommunikationstechniken mit einem um vier Prozent gesunkenen Output und Bauelemente, deren Produktion zwar um drei Prozent anstieg, die aber in Folge eines massiven Preisverfalls ein Umsatzminus von zwölf Prozent zu verzeichnen hatten.

Zum Jahresende 2001 arbeiteten in der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie 865.000 Menschen, und damit 1,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Kapazitätsauslastung betrug noch 80 Prozent nach 87 Prozent im Vorjahr. Für das Gesamtjahr ergab sich eine stagnierende Produktivitätsentwicklung bei einem Anstieg der Lohnstückkosten um vier Prozent. "Während unsere Unternehmen im letzten Jahr noch versuchten, Beschäftigung und Know-how trotz des Kostendrucks zu halten", so Harting, "stellt sich nun zunehmend die Frage, wie lange dieser Kurs noch gehalten werden kann." Auch die jüngste ZVEI-Ertragsumfrage bestätige dieses Bild. Danach gingen von den marktseitigen Faktoren, die die Ertragsentwicklung bestimmen, deutlich negativere Einflüsse aus als noch im Herbst.

Strukturelle Reformen erneut angemahnt

Eine nachhaltige Besserung setzt für den ZVEI-Präsidenten ein Angehen der strukturellen Probleme voraus. "Wir brauchen den Mut zum Wandel, endlich die seit Jahren immer wieder diskutierten Aufgaben und Veränderungen entschlossen anzupacken", so der Appell Hartings. Statt der Bereitschaft für Veränderungen sei in der Politik aber nur eine Haltung des Abwartens festzustellen. Selbst offensichtliche Missstände wie im Bildungssystem oder bei der Kompliziertheit des Steuersystems führten nicht zum Handeln. "Bei der Kurierung ausschließlich an den Symptomen ", so Harting, "kommt häufig das Gegenteil heraus." Die niedrige Investitionsquote, die in diesem Jahr in Deutschland zum ersten Mal seit Mitte der fünfziger Jahre auf 20 Prozent gesunken ist, sei alarmierend.

Handelskonflikt mit den USA bereitet Sorgen

Mit Sorge betrachtet die Branche darüber hinaus den Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten. Die ungerechtfertigten Exportsubventionen der USA im so genannten Foreign sales Corporation-Streit hätten genauso wie die Verhängung von Schutzzöllen gegen Stahlimporte zu einer erheblichen Eintrübung des handelspolitischen Klimas geführt. Sollte die EU auf das Nichtumsetzen der USA in ihrer Gesetzgebung mit Gegenmaßnahmen reagieren, könnte die Elektroindustrie massiv betroffen sein. Denn sie importiert in erheblichem Maße Vorprodukte von dort.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. Stresemannallee 19 60596 Frankfurt Telefon: 069/63020 Telefax: 069/6302317

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