Pressemitteilung | Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB)

Geopolitische Risiken belasten die Weltkonjunktur

(Berlin) - Die Weltwirtschaft befindet sich nach wie vor in einer schwachen Verfassung. In den USA und in Europa hat sich das Wirtschaftswachstum zuletzt wieder verlangsamt. Außerdem belastet die hohe Unsicherheit über den Fortgang des Irak-Konflikts die Weltwirtschaft. Das gilt nicht nur mit Blick auf den ausgeprägten Investitionsattentismus und die sinkenden Aktienkurse. Ein Rohölpreis von deutlich über 30 US-$ je Barrel wird – sollte er bis in den Frühsommer hinein Bestand haben – die weltwirtschaftlichen Aktivitäten merklich dämpfen.

Lichtblicke für die Weltkonjunktur kommen aktuell lediglich aus dem asiatischen Raum. In China expandiert die Wirtschaft nach wie vor mit hohen Raten, und in den ostasiatischen Schwellenländern hat im vergangenen Jahr eine bemerkenswerte Erholung eingesetzt. Allerdings deuten harte Preiskämpfe in einigen Branchen dieser Länder bereits auf gewisse Überkapazitäten hin.

Ohne eine Entschärfung des Irak-Konflikts ist zurzeit keine Belebung der Weltkonjunktur zu erwarten. Doch selbst wenn man eine Lösung der Krise bis zum zweiten Halbjahr unterstellt, bleiben beachtliche Risiken für die Weltwirtschaft bestehen. Sie reichen von dem hohen Handelsbilanzdefizit und der massiven Verschlechterung der Budgetposition in den USA über die strukturellen Wachstumsprobleme in Europa bis hin zur Deflation in Japan. Für die Weltkonjunktur ist daher auch im Falle einer relativ zügigen Überwindung des Irak-Konflikts – von einem möglichen konjunkturellen Strohfeuer einmal abgesehen – in diesem Jahr nur mit einer verhaltenen Erholung zu rechnen.

Euro-Raum: Auch 2003 nur schwaches Wachstum

Im Euro-Raum ist das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr lediglich um 0,8 Prozent gestiegen. Das war nicht nur die niedrigste Zuwachsrate seit dem Rezessionsjahr 1993, sondern auch das zweite Jahr in Folge, in dem das Wirtschaftswachstum deutlich hinter der Entwicklung des Produktionspotenzials (2 Prozent bis 2 ½ Prozent) zurückgeblieben ist.

Im vierten Quartal 2002 hat sich das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone auf magere 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal abgeschwächt. Mit Blick auf die geopolitischen Risiken und die weiterhin gedrückten Stimmungsindikatoren ist für 2003 zunächst keine Besserung zu erwarten. Umgekehrt gibt es aber auch keine Anzeichen, die auf ein Abrutschen der Euro-Konjunktur in die Rezession hindeuten.

Aufhellen dürfte sich das Konjunkturbild im Euro-Raum wohl erst bei einer Lösung des Irak-Konflikts und einer allmählichen Belebung der Weltwirtschaft. In den letzten Wochen hat sich der hierfür veranschlagte Zeitpunkt in den meisten Prognosen vom Beginn des zweiten Quartals in Richtung auf die zweite Jahreshälfte verlagert. Aus diesem Grund geht auch die Europäische Zentralbank nicht mehr davon aus, dass das Wachstum im Euro-Raum zum Jahresende wieder die Potenzialrate erreichen wird.

Aus heutiger Sicht ist daher 2003 erneut nur mit einem sehr mäßigen Wirtschaftswachstum im Euro-Raum zu rechnen. Im Jahresdurchschnitt dürfte der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts mit etwas mehr als 1 Prozent nur geringfügig höher ausfallen als im vergangenen Jahr.

Wirtschaftswachstum in Deutschland

In Deutschland ist die Konjunktur ohne jeden Schwung in das neue Jahr gestartet. Zwar lässt der jüngste Anstieg einiger Stimmungsindikatoren auf eine allmähliche Bodenbildung schließen. Doch schon wegen der deutlichen Steuer- und Abgabenerhöhung zum Jahresbeginn ist für das erste Halbjahr jedoch mit keiner grundlegenden Wende der Wirtschaftslage zu rechnen.

Hoffnungen auf eine allmähliche konjunkturelle Belebung sind aus heutiger Sicht frühestens für das zweite Halbjahr angebracht. Sie beruhen allerdings ausschließlich auf einem stärkeren Wachstum der Exporte. Einer zügigen Erholung der Investitionen steht die zuletzt noch einmal gesunkene Kapazitätsauslastung entgegen. Außerdem werden die binnenwirtschaftlichen Konjunkturkräfte durch die steigende Arbeitslosigkeit, die kritische Lage der öffentlichen Finanzen sowie durch die konzeptionslose Wirtschaftspolitik behindert.

Die schlechte Perspektive für die binnenwirtschaftliche Entwicklung ist auch der Grund dafür, dass für die deutsche Wirtschaft selbst unter der Annahme günstiger außenwirtschaftlicher Rahmenbedingungen – also einer Belebung der Weltkonjunktur sowie einem Anziehen der Exporte in der zweiten Jahreshälfte – im Durchschnitt des laufenden Jahres lediglich ein Wirtschaftswachstum von rund ¾ Prozent zu erwarten ist.

Situation am Arbeitsmarkt spitzt sich bedenklich zu

Fast schon dramatisch hat sich die Situation zuletzt am deutschen Arbeitsmarkt zugespitzt. Im Februar waren in Deutschland mehr als 4,7 Millionen Personen arbeitslos gemeldet. Das war nicht nur ein beachtlicher Anstieg gegenüber demselben Vorjahreszeitraum (+ 410.000), sondern zugleich auch der höchste Februarwert seit fünf Jahren.

Noch deutlicher wird die Dramatik am Arbeitsmarkt bei einem Blick auf die saisonbereinigten Zahlen. Hier hat sich der bereits seit Anfang 2001 zu verzeichnende Anstieg in den letzten Monaten merklich beschleunigt. Auch wenn die Zunahme der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit in den nächsten Monaten allmählich wieder nachlassen sollte, ist mit einem Stillstand des Beschäftigungsabbaus in diesem Jahr kaum noch zu rechnen.

An diesem düsteren Ausblick ändert auch die Umsetzung der Reformvorschläge der Hartz-Kommission sowie die geplante Ausweitung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse nichts. Für eine nennenswerte Reduktion der Massenarbeitslosigkeit greifen diese Reformansätze zu kurz. In Deutschland ist daher im Durchschnitt des laufenden Jahres mit deutlich über 4,3 Millionen Arbeitslosen zu rechnen – rund 150.000 Personen mehr, als die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht veranschlagt hat.

Moderate Verbraucherpreise im Euro-Raum und in Deutschland

Die jährliche Preissteigerungsrate in Deutschland pendelt seit dem Frühjahr 2002 zwischen 1,0 und 1,3 Prozent. Obwohl die Inflationsrate von vielen Konsumenten im vergangenen Jahr zeitweise als recht hoch empfunden wurde, herrschte in den letzten zehn Monaten in Deutschland praktisch Preisstabilität.

Angesichts der hohen Rohölpreise könnte die Teuerungsrate in den kommenden Monaten zwar wieder etwas steigen. Der feste Kurs des Euro und die geringen Preisüberwälzungsspielräume der Unternehmen dürften diesen Preisdruck aber in sehr engen Grenzen halten. Im Durchschnitt des laufenden Jahres ist deshalb in Deutschland weiterhin nur mit einer Inflationsrate von rund 1 ½ Prozent zu rechnen.

Auch im Euro-Raum hat der ölpreisbedingte Inflationsdruck kurzfristig wieder etwas zugenommen. Zusätzlich zur Euro-Aufwertung und der schwachen Konjunktur werden in der Währungsunion aber auch günstige statistische Basiseffekte die Preisentwicklung in den kommenden Monaten zügeln. Im Monat März, spätestens jedoch im April, dürfte die Inflationsrate wieder unter die 2 Prozent-Marke sinken.

Sollten zudem die Tarifparteien die trüben Konjunktur- und Beschäftigungsperspektiven in ihren diesjährigen Lohnabschlüssen berücksichtigen, bestehen gute Chancen, dass die Inflationsrate im Euro-Raum in der zweiten Jahreshälfte unter der 2 Prozent-Marke verharren wird. Das gilt erst recht, wenn sich der Irak-Konflikt im Laufe des zweiten Quartals entschärfen und die Rohölpreise wieder nachgeben sollten.

Wechselkurs: Mit gemischten Gefühlen

In den letzten zwölf Monaten hat der Euro gegenüber dem US-Dollar fast 30 Prozent an Wert gewonnen. Gründe für diese Kursentwicklung sind die niedrigeren Zinsen, die schlechteren Renditeerwartungen sowie die hoch defizitäre Handelsbilanz in den USA. Doch auch die Gefahr eines kostspieligen Irak-Kriegs belastet die US-Währung.

Die Aufwertung des Euro wird die preisliche Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und damit das Wirtschaftswachstum in der Währungsunion beeinträchtigen. Das gilt um so mehr, als die Aufwertung sehr rasch erfolgt ist. Angesichts der ohnehin schwachen Konjunkturperspektiven dürfte der schnelle Anstieg des Euro die Geschäftserwartungen belasten. Außerdem birgt der rasche Kursanstieg die Gefahr eines Überschießens des Wechselkurses.

Allerdings spricht auch einiges dafür, die konjunkturellen Belastungen für den Euro-Raum nicht überzubewerten. So stehen den preislichen Wettbewerbsnachteilen Kostenentlastungen durch günstigere Importe von Rohstoffen und Vorprodukten gegenüber. Der Preisdruck im Euro-Raum nimmt weiter ab, und über die Verbesserung der Terms of Trade entstehen Einkommensgewinne. Außerdem spielt für den Außenhandel der Währungsunion die Entwicklung der Weltwirtschaft eine wichtigere Rolle als der Wechselkurs. Aus diesem Grund ist die Abwertung des Dollar auch eine willkommene Korrektur der vorangegangenen Überbewertung der US-Währung. Nur so kann es gelingen, das auch für die Entwicklung der Weltwirtschaft nicht unbedenkliche Handelsbilanzdefizit in den USA einzudämmen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB) Burgstr. 28 10178 Berlin Telefon: 030/16630 Telefax: 030/16631399

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