Pressemitteilung |

Geschäftsjahr 2002 unter schwierigen Vorzeichen / Nüssel: Genossenschaften festigten ihre Marktposition

(Berlin) - Mit einem addierten Jahresumsatz von rund 38 Mrd. Euro (Vorjahr 39,7 Mrd. Euro) haben die Raiffeisen-Genossenschaften als Partner der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft ihre Marktposition gefestigt. „Das Geschäftsjahr stand unter extrem schwierigen Vorzeichen. Trotz eines Rückgangs des landwirtschaftlichen Produktionswerts um 6 Prozent und deutlich gesunkener Gewinne der Landwirte, der in einigen Regionen schlechten Getreide- und Ölsaatenernten sowie der anhaltend schwachen allgemeinen Konjunktur haben die Genossenschaften ihre Leistungsfähigkeit und Kundenorientierung erneut unter Beweis gestellt“, so Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), bei der Bilanzpressekonferenz in Berlin.

Durch striktes Kostenmanagement wurden die mengen- und preisbedingten Umsatzrückgänge weitgehend aufgefangen. „Standorte, Vertriebs- und Produktionsabläufe stehen ständig auf dem Prüfstand, um weitere Kosteneinsparungen zu erzielen. Die Agrarwirtschaft befindet sich im Umbruch. Die Strukturen in Handel und Verarbeitung wachsen im Zuge der voranschreitenden Konzentration in europäische Dimensionen hinaus. Um diesen Veränderungen zu entsprechen, werden die Kooperationen im genossenschaftlichen Verbund ausgebaut“, erklärte der DRV-Präsident. Die Zahl der Genossenschaften ging 2002 um 5,8 Prozent auf 3.423 zurück (Vorjahr 3.632).

Milchwirtschaft: Politik diktiert die Preise

Die genossenschaftlichen Molkereiunternehmen erzielten 2002 einen Umsatz von rund 10 Mrd. Euro (Vorjahr 10,7 Mrd. Euro).

Ein konjunktureller Abschwung beim Drittlandsexport führte im ersten Halbjahr 2002 zu deutlichen Mengenüberhängen am europäischen Milchmarkt. Zum Ausgleich musste die Intervention in beachtlichem Umfang beansprucht werden. Die damit vergleichsweise geringen Erlöse bei Butter und Magermilchpulver bestimmten zunehmend die Preise für andere Milcherzeugnisse. „Im Umfeld einer gedämpften Wirtschaftslage und einer zunehmenden Hinwendung der Verbraucher zum Discount mussten auch die Molkereigenossenschaften in den Verhandlungen mit dem Lebensmittelhandel Abschläge bei Frischmilch und Frischmilcherzeugnissen akzeptieren“, so Nüssel.

Als Folge der niedrigeren Markterlöse gaben zwangsläufig die Erzeugerpreise nach. Im Jahresdurchschnitt betrug der Auszahlungspreis in Deutschland knapp 30 ct/kg bei 3,7 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß. Dies ist ein Rückgang auf das Preisniveau des Jahres 2000.

Für das Jahr 2003 rechnet Nüssel am Inlandsmarkt mit einer stabilen Entwicklung der privaten Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen. Entscheidend für das Marktgleichgewicht wird weiterhin der Drittlandsexport sein, dessen Perspektiven durch die weltpolitische Lage von zunehmenden Unsicherheiten geprägt sind.

Die Molkereien sehen sich in 2003 mit beachtlichen Mehrkosten, u. a. durch die Ökosteuer und die Autobahnmaut, konfrontiert. Diese Steigerungen erfordern entsprechende Anpassungen der Abgabepreise an den Handel.

Vieh- und Fleischwirtschaft im Umbruch

Nach zwei turbulenten von BSE, MKS und ihren weit reichenden Auswirkungen geprägten Jahren haben sich 2002 die Märkte für tierische Erzeugnisse mengenmäßig konsolidiert. Die 117 Vieh- und Fleischgenossenschaften verzeichnen einen preisbedingten Umsatzrückgang auf 6,3 Mrd. Euro (Vorjahr 6,8 Mrd. Euro).

Der verhaltene private Fleischkonsum und das veränderte Einkaufsverhalten der Verbraucher löst bei Vermarktern und dem Lebensmitteleinzelhandel zusätzlichen Wettbewerbsdruck aus. Dieser Trend wird durch den Einstieg der Discounter in das Frischfleischgeschäft weiter forciert. Der Verdrängungskampf unter den Vertriebsschienen im Handel eröffnet zugleich Wachstumsmöglichkeiten im Marktsegment SB-Frischfleisch. Die Genossenschaften haben diese Chancen erkannt und investiert. Sie werden dieses Marktsegment weiter ausbauen.

Die deutsche Fleischwirtschaft steht 2003 vor weiteren tief greifenden Veränderungen. In der genossenschaftlichen Gruppe werden Weichenstellungen vorgenommen, mit denen die Unternehmen ihre bilanzielle und strukturelle Konsolidierung abschließen werden. „Ich erwarte in diesem Jahr eine Beschleunigung des Strukturwandels in der Fleischwirtschaft, da nicht alle Anbieter die steigenden Anforderungen erfüllen können“, erklärte der Raiffeisen-Präsident.

QS-Prüfzeichen setzt sich durch

Die Genossenschaften sind Vorreiter im QS-System und haben QS-Ware im Markt eingeführt. QS ist ein in Europa bislang einmaliges System, weil erstmals alle Prozessstufen der Produktionskette bis hin zum Lebensmitteleinzelhandel in ein durchgängiges Qualitätssicherungs-System eingebunden sind. Die Leitfäden und Prüfkriterien werden jeweils an die gesetzlichen Anforderungen und Erfordernisse des Marktes angepasst. QS orientiert sich an der Zielsetzung des aktiven Verbraucherschutzes durch Dokumentation, Kontrolle und Rückverfolgbarkeit. Mit derzeit über 41.000 Betriebsstätten auf allen Stufen rechnet Nüssel in den nächsten Monaten mit dem QS-Durchbruch im Lebensmittelhandel.



Warenwirtschaft bleibt umsatzstärkste Sparte

Trotz schwacher Konjunkturvorgaben und widriger Erntebedingungen in einigen Regionen Deutschlands war die Geschäftsentwicklung in der Warenwirtschaft insgesamt zufrieden stellend. „Der Rückgang der wertmäßigen Umsätze um 1,7 Prozent auf rund 17,2 Mrd. Euro ist moderat angesichts der außergewöhnlichen Jahreseffekte. Ein mengen- und preisbedingter Einbruch im Energiegeschäft, die enttäuschende Getreideernte sowie die schwache Nachfrage im Einzelhandelsbereich, z. B. bei den 1.500 Raiffeisen-Märkten und im Baustoffhandel, waren wesentliche Einflussfaktoren“, so Nüssel.

Angesichts der negativen Vorzeichen in den sog. Diversifikationssparten haben die Agrarsparten als Kerngeschäft der Raiffeisen-Genossen-schaften wesentlich zu dem stabilen Jahresergebnis beigetragen.

Durch anhaltende Investitionen und Optimierungen im Standort- und Vertriebsmanagement richten sich die Genossenschaften auf veränderte Rahmenbedingungen und globale Marktentwicklungen ein. „Strukturwandel wird nicht als Risiko, sondern als Chance begriffen“, erklärte Nüssel.

Umfangreiche Qualitätssicherungs-Maßnahmen kennzeichnen die Geschäftsentwicklung in der Mischfutterproduktion. Dazu zählen u. a. strenge Kontrollen beim Rohwareneingang, branchenübergreifende Schadstoffmonitorings zur spezifischen Risikoermittlung, zertifizierte Qualitätsmanagement-Systeme, in die auch die Rohstofflieferanten einbezogen sind, sowie HACCP-Konzepte, mit deren Hilfe Gefahrenpunkte im gesamten Produktionsprozess erkannt und beseitigt bzw. kontrolliert werden.

Genossenschaftsweine auf Erfolgswelle

Die 238 Winzergenossenschaften erzielten Umsätze in Höhe von rund 821 Mio. Euro (Vorjahr 829 Mio. Euro). Sie sind mit Qualität und Menge der Weinernte von rund 3,1 Mio. hl (+ 0,3 Mio. hl) zufrieden. Der Weinmarkt befindet sich weiterhin im Aufwärtstrend. Der steigende Verbrauch geht insbesondere auf das Konto roter Rebsorten. Nur 30 Prozent der deutschen Anbaufläche, aber über 50 Prozent des inländischen Konsums entfallen auf Rotweine – Tendenz steigend.

Der Aus- und Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen ist auch im Weinbau vorrangig. Ein bundesweit einheitliches QM-System wird derzeit im Rahmen der „DeutschWeinVision 2020“ erörtert. Immer mehr Winzergenossenschaften honorieren ihre Mitglieder über Bonitierungssysteme und qualitätsorientierte Auszahlungspreise. Lohn der Mehrarbeit im Weinberg sind die Selektionsweine 2002.

Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft: Stabile Umsätze

Die Umsätze der 121 Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften betrugen erneut rund 1,8 Mrd. Euro. Ein deutliches Plus erzielten die Gartenbaubetriebe. Mit 990.000 t war die deutsche Obsternte 2002 witterungsbedingt die schwächste seit vier Jahren. Ernteausfälle in Südeuropa und geringe Lagervorräte sorgten Anfang 2002 für ungewöhnlich hohe Frischgemüse-Preise in Deutschland. Das führte zu einer spürbaren Kaufzurückhaltung. Im Sommer des Jahres folgten zur Freude der Verbraucher und zum Leidwesen der Vermarkter historische Tiefpreise.

Agrargenossenschaften: Nationale Alleingänge schaden

Die 769 Agrargenossenschaften in Ostdeutschland, die dem DRV angeschlossen sind, haben ihre Ergebnisse im Wirtschaftsjahr 2001/02 deutlich verbessert. Die Markterlöse konnten insbesondere durch die sehr gute Ernte des Jahres 2001 im Durchschnitt aller Betriebe um etwa 6,4 Prozent auf annähernd 2 Mio. Euro je Unternehmen gesteigert werden. Trotz dieses positiven Ergebnisses haben die Agrargenossenschaften größeren Veränderungen auf der Erlös- und Kostenseite wenig entgegenzusetzen.

Nüssel kritisierte, dass die Bundesregierung mit Beginn dieses Jahres die Modulation der Direktzahlungen im nationalen Alleingang eingeführt hat. Dabei steht die Entscheidung über eine EU-weite obligatorische Modulation erst 2003 im Rahmen des Mid-Term-Reviews an. Er begrüßte ausdrücklich, dass die EU-Kommission ihre ursprünglichen Pläne zur Kappung der Ausgleichszahlungen aufgegeben hat.

Nach wie vor warten die Agrargenossenschaften auf klare Perspektiven für die endgültige Lösung des seit der Wiedervereinigung bestehenden Altschuldenproblems. Der von der Bundesregierung mehrfach angekündigte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Altschuldenregelung liegt immer noch nicht vor. Nüssel unterstützt die Einführung einer Ablöseregelung. Eine Verschärfung der bestehenden Rangrücktrittsvereinbarung lehnt der Raiffeisen-Präsident mit Nachdruck ab.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Raiffeisenverband e.V. (DRV) Adenauerallee 127, 53113 Bonn Telefon: 0228/1060, Telefax: 0228/106266

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