Pressemitteilung | Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V.

Gesetzentwurf zu "E-Justice" - kein guter Tag für blinde und sehbehinderte Menschen?

(Marburg) - Der Bundesrat berät in seiner heutigen Sitzung unter Tagesordnungspunkt 17 einen Gesetzentwurf zum elektronischen Rechtsverkehr bei den Gerichten. Der Vorsitzende des Deutschen Vereins Blinder und Sehbehinderter in Studium und Beruf e.V. (DVBS), Uwe Boysen, lange Jahre Vorsitzender Richter einer Zivilkammer am LG Bremen und selbst blind, erklärt hierzu:

Dieser Entwurf enthält keine Vorschriften zur Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Menschen. Wenn entsprechende Vorkehrungen frühzeitig getroffen werden, so können auch wir als blinde und sehbehinderte Juristinnen und Juristen problemlos mit elektronischer Datenverarbeitung umgehen und so auch am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen. Leider hat der Gesetzentwurf auf diese berechtigten Belange keinerlei Rücksicht genommen. Die uns hierfür gegebenen Begründungen schwankten zwischen der nachweislich falschen Angabe, das Problem sei bereits in anderen Gesetzen ausreichend geregelt, bis zu dem offenen Eingeständnis, Justizprogramme könnten auf absehbare Zeit nicht barrierefrei gestaltet werden. Das überzeugt uns nicht: Andere Regelungen zur Barrierefreiheit wie diejenigen im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz oder den Gleichstellungsgesetzen der Länder beziehen sich ausdrücklich nicht auf die Justiz. Dass Programme nicht barrierefrei erstellbar seien, halten wir für einen nicht hinnehmbaren Offenbarungseid der Justizverwaltungen.

Bei aller Kritik sehen wir gleichwohl noch Chancen, dass den Belangen blinder und sehbehinderter Menschen, die mit der Justiz kommunizieren müssen, Rechnung getragen wird. Es gibt nämlich im Bundesjustizministerium gleichfalls Entwürfe zur Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs, und hier ist uns vorsichtig signalisiert worden, dass man sich die Aufnahme einer Vorschrift zur Gewährleistung der Barrierefreiheit elektronischer Akten und Dokumente durchaus vorstellen könne. Wir hoffen und rechnen hierfür auch mit der Unterstützung einiger Bundesländer sowie der juristischen Standesorganisationen und nicht zuletzt der Abgeordneten des Deutschen Bundestages.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. Pressestelle Frauenbergstr. 8, 35039 Marburg Telefon: (06421) 94888-0, Telefax: (06421) 94888-10

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