Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Gesundheitsreform: Verbraucher wollen Qualitätstests für Krankenhäuser und Ärzte / Kopfpauschale ohne Mehrheit

(Berlin) - Verbraucher erwarten deutlich mehr Informationen über die Qualität von Krankenhäusern und Ärzten. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des Gesundheitsmonitors 2004, den die Bertelsmann Stiftung am 09. Dezember auf einer gemeinsamen Tagung mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband - vzbv in Berlin vorgestellt hat. Die Befragung gibt auch Auskunft über die künftigen Reformschritte: "Die Politik muss respektieren, dass eine große Mehrheit der Verbraucher auch weiter einkommensabhängige Finanzierung der Krankenversicherung will und einen einheitlichen Pauschalbeitrag klar ablehnt", sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Der Gesundheitsmonitor zeigt: Unabhängig von ihrer parteipolitischen Präferenz sprechen sich die Befragten für zentrale Elemente der Bürgerversicherung aus - Einbeziehung weiterer Einkommensarten in die Beitragsbemessung und Ausweitung der gesetzlichen Krankenversicherung auf Selbständige, Beamte und Gutverdiener. "Die mit großem Aufwand betriebene Diskussion um die Kopfpauschale geht an den Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher vorbei. Den Gesundheitspolitikern ist zu empfehlen, mehr auf das zu hören, was die Versicherten und Patienten selber wollen", erklärte Müller.

So wünschen sich drei Viertel der Versicherten mehr Informationen über Qualität und Effizienz von Krankenhäusern und Ärzten. Auch die Verbraucherzentralen sehen sich täglich mit Fragen konfrontiert, welcher Arzt oder welches Krankenhaus in der Region zu empfehlen ist. "Daten über Qualitätsunterschiede bei Krankenhäusern sind zwar längst vorhanden, werden aber immer noch unter Verschluss gehalten," kritisierte vzbv-Chefin Edda Müller. So stehen Informationen über Qualitätsstandards einzelner Krankenhäuser bisher nur auf Landesebene und nur für die Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen zur Verfügung. Auch die Patientenberatung der Verbraucherzentralen hat hier bisher keinen Zugriff.

Der vzbv forderte, dass die Daten vom neu gegründeten Bundesinstitut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen aufbereitet und öffentlich zugänglich gemacht werden müssten. "Es ist schwer verständlich, warum sich Verbraucher über die Qualität von Verhütungsmitteln oder Bestattungsunternehmen heute besser informieren können als über die Qualitätsstandards bei Hüftoperationen oder Entbindungen", sagte Edda Müller.

Die 2004 in Kraft getretene Gesundheitsreform verlangt an vielen Punkten von den Versicherten und Patienten Verhaltensänderungen. Praxisgebühren, Zuzahlungen zu Arzneimitteln oder der Wegfall der Erstattung bei zahlreichen Medikamenten sollen das Verbraucherverhalten umsteuern. Die neuen Instrumente zeigen offenbar Wirkung. "Bei sinnvollen Anreizen sind die Verbraucherinnen und Verbraucher auch bereit, durch ihr Verhalten Systemverantwortung zu übernehmen", so Edda Müller. Dies zeige der deutliche Rückgang von Facharztbesuchen ohne Überweisung durch den Hausarzt von 60 Prozent in den Vorjahren auf 37 Prozent im zweiten Quartal 2004. Viele Versicherte hätten sich inzwischen an die umstrittene Praxisgebühr gewöhnt und kalkulierten sie in ihr Verhalten ein.

"Nun ist es an der Zeit, neue Versorgungsformen wie etwa die bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung (Integrierte Versorgung) und Hausarztmodelle flächendeckend einzuführen, um sinnvolle Anreize noch stärker zu nutzen", sagte Edda Müller.

Probleme gibt es weiterhin bei den Zuzahlungen für Arzneimittel. So gaben zwei Drittel der kranken Versicherten mit geringem Einkommen an, dass es schwierig sei, die Zuzahlungen aufzubringen. Zwar gibt es eine Begrenzung der Zuzahlungen auf zwei Prozent des Jahreseinkommens und auf ein Prozent bei chronisch Kranken. Probleme bereitet aber die praktische Umsetzung. So müssen viele Patienten den Zwei-Prozent-Anteil des Jahreseinkommens aus ihrem schmalen Monatseinkommen im Januar bestreiten - und geraten damit an die Grenze ihrer Zahlungsfähigkeit. "Hierfür müssen wir schnell eine Lösung finden, damit sich die unguten Erfahrungen von 2004 nicht wiederholen", so Edda Müller.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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