Pressemitteilung | Bund der Versicherten e.V. (BdV)

Historisches Urteil gegen Versicherungswirtschaft / EuGH beschließt: Widerspruchsrecht für Versicherungen gilt unbefristet

(Henstedt-Ulzburg) - Das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist nach Ansicht des Bundes der Versicherten e. V. (BdV) ein historisches Urteil zugunsten vieler Versicherter. Die Folge daraus könnte sein, dass Verbraucher nun auch über das einjährige Widerspruchsrecht hinaus den Vertragsabschluss widersprechen und Beiträge zurückfordern können, so der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil (Az.: C-209/12). "Dies ist eine schallende Ohrfeige für die Versicherungsbranche", stellt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV fest. Der BdV fühlt sich daher nun bestärkt im Kampf für mehr Verbraucherrechte. Er warnt davor, dem Jammern der Versicherer zu viel Gehör zu schenken: "Die Versicherer beginnen, sich als Opfer darzustellen, die Milliarden zu zahlen hätten", so Kleinlein. Tatsächlich sind aber die Verbraucher die Geschädigten. Es wäre besser, wenn sich die Branche jetzt nüchtern der Diskussion um die Folgen des Gerichtsurteils stellen würde.
Hintergrund des Urteils ist das sogenannte Policenmodell. Dies betrifft Verträge, die zwischen 1994 und 2008 abgeschlossen wurden. Dabei gingen die Versicherer stets davon aus, dass der Vertrag spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie geschlossen worden sei - egal ob der Verbraucher jemals eine vollständige Belehrung, eine falsche oder überhaupt eine Belehrung bekommen hat. Der BGH hat nun beim Europäischen Gerichtshof um Klärung gebeten, ob dieses Verfahren mit den Europäischen Richtlinien in Einklang zu bringen ist. "Das höchste europäische Gericht hat entschieden, dass das Policenmodell gegen europäische Richtlinien verstößt", so Axel Kleinlein. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden, welche konkreten Folgen sich daraus ergeben.

Der Vorstandssprecher des BdV warnt jedoch vor überhasteter Panik: "Auf keinen Fall sollten Verbraucher vorschnell handeln und ihren Lebensversicherungsverträgen widersprechen." Manche Altverträge haben noch eine passable Garantieverzinsung von bis zu 4 Prozent, sodass sich nicht immer ein Widerspruch rentiert. Betroffene Verbraucher sollten sich unabhängig und neutral beraten lassen, zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen oder dem Bund der Versicherten.

Zahlenspiele, um wie viele betroffene Verträge es geht und welche Summen die Versicherungswirtschaft eventuell auszahlen müsste sind nach Kleinlein nicht seriös. "Unverantwortlich mit Zahlen um sich zu werfen, gehört nicht in einen so ernsten Sachverhalt. Keiner kann derzeit die tatsächlichen Ansprüche abschätzen." Anstatt über vermeintliche Schadenshöhen zu lamentieren sollte die Versicherungswirtschaft mit sich selbst ins Gericht gehen. "Wir fordern die Versicherungswirtschaft dazu auf, zukünftig den Umgang mit ihren Kunden zu überdenken." Kleinlein weiter: "Transparenz darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein."

Die Versicherer sollten für die berechtigten Forderungen der Verbraucher nach Ansicht des BdV geradestehen. "Ich hoffe, dass endlich einmal die Versicherungsunternehmen selbst die Verantwortung übernehmen", erklärt Kleinlein. Bei ähnlichen Sachverhalten haben die betroffenen Unternehmen in der Vergangenheit hauptsächlich die Überschüsse der Kunden gesenkt, um Managementfehler zu heilen. Somit haben bislang meist die Versicherungsnehmer selbst für die Fehler der Versicherungsvorstände bezahlt.

Quelle und Kontaktadresse:
Bund der Versicherten e.V. (BdV) Pressestelle Tiedenkamp 2, 24558 Henstedt-Ulzburg Telefon: (04193) 99040, Fax: (04193) 94221

(cl)

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