Pressemitteilung | IG BAU - Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt

IG BAU hält am Prinzip der dualen und berufsbezogenen Ausbildung fest

(Frankfurt am Main) - Vor rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Berufsbildungspolitischen Informationstagung in Gladbeck erteilte das für Bildung und berufliche Bildung zuständige Mitglied des Bundesvorstandes der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bärbel Feltrini, all jenen Strategien eine Absage, die „die Bildung und die berufliche Qualifikation ausschließlich in die Verantwortung des einzelnen Arbeitnehmers und in die Verantwortung des einzelnen Betriebes stellen wollen“. Berufliche Erstausbildung, qualifikationserhaltende Weiterbildung und die Aufstiegsfortbildung seien schließlich Sache der gesamten Wirtschaft. Ihre Kosten müssten deshalb von allen Unternehmen aufgebracht werden.

Während in der Bauwirtschaft im Bereich der beruflichen Erstausbildung mit einem Modell der Umlagefinanzierung ein intelligenter und zukunftsweisender Weg der Finanzierung der Ausbildungskosten beschritten wurde, fehlt auf dem Gebiet der Fort- und Weiterbildung eine entsprechende Lösung. Man sollte dabei auf das Modell Frankreich blicken. Dort werden über eine Fonds-Finanzierung, die sich aus Pflichtbeiträgen der Betriebe und aus Steuereinnahmen speise, die Kosten der beruflichen Fort- und Weiterbildung aufgebracht und lebenslanges Lernen ermöglicht, sagte die Gewerkschafterin.

Enttäuscht zeigte sich Bärbel Feltrini über die kontinuierlich ansteigende Zahl von zweijährigen Ausbildungsverträgen in der Bauwirtschaft. „Hier müsse man vermuten, dass die Tarifpolitiker der Unternehmerverbände in der Berufsbildungspolitik den Ton angeben und die Berufsausbildung sich kurzfristigen Gewinninteressen unterzuordnen habe.“

Kritisch verwies die Gewerkschafterin auf den zunehmenden Missbrauch der in der Bauwirtschaft seit langem praktizierten Stufenausbildung zur Durchsetzung von zweijährigen Ausbildungsgängen als Regelausbildung. Dabei werde vergessen, dass die Stufenausbildung aus methodisch-didaktischen Überlegungen geschaffen wurde. Ihr Ausbildungsziel liege in der sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander aufbauenden Stufung der Ausbildung, bis hin zu einem vollständigen Berufsabschluss, wie z. B. Maurer oder Zimmerer. „Den jungen Leuten muss dabei die Sicherheit gegeben werden, dass nach dem Abschluss der ersten Stufe die Ausbildung in der zweiten Stufe fortgesetzt werden kann bis hin zur Erreichung des berufsbezogenen Gesamtabschlusses“, sagte Bärbel Feltrini.

Die europäische Berufsbildungspolitik betreffend verwies Bärbel Feltrini auf die aktuellen Beratungen zur Schaffung eines europäischen Qualifikationsrahmens und eines europäischen Leistungspunktesystems. Dabei begrüßte sie das Anliegen, mehr Transparenz von Qualifikationen auf europäischer und deutscher Ebene herzustellen. Bärbel Feltrini knüpfte die Zustimmung zu einem europäischen Qualifikationsrahmen jedoch an die Einhaltung folgender Bedingungen:

1. Eine Bestandsgarantie für das duale System der Berufsausbildung und das Berufsprinzip in Deutschland.
2. Keine organisatorische Aufgliederung der Ausbildungsordnungen in Module und kleinere zertifizierbare Einheiten, so genannte „Units“, die einzeln erworben und akkumuliert werden können.
3. Keine ausschließliche Orientierung am Outcome-Prinzip, sondern die Absicherung zentraler Lern-Inputs (Ausbildungsinhalte, Lernorte).
4. Beibehaltung der gesellschaftlichen Verantwortung durch Sozialpartner und Staat für die zentralen Lern-Inputs und für den Zugang zu Ausbildungsmöglichkeiten für alle.
Die Letzt-Entscheidung über die Berufsbildungssysteme der EU-Mitgliedsstaaten müssen bei deren Regierungen verbleiben, forderte Bärbel Feltrini vor den Berufsbildungsexperten.

Quelle und Kontaktadresse:
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Bundesvorstand Sigrun Heil, Pressesprecherin Olof-Palme-Str. 19, 60439 Frankfurt am Main Telefon: (069) 95737-0, Telefax: (069) 95737-800

(sk)

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