Pressemitteilung | Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Im Tierversuch wirksam, beim Menschen nutzlos / Medikament Xigris vom Markt genommen

(Braunschweig) - Die Pharmafirma Lilly nahm Ende Oktober 2011 Drotrecogin Alfa, ein Mittel gegen Blutvergiftung, weltweit vom Markt. Zehn Jahre nach der Zulassung hat eine Patientenstudie ergeben, dass das unter dem Handelname Xigris vertriebene Medikament nicht wirkt. Laut dem bundesweiten Verein Ärzte gegen Tierversuche sind Tierversuche der Hauptgrund dafür, dass nutzlose Medikamente produziert werden.

Schon bei der Zulassung im Jahr 2002 war der Wirkstoff Drotrecogin Alfa umstritten, da keine umfassenden Daten für die Wirksamkeit vorlagen. Nach Markteinführung durchgeführte klinische Studien ergaben sogar ein erhöhtes Risiko für Blutungen als schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkung. Trotzdem blieb die in der Intensivmedizin bei schwerstkranken Menschen eingesetzte Substanz auf dem Markt. Nach Abschluss einer weiteren Patientenstudie, der zufolge Patienten mit septischem Schock unter Xigris nicht länger überleben als mit Plazebo, nahm jetzt der Hersteller Lilly das Mittel freiwillig weltweit vom Markt.

"In der Sepsisforschung werden entsetzlich grausame Tierversuche durchgeführt", erklärt Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Um eine Blutvergiftung künstlich zu erzeugen, werden bei Mäusen Löcher in den Darm gestochen, so dass Darminhalt in die Bauchhöhle gelangt und so eine Bauchfellentzündung mit Blutvergiftung hervorgerufen wird. Bei Schweinen werden Bakterien in die Blutbahn injiziert. "Die Tiere erleiden schreckliche Qualen und sterben nach tagelangem Siechtum an Organversagen", berichtet Tierärztin Gericke. "Diese Tierversuche sind nicht nur extrem grausam, sondern für die Medizin auch vollkommen nutzlos. Komplexe menschliche Krankheiten werden dabei auf einzelne Symptome reduziert und in sogenannten "Tiermodellen" nachgeahmt, die jedoch nichts mit der Realität zu tun haben." Sepsis kann beim Menschen beispielsweise durch eine eitrige Wunde, einen Unfall oder eine Lungenentzündung entstehen, wenn krankmachende Bakterien in die Blutbahn gelangen. Sofern durch die Blutvergiftung lebenswichtige Organe versagen, kommt es zum septischen Schock.

Nach Ansicht der Ärztevereinigung sind Ergebnisse aus solchen Tierversuchen nicht auf die klinische Situation in der Humanmedizin übertragbar. Der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA zufolge werden 92 Prozent der im Tierversuch für sicher und wirksam befundenen neuen Substanzen nicht zugelassen. Denn in den anschließenden klinischen Phasen, in denen die Arzneien erstmals am Menschen erprobt werden, stellt sich heraus, dass sie entweder nicht wirken oder schwerwiegende Nebenwirkungen haben. "Tierversuche sind nicht geeignet, um wirksame und sichere Arzneimittel zu entwickeln. Vielmehr gleicht es einem Glücksspiel, bei Mensch und Tier auf eine ähnliche Wirkweise zu spekulieren - das hat mit sinnvoller Wissenschaft nichts zu tun", resümiert Tierärztin Gericke.

Xigris hat es trotz seiner nicht erwiesenen Wirkung auf den Markt geschafft. Ein Behandlungszyklus kostet 10.000 Euro. "Die Pharmaindustrie setzt alles daran, auch unwirksame und gefährliche Medikamente möglichst lange zu verkaufen. Profit ist ihr wichtiger als das Wohl kranker Menschen", ist sich die Tierärztin sicher.

Die Ärztevereinigung hält den Einsatz von menschlichen Zellkultursystemen und anderen tierversuchsfreien Forschungsmethoden aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen für geboten. "So lassen sich sinnvolle, für den Menschen relevante Ergebnisse erzielen", erklärt Gericke abschließend.

Quelle und Kontaktadresse:
Ärzte gegen Tierversuche e.V. Pressestelle Güldenstr. 44a, 38100 Braunschweig Telefon: (0531) 60944791, Telefax: (0531) 60944792

(cl)

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