Pressemitteilung | Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF)

Impfen in der gynäkologischen Praxis - Berufsverband der Frauenärzte stellt Impfleitfaden vor

(München) - Gynäkologen begleiten ihre Patientinnen oft über lange Phasen des Lebens. Ob Verhütung, Vorsorgeuntersuchungen und Schwangerschaften, Frauenärzte sind kompetente Berater in Gesundheitsfragen und insbesondere der Prävention. Da bieten sich Impfungen als eine der wichtigsten Vorsorgemaßnahmen an und mittlerweile stehen Gynäkologinnen und Gynäkologen ganz vorn auf der Liste der Impfenden.

Impfen als Chance – Aufklärung ist wichtig
Wer denkt spontan an Impfungen, wenn der Begriff Vorsorge fällt? Die meisten Menschen tun es nicht. Dabei ist nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Impfschutz die wichtigste gesundheitliche Vorsorge überhaupt. Nicht ausreichend geimpft zu sein, ist ein nicht vertretbares gesundheitliches Risiko, denn zahlreiche Infektionskrankheiten sind auch in einer hoch entwickelten Industrienation wie Deutschland keineswegs ausgerottet. Nach wie vor schützen Impfungen vor vielen schweren und lebensbedrohlichen Erkrankungen, gegen die es (noch) keine wirksame Therapie gibt. Viele Menschen nutzen die angebotene Chance nicht, den vorsorgenden Impfschutz bei sich, ihren Kindern und Angehörigen aufzubauen. Auch notwendige Auffrischungsimpfungen werden häufig vergessen. Ein verbreiteter Grund dafür ist das mangelnde „Impfbewusstsein“ und viele Menschen sind darüber hinaus verunsichert, weil immer wieder vor schädlichen und gesundheitsgefährdenden Impffolgen gewarnt wird. Das Motto sollte deshalb lauten: Impfbewusstsein statt Impfhysterie.
Meistens sind Frauen die „Gesundheitsministerinnen“ in der Familie. Weiß eine Frau um die Bedeutung des Impfens, überzeugt sie meistens Partner, Freunde und Berufskollegen, sich impfen zu lassen und legt auf den lückenlosen Impfschutz der Kinder großen Wert.

Röteln, Keuchhusten, Windpocken und Co
Mehr als 1.160 Masern-Fälle wurden seit Jahresbeginn allein in Nordrhein-Westfalen registriert. Das ist die größte Masern-Epidemie seit Einführung der Meldepflicht 2001. Hinzu kamen rund 40 im Großraum Stuttgart und die gleiche Anzahl wurde in Bayern gemeldet. Damit aber nicht genug: Andere Infektionskrankheiten sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Das Robert-Koch-Institut meldet seit 2003 immer mehr Keuchhusten-, Mumps- (Sterblichkeit 1:10.000) und Röteln-Infektionen. Diese Erkrankungen waren hierzulande fast verschwunden, weil beinahe jeder durch Impfungen geschützt war. Dadurch ist das Krankheitsrisiko in Vergessenheit geraten. Und nur noch 65% der deutschen Kinder wurden gegen Masern, Mumps und Röteln immunisiert. In Bayern liegt die Durchschnitts-Impfrate sogar unter 60%! Sorglosigkeit ist gefährlich. Wir sollten durch die Todesfälle in der Dritten Welt längst gewarnt sein. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO starben allein im Jahr 2002 knapp 300.000 Menschen an Keuchhusten und 2004 mindestens 454.000 an Masern. Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Bei einer von 3.000 Masern-Infektionen tritt laut Statistik eine Hirnhautentzündung auf, an der 20% der Erkrankten sterben und wer überlebt, trägt oft bleibende Schäden davon. Aufgeschreckt durch diese Daten fordern mittlerweile viele Experten auch in Deutschland eine Impfpflicht. In den USA und Skandinavien gelten Masern als weitgehend eliminiert, da diese Länder ungeimpfte Kinder nicht zur Einschulung zulassen.

Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV)
Die bevorstehende Zulassung zweier Impfstoffe gegen Humane Papillomaviren sind ein aktueller Anlass für Gynäkologinnen und Gynäkologen, ihre Patientinnen auf das neue Impfangebot im Besonderen und den notwendigen Impfschutz im Allgemeinen hinzuweisen. Infektionen mit HPV sind die häufigsten sexuell übertragbaren Virusinfektionen. Im Laufe ihres Lebens infizieren sich 70% aller sexuell aktiven Frauen in Deutschland mit HPV. Bisher sind mehr als 120 verschiedene Genotypen des Virus bekannt, von denen etwa 30 für Warzen, Papillome, Präkanzerosen und Malignome vor allem im Genitalbereich verantwortlich sind. Für 99,7% aller Zervixkarzinome (Gebärmutterhalskrebs) sind Humane Papillomaviren verantwortlich. In Europa erkranken mehr als 31.000 Frauen pro Jahr an einem Zervixkarzinom und etwa 13.700 sterben daran. Das heißt: 40 Europäerinnen sterben täglich an Gebärmutterhalskrebs. Er ist nach Brustkrebs die zweithäufigste Todesursache von jungen Frauen. Dazu ein Hinweis: Die HPV-Impfung ersetzt nicht den PAP-Test (vaginaler Zellabstrich mit nachfolgender Papanicolaou-Färbung und zytologischer Untersuchung). Die Impfung verhindert vermutlich 70% der Zervixkarzinome und ist eine Vorsorgemaßnahme, die möglichst im frühen Teenager-Alter erfolgen sollte. Sie bietet nur dann wirksamen Schutz, wenn sie vor einer möglichen Ansteckung erfolgt. Da 34% der Jugendlichen laut einer Umfrage bereits in der neunten Klasse Geschlechtsverkehr haben, sollte die präventive Impfung frühzeitig erfolgen, denn das Risiko einer Infektion steigt mit der Zahl der Sexualpartner. Bei Minderjährigen bis 16 Jahren müssen die Eltern oder Sorgeberechtigten der Impfung zustimmen. Der PAP-Test minimiert das Risiko von Frauen, die bereits mit HPV infiziert worden sind. Daher bietet nur die Kombination beider Maßnahmen eine engmaschige Krebsprävention.

Impfen während der Schwangerschaft?
Frauen mit Kinderwunsch sollten ihren Impfschutz vor Beginn der Schwangerschaft unbedingt überprüfen lassen. Der aktuelle Impfstatus ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Kinderwunsch-Sprechstunde und keine Fertalitätsbehandlung darf ohne kompletten Impfschutz beginnen. Für Frauenärztinnen und Frauenärzte ist es selbstverständlich, bei jeder Patientin zu überprüfen, ob gesundheitliche Gründe vorliegen, die eine Impfung generell oder zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zulassen. Davon gibt es nur wenige, die mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden sollten.

Impfkomplikationen und unerwünschte Nebenwirkungen
Rötungen, Schwellungen und Schmerzen im Bereich der Infektionsstelle, auch erhöhte Temperaturen treten im Allgemeinen in den ersten 48 Stunden nach der Impfung auf und verschwinden wieder. Neben diesen normalen Impfreaktionen sind unerwünschte Arzneiwirkungen äußerst selten. Jedes Symptom, das vom Arzt im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung beobachtet wird, sollte dokumentiert und die Patientin sorgfältig begleitet werden.

Mit einem Impfleitfaden engagiert sich der Berufsverband der Frauenärzte und wirbt für einen lückenlosen Impfschutz. Die Patientinnen werden aufgefordert, beim nächsten Besuch in der frauenärztlichen Praxis das wichtige Vorsorgethema anzusprechen, fehlende Impfungen nachzuholen und Auffrischungsimpfungen nicht zu vergessen.

Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) Maria-E. Lange-Ernst, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Pettenkoferstr. 35, 80336 München Telefon: (089) 244466-0, Telefax: (089) 244466-100

(bl)

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