Pressemitteilung | Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)

Inlandsmarkt mit Zuwachs von 1,4 Prozent im 1. Halbjahr verhalten - 3,4 Mio. Pkw-Neulassungen im Gesamtjahr / VDA erwartet Produktions- und Exportrekord in 2006

(Frankfurt) - Die deutsche Automobilindustrie rechnet im Gesamtjahr 2006 mit einem neuen Export- und Produktionsrekord. Bei den Neuzulassungen in Deutschland erwartet der VDA – nach 3,34 Mio. Pkw im Vorjahr – für das Gesamtjahr ein Volumen in der Größenordnung von 3,4 Mio. Pkw. Im ersten Halbjahr wurden knapp 1,74 Mio. Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Zuwachs von 1,4 Prozent.

„Der nochmalige Exportschub bei Pkw stellt die eigentliche erfreuliche Überraschung des ersten Halbjahres 2006 dar und ist die beste Visitenkarte für unsere erfolgreiche Modellpolitik“, betonte Prof. Dr. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf der Halbjahres-Pressekonferenz des VDA in Frankfurt. Hohe Zuwächse in den USA, in Asien – insbesondere in China - sowie in den neuen EU-Ländern zeigen, dass der Export inzwischen „unser Paradestück“ geworden ist. „Wir gehen davon aus, dass wir mit über 3,8 Mio. Pkw im Gesamtjahr 2006 erneut einen historischen Exportrekord erzielen werden“, so Prof. Gottschalk. Im ersten Halbjahr wurden mit gut 2 Mio. Pkw 4 Prozent mehr exportiert.

Dem gegenüber fahre die deutsche Pkw-Konjunktur zwar mit höherem Tempo, aber noch immer nicht mit „voller Kraft voraus“. Prof. Gottschalk: „Sie ist die Hauptbetroffene der dramatischen Verteuerung der Mobilitätskosten in unserem Land und leidet nach wie vor unter der Verunsicherung in weiten Bereichen der Konsumgüterindustrie. Die Dimension des Kaufkraftverlustes durch Steuern, Abgaben oder Ölpreisexplosion führt bei den Automobilkunden immer stärker zu einem ‚Vorsichtsverhalten’, das zum ‚Konjunkturblocker wider Willen’ werden kann. Autofahren darf nicht steuerlich zur unerschwinglichen Luxus gemacht werden.“

Bereits im Vorjahr mussten die Bundesbürger 7 Mrd. Euro mehr an der Zapfsäule abgeben, ihr Tankvolumen zu Preisen des Jahres 2004 gerechnet. Dieser Kaufkraftverlust setzt sich unvermindert fort: Allein 3,3 Mrd. Euro fehlen bereits im 1. Halbjahr 2006. Die Mehrwertsteuererhöhung wird allein an der Zapfsäule den Autofahrer noch einmal 2 Mrd. Euro Kaufkraft kosten – Autokauf, Reparatur und Wartung sowie Versicherungssteuer eingerechnet sogar bis zu 4,8 Mrd. Euro. Die Änderung der Entfernungspauschale schlägt mit weiteren 2,5 Mrd. Euro zu Buche. Vor diesem Hintergrund sei der erreichte leichte Zuwachs bei den Pkw-Neuzulassungen im 1. Halbjahr von 1,5 Prozent auf über 1,7 Mio. Pkw als „beachtlicher Stabilitätserfolg“ zu werten.

Mit dem deutschen Marktverlauf zeigte sich der VDA-Präsident „noch nicht wirklich zufrieden“: „Noch immer grassiert der Nachlass-Bazillus. Der Attentismus bei privaten Kunden ist groß. Der ‚Wartesaal’ ist überfüllt. Nicht die Leidenschaft für das Auto ist das Problem, sondern der Leidensdruck hoher fiskalischer Lasten des Autofahrers. Wir hoffen, dass sich der Auftragsstau bald löst und die Verunsicherung in eine breit angelegte ‚Vertrauenskonjunktur’ einmündet.“

Während die private Nachfrage im bisherigen Jahresverlauf stagniert, wächst der gewerbliche Sektor mit über 5 Prozent und ist die Domäne der deutschen Marken mit einem überdurchschnittlichen Marktanteil von 76 Prozent. Prof. Gottschalk betonte: „Ohne dieses ‚gewerbliche Ausgleichsventil’ gegenüber den stagnierenden privaten Verkäufen sähe es im deutschen Markt weitaus schwieriger aus.“

Das 1. Halbjahr brachte aber auch durchaus „vorzeigbare Ergebnisse“: „Unsere Modelle kommen gut an; es gibt kaum ein Segment, in dem wir nicht die Marktführerschaft haben; das Premium-Segment konnte verteidigt, das Einstiegssegment erobert werden. Der Inlandsmarktanteil der deutschen Marken liegt stabil bei 69 Prozent. Es sieht ganz so aus, als ob sich die Importkonkurrenz zum großen Teil selbst kannibalisiert. Wir gewinnen Marktanteile auf wichtigen Märkten und haben die Franzosen und Japaner auf Distanz gehalten. Der Umsatz ist kräftig um 8 Prozent (bis April) gestiegen. Wir haben bei Patenten und Forschung und Entwicklung gepunktet. Wir haben am Standort Deutschland mit neuen Investitionen und Produktentscheidungen Zeichen gesetzt.“

Das Nutzfahrzeuggeschäft brummt. Im 1. Halbjahr stiegen die Neuzulassungen von Lkw über 6 t um 18 Prozent, der Transporterabsatz um 14 Prozent. Die Produktion von Lkw bis 6 t legte um 7 Prozent zu, die Herstellung von schweren Lkw erreichte nur aufgrund der voll ausgereizten Kapazitäten nicht ganz das hohe Vorjahresniveau (minus 3 Prozent). Prof. Gottschalk sieht damit beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche IAA Nutzfahrzeuge: „Unsere Nutzfahrzeug-Unternehmen haben schlichtweg einen ‚grandiosen Lauf’.“
Mögliche Vorzieheffekte auf dem deutschen Pkw-Markt aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung wollte Prof. Gottschalk nicht überbewerten: „Zwar wird es in der zweiten Jahreshälfte verstärkt zu Aktionen und Marketingmaßnahmen kommen, man sollte diesen Effekt auf den Gesamtmarkt aber auch nicht überschätzen. Er wird sich vielleicht eher im Auftragseingang zum Jahresende als in einer plötzlichen Zulassungswelle niederschlagen.“ Finanzierungs- oder Leasingangebote würden „so attraktiv gestaltet“ sein, dass es Ende 2006 nicht unbedingt zu einer „langen Nacht am Zulassungsschalter“ kommen müsse. Prof. Gottschalk: „Wir rechnen zwar mit einer ‚Marketing-Offensive’ und einer gewissen ‚Auftragswelle’, der Pegelstand der Automobilkonjunktur wird sich jedoch eher kontinuierlich, aber nicht sprunghaft verändern. Wir rechnen – nach 3,34 Mio. Pkw im Vorjahr – im Gesamtjahr 2006 mit einer Größenordnung von 3,4 Mio. Pkw.“

Die Pkw-Produktion ist im 1. Halbjahr um 2 Prozent auf nahezu 2,8 Mio. Einheiten gestiegen. Die Kapazitätsauslastung bei Pkw liegt bei ca. 90 Prozent. Prof. Gottschalk: „Wir gehen davon aus, dass die Fertigung im Gesamtjahr 2006 mit rund 5,4 Mio. Einheiten 1 Prozent über dem Vorjahr liegen wird. Auch das wäre ein neuer Rekord.“

Er erwartet vor allem vom Diesel-Segment eine Marktbelebung, nachdem sich die Partikelfilter- und Feinstaub-Hysterie gelegt hat: „Der Markt hat eine vorübergehende Delle, aber keine nachhaltige Strukturveränderung erfahren.“ Im bisherigen Jahresverlauf stieg der Absatz von Diesel-Pkw um 4 Prozent. Damit erreicht der Diesel-Anteil an den Neuzulassungen mit knapp 44 Prozent ein Niveau, das um 1 Prozentpunkt über dem des 1. Halbjahres 2005 liegt. Prof. Gottschalk: „Wir sehen den Diesel-Anteil in den nächsten 5 Jahren in Richtung auf 50 Prozent marschieren.“

Die deutschen Marken halten derzeit einen Diesel-Marktanteil von 77 Prozent. Sie haben darüber hinaus die Marktführerschaft bei Partikelfiltern: 86 Prozent aller neu zugelassenen Diesel-Pkw mit Filter sind deutsche Marken. Über 250 Modelle und Modellvarianten mit Filter sind im Angebot. In den letzten 18 Monaten wurden 1,4 Mio. Partikelfilter hier produziert und 1 Mio. Pkw mit Filter in Deutschland zugelassen. „Nicht die deutschen Hersteller haben den Clean Diesel verschlafen, sondern der Gesetzgeber die steuerliche Förderung“, unterstrich der VDA-Präsident. Nach längst abgeschlossenen Entwicklungsarbeiten im Markt stehe nun ein großes Angebot an Nachrüstlösungen zur Verfügung, alle Vorkehrungen seien getroffen, damit eine breit angelegte Nachrüstaktion starten könne.

Der VDA-Präsident sprach sich zudem für eine CO2-basierte Kfz-Steuer aus. CO2 sei gegenüber Hubraum die geeignetere Bemessungsgrundlage. Prof. Gottschalk: „Wir stehen diesem Vorhaben aufgeschlossen gegenüberstehen, wann immer sich die Bundesländer dazu bereit erklären.“ Eine richtig gemachte CO2-basierte Kfz-Steuer könne zur Erneuerung des Fahrzeugbestandes beitragen, dessen Durchschnittsalter bei 96 Monaten liegt. Ein Drittel des Gesamtbestandes sind heute Fahrzeuge, die älter als 10 Jahre sind. Die künftige Steuer dürfe allerdings keine diskriminierenden Elemente gegen einzelne Fahrzeugsegmente enthalten: „Schließlich ist es der Umwelt egal, aus welchem Auspuff ein Gramm CO2 kommt. Der Grundsatz muss heißen: Jedes Gramm CO2 zählt für die Steuer gleich“, so Prof. Gottschalk.

Die deutsche Automobilindustrie sei Trendsetter bei der Strategie „weg vom Öl“. Prof. Gottschalk: „Unsere Bereitschaft, über die bisherige Beimischungsgrenze von 5 Prozent auf 10 Prozent zu gehen, hat unsere Entschlossenheit deutlich gemacht, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Wer allerdings A sagt zur langfristigen Entkoppelung von fossiler Energie, muss auch B sagen zur steuerlichen Förderung CO2-neutraler Biokraftstoffe der 2. Generation – und zwar länger als es bisher vorgesehen ist! Wir erwarten von der Bundesregierung ein Steuerkonzept, das vor allem die richtige Weichenstellung für die langfristige Konzeption einer nachhaltigen Mobilität zum Ausdruck bringt.“

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) Eckehart Rotter, Leiter, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Westendstr. 61, 60325 Frankfurt am Main Telefon: (069) 975070, Telefax: (069) 97507261

(bl)

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