Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

"Kein Wettbewerb um die härtesten Gesetzesverschärfungen" / DAV-Präsident besorgt über die politische Diskussion in Deutschland

(Berlin) - Anlässlich des DAV-Jahresauftaktes 2016 ruft der Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV) Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg die Politik zur Besonnenheit auf. Notwendig sei ein wehrhafter Rechtsstaat, der sich durchsetzt und auch verteidigt. Dazu gehört auch, die Persönlichkeitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger zu wahren. Bei allen Diskussionen muss der Respekt im Umgang mit jedem, ob Polizei, gegenüber der Justiz, den geflüchteten Menschen, der Maßstab sein.

Menschen, die Opfer von Flucht und Vertreibung sind, sollen in Deutschland Schutz und Recht finden. Die Geschehnisse in Köln fordern den Rechtsstaat. Justiz und Polizei müssen vorurteilslos ermitteln und aufklären. Politischer Aktionismus ist keine Lösung.

"Wir dürfen auch nach den Ereignissen in Köln das rechtsstaatliche Vorgehen nicht aus den Augen verlieren. Es darf keinen Wettbewerb um die härtesten Gesetzesverschärfungen geben", so der DAV-Präsident Schellenberg. Beinahe täglich kämen neue Ideen, wie weit die Voraussetzungen für die Aberkennung des Aufenthaltsrechts von Asylbewerbern bei einer rechtskräftigen Verurteilung abgesenkt werden können. Vorschläge zur verschärften Videoüberwachung und verdachtsunabhängigen Personenkontrolle verdeutlichen, dass die Politik keinen kühlen Kopf behalte. "Dieser ist in der jetzigen Situation aber dringend angebracht", hebt Schellenberg hervor.

Die Überlegung, dass eine Bewährungsstrafe künftig ausreichen soll, um Menschen den Flüchtlings- oder Asylstatus zu verweigern oder abzuerkennen, lehnt der DAV entschieden ab. Dieser Vorschlag verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Diese erlaubt die Ausweisung von Flüchtlingen nur unter der Bedingung, dass der Betreffende eine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit darstellt. Die Aussetzung der Strafe zur Bewährung belegt aber gerade, dass eine solche Gefahr nicht besteht. Bisher ist es so, dass ein Asylbewerber, Flüchtling oder Asylberechtigter zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden sein muss. Hierzu der DAV-Präsident: "Wegen der Festlegung der Genfer Flüchtlingskonvention lässt sich diese Grenze nicht beliebig absenken. Eine Bewährungsstrafe reicht sicher nicht."

Mit Blick auf die Vorfälle in der Silvesternacht fordert der DAV mehr öffentlichen Rückhalt für die Polizei, eine bessere Ausstattung und eine angemessene Bezahlung. Außerdem muss eine Wertediskussion stattfinden über den Umgang in einer Gesellschaft miteinander. "Respekt ist der Schlüsselbegriff und sollte im Zentrum der aktuellen Debatte stehen", so Schellenberg weiter. Ein Mehr an Respekt vor Polizeibeamten kann man nicht mit einem neuen Straftatbestand erreichen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(dw)

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