Pressemitteilung | Branchenverband Steinkohle und Nachbergbau e.V.

Klimavorsorge: Masterplan oder Desasterplan?

(Essen) - Bis 2050 soll weltweit die Nutzung von Kohle, Öl und Gas weitgehend, die der Kernenergie vollständig beendet werden: Konkret - fast alle Energiequellen der heutigen globalen Energieversorgung müssten aufgegeben werden. Die Weichen dafür sind innerhalb der nächsten 10 Jahre zu stellen. Das sind Kernpunkte der Studie "Globale Energie-(R)Evolution" von Greenpeace und EREC, dem europäischen Dachverband der regenerativen Energien.

Diese Studie ist kürzlich als "Masterplan" zur Abwendung des Klimawandels präsentiert worden. Behauptet wird, mit diesem Masterplan könne der weltweite CO2-Ausstoß bis 2050 halbiert und die globale Klimaerwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt werden. Solche Vorstellungen werden gegenwärtig in den Medien und Teilen der Politik intensiv verbreitet, obwohl sie fern der Realität und energiepolitisch gefährlich einseitig sind. Ohne das Anliegen der globalen Klimavorsorge in Abrede zu stellen: Solche extremen und "revolutionären" Versprechungen münden in einen Desaster- und nicht in einen Masterplan. Auch wohlwollende Kommentare haben festgestellt, dass die Studie, die Greenpeace und EREC bei einigen geneigten Forschungsinstituten als "Machbarkeitsstudie" beauftragt hatten, "erkennbar eilig zusammengeschrieben ist" und "Dutzende Fehler" enthält, weil sie vermutlich unbedingt noch vor der Veröffentlichung des neuen Berichts des Weltklimarats IPCC erscheinen sollte (siehe Süddeutsche Zeitung vom 26.1.07).

Denn grundsätzliche Bedenken bestehen: Lässt sich allein durch energiepolitische Maßnahmen - die zudem weltweit abgestimmt sein müssten - das hochkomplexe und auch einem natürlichen Wandel unterliegende Klimageschehen der Erde von der Menschheit derart beeinflussen, dass die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius begrenzt werden kann? Doch damit befasst sich die Studie erst gar nicht. Als Voraussetzung für die "globale Energie-(R)Evolution" à la Greenpeace und EREC wird der massive Ausbau regenerativer Energien im Zusammenspiel mit einem weltweit drastischen Energiesparen angesehen. Statt einer Zunahme des Weltenergieverbrauchs um 92 Prozent bis 2050, wie es die Internationale Energie-Agentur (IEA) in ihrem Trendszenario vorhersagt, hält die Greenpeace/EREC-Studie absolute Einsparungen gegenüber heute um rd. 3 Prozent für möglich, also eine Halbierung gegenüber dem Trend. Das alles soll möglich sein ohne negative Auswirkungen für das Wirtschaftswachstum - trotz einer Verdreifachung des heutigen Energiepreisniveaus, trotz eines erwarteten Anstiegs der Weltbevölkerung von heute 6,3 auf dann 8,9 Mrd. Menschen und trotz einer dabei rechnerisch erforderlichen Absenkung der Pro-Kopf-Emissionen der Menschheit um gut zwei Drittel. Ein schlüssiger Nachweis dieser Behauptungen wird nicht geführt.

Es sind jedoch nicht nur handwerkliche Mängel, die jeden Sachkundigen schnell stutzig werden lassen. Überdeutlich ist nämlich vor allem eines: Der "Masterplan" von Greepeace/EREC ist in erster Linie ein gewaltiges Verkaufsförderungsprogramm für die erneuerbaren Energien. Ein umfassendes Klimavorsorgekonzept oder eine Bewertung der Erfolge und Misserfolge der bisherigen internationalen Klimapolitik behandelt die Studie gar nicht. Außer exorbitantem Energiesparen sowie einem (bis 2050 auf das Fünffache) steigenden "CO2-Preis" - die Maßnahmen dafür werden allerdings offen gelassen - zielt die Studie einzig und allein auf den Ausbau der erneuerbaren Energien als klimapolitisches Patentrezept. Diese würden schrittweise "wirtschaftlich"- wovon sie heute noch weit entfernt sind -, wenn konventionelle Energiequellen als Konkurrenzenergien entsprechend massiv verteuert würden. Das ist die simple ökonomische Zwecklogik der Studie.

Durch diese Setzungen ermöglicht es das Szenario, dass in der Modellrechnung bis 2050 die Hälfte des weltweiten Primärenergieverbrauchs aus regenerativen Energien gedeckt wird (heute 13 Prozent). In der Stromerzeugung wären es sogar etwa 70 Prozent und im Wärmesektor 65 Prozent. Lediglich im Verkehrssektor hält die Studie so
große Anteile bis 2050 nicht für möglich, auch wenn Biokraftstoffe verstärkt zum Zuge kommen sollen. Im Bereich der Stromerzeugung ergeben sich daraus bei einzelnen Arten von erneuerbaren Energien indessen gigantische Zuwachsraten. Die ohne Absicherung durch konventionelle Kraftwerke gar nicht verlässlich einsetzbare Windkraftkapazität würde gemäß diesem Masterplan weltweit um 9.000 Prozent (!) gesteigert und damit zur bedeutendsten Energiequelle in der globalen Stromerzeugung vor der heute noch extrem teuren und völlig unbedeutenden Stromerzeugung auf solarer Basis, die noch höhere Zuwachsraten hätte.

Damit das alles gelingen kann bzw. "um die Energie-(R)evolution Wirklichkeit werden zu lassen" und "einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden", müssten aber unbedingt auch folgende Voraussetzungen geschaffen werden (wörtliches Zitat):

- "Die Verabschiedung rechtlich bindender Ziele für erneuerbare Energien;

- Die Gewährung einer festgelegten und sicheren Rendite für Investoren;

- Der garantierte bevorzugte Zugang zum Stromversorgungsnetz für Stromerzeuger aus erneuerbaren Energien."

Das wäre wohl der Wunschtraum jedes Unternehmens und jedes Wirtschaftszweigs: Dauerhaft garantierter Absatz und fester, staatlich garantierter Gewinn unter Befreiung von nahezu allen Marktrisiken, und das weltweit. Hinsichtlich der Instrumente zum Erreichen dieser Ziele wird eine ganze Reihe von Möglichkeiten dargelegt die sogar in Kombination eingesetzt werden sollen: Die Palette reicht von (stetig zunehmenden) Abnahmequoten und festen Einspeisevergütungen bis hin zu spezifischen Investitionshilfen und Steuererleichterungen.

Während für die regenerativen Energien also jegliche Subventionierung unterstützt wird, soll sie für andere Energieträger verboten werden. Eine Abwägung der Ziele, die der Rechtfertigung der Subventionen dienen, erfolgt nicht. Das Umweltziel wird über alles gestellt. Ausdrücklich sieht die Studie als weitere Voraussetzung an: "Ausstieg aus allen Subventionen für fossile Brennstoffe und Atomkraft sowie die Internalisierung der externen Kosten". Dabei
wendet sich die Studie gegen alle Subventionen für konventionelle Energien weltweit, die sich nach UN-Angaben auf ca. 250-300 Mrd. US-Dollar belaufen sollen. Besonders hervorgehoben werden davon jedoch 63 Mrd. US-Dollar, die nach Berechnungen des Worldwatch Institute weltweit an Kohlesubventionen gewährt werden. Wie diese Zahlen berechnet worden sind, bleibt allerdings unklar. Laut Studie entfallen davon allein auf Deutschland 21 Mrd. US-Dollar. Der deutsche Steinkohlenbergbau hat aber 2006 nur 2,5 Mrd. Euro an öffentlichen Hilfen erhalten. Darin sind die Beihilfen zur Deckung von Stilllegungsaufwendungen und Altlasten einbezogen, die nichts mit der laufenden Produktion zu tun haben. Auf die Steinkohlenförderung entfiele hierzulande somit nur ein Bruchteil der von der Studie kritisierten Kohlesubventionen.

Zu diesen werden hier demnach die im Marktpreis nicht berücksichtigten "externen Kosten" gezählt, die auch bei der Nutzung der Braunkohle und der Importsteinkohle anfallen. Unter "externen Kosten" versteht die Studie generell allein die den fossilen Energieträgern zugerechneten negativen Umwelt- und Klimawirkungen; nicht aber die weitreichenden Umweltbeeinträchtigungen, die mit dem Ausbau der regenerativen Energien auf breiter Front einhergehen würden. Das sind beispielsweise der enorme Flächenverbrauch und die Landschaftszerstörungen wie bei Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen. Ebenso zu nennen: Die ökologische Problematik erhöhter land- und forstwirtschaftlicher Produktion oder Abfallnutzung - denn genau das stellt die bislang hierzulande größte erneuerbare Energiequelle dar, die Biomasse.

CO2-freie (und weitaus kostengünstigere) technologische Alternativen zu den erneuerbaren Energien werden von der Studie strikt ausgeschlossen. Das gilt zum einen für die Kernenergie wegen ihrer bekannten anderweitigen Umweltrisiken. Zum anderen sind nach Ansicht von Greenpeace aber auch "jegliche Absichten zur CO2-Abscheidung und -lagerung (mit denen eine weitgehend CO2-freie Nutzung von Kohle oder Gas möglich werden könnte) abzulehnen". Die dafür vorgeschobenen Umweltgründe sind jedoch wenig belastbar. Auch hier wird ideologisch und nicht sachlich argumentiert.

Geopolitische Risiken werden komplett ausgeblendet, weshalb auch bedenkenlos auf eine Ausweitung des Erdgaseinsatzes und damit von Erdgasimporten sowie sonstigen Energieimporten gesetzt wird. Verschwiegen wird, dass auch und gerade bei den erneuerbaren Energien Probleme mit der Versorgungssicherheit bestehen wegen ihrer Unstetigkeit infolge ihrer großen Abhängigkeit vom Naturgeschehen, erst recht bei der angenommenen Zunahme von Wetterextremen durch den Klimawandel.

Fazit: Nachhaltigkeit wird einseitig und eng definiert, negative Einwirkungen durch erneuerbare Energieträger werden verschwiegen. Die Auswirkungen des Masterplans auf die Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und auch Umweltverträglichkeit der Energieversorgung sind zweifelhaft: Überhaupt nicht erwähnt werden die damit verbundenen tiefgreifenden ökonomischen und sozialen Verwerfungen wie etwa der zwangsläufige Verlust hunderttausender bestehender Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft und Industrie in Deutschland. Grundlage für eine verantwortliche Klima-, Umwelt- und Energiepolitik kann das nicht sein.

Quelle und Kontaktadresse:
Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus Andreas-Peter Sitte Rellinghauser Str. 1-11, 45128 Essen Telefon: (0201) 17701, Telefax: (0201) 1774288

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