Pressemitteilung | Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)

Kommunen und Sportvereine als Partner in der Finanzkrise / DSB-Präsident beim Stuttgarter Sportkongress für Allianz der Vernunft

(Frankfurt am Main) - Eine Allianz der Vernunft „mit kulturellen und sozialen Einrichtungen, die die Kommunen gegenüber Bund und Ländern unterstützen“, dies forderte der Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, auf dem 4. Stuttgarter Sportkongress am vergangenen Wochenende. Rund 2.400 Teilnehmer interessierten sich für die sportorganisatorischen und -praktischen Angebote, die der Schwäbische und der Deutsche Turner-Bund für die drei Tage auf die Beine gestellt hatten. Die Kommunen spielen als Vereinsförderer die mit Abstand wichtigste Rolle.

Schätzungen gehen davon aus, so von Richthofen, dass 80 Prozent der gesamten staatlichen Sportförderung von den Kommunen geleistet werde. Sie bauten und betrieben im Idealfall Sportanlagen und stellten sie den Vereinen zur Verfügung – in den meisten Fällen immer noch kostenlos. Außerdem erleichterten die kommunalen Sportämter den Vereinen die Arbeit. Allerdings: „Die jahrzehntelang überwiegend problemlose und mancherorts sogar hervorragend funktionierende Beziehung und Partnerschaft droht zur Zeit durch die finanzielle Auszehrung der Kommunen ernsten Schaden zu nehmen“, sagte von Richthofen. Die finanzielle Krise der Kommunen werde schnell auch zur Krise des Sports, besonders weil die Kürzungen die freiwilligen Aufgaben, wie die Sportförderung, überproportional treffen werden.

Der Staat würde sich einen „Bärendienst“ leisten, wenn die Gesamtstruktur der deutschen Vereinslandschaft in ihrer Funktion auch nur beeinträchtigt würde. Denn die öffentlichen Zuschüsse würden besonders bei den Sportvereinen auf einen fruchtbaren Boden fallen. Beispielsweise müssten wesentlich mehr als die gegenwärtig anfallenden 240 Milliarden Euro für die Gesundheit aufgewendet werden, wenn es die gesundheitsorientierten Programme der Vereine nicht gäbe. Gerade auch in Zeiten, in denen von deutschen Bürgern mehr Eigeninitiative gefordert werde, seien die Vereine Vorbilder.

Der DSB-Präsident wörtlich: „Sie ergreifen Eigeninitiative und übernehmen vor Ort engagiert einen umfassenden sozialen Auftrag. Sie erweisen sich als kompetente Krisenbewältiger und jederzeit handlungsfähige Partner bei der Überwindung gemeinnütziger Probleme.“ Deshalb forderte von Richthofen eine „intakte infrastrukturelle und finanzielle Grundausstattung“ der Vereine, damit sie ihren umfassenden Beitrag zur Bürgergesellschaft weiter leisten könnten. Nur mit dieser subsidiären Unterstützung könne der Sport Deutschland weiterhin gut tun, wie es der Slogan der DSB-Gesellschaftskampagne verspricht.

Die Zusammenarbeit zwischen Vereinen und Kommunen wurde in einigen der rund 90 Workshops zum Thema „Führungspraxis und Sportmanagement“ behandelt. So stellte Silvia Schenk, Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer und früher Frankfurter Sportdezernentin, die Hauptprobleme von Kommunen und Sportvereinen gegenüber und sah Parallelen. Beide müssten ihre Finanzen und die Infrastruktur sichern sowie ihre Verwaltung verschlanken. Auch beim Thema Bürgerkommune und Rekrutierung Ehrenamtlicher oder sozialer Zusammenhalt in der Kommune und soziale Profilierung der Sportvereine gäbe es gemeinsame Interessen. Im Bereich der Finanzen schlug sie einen Schulterschluss zwischen Kommunen und Vereinen gegenüber Bund und Ländern vor. „Viele Kommunalpolitiker haben auf Grund der Haushaltslage überhaupt keine andere Wahl als die Sportförderung zu kürzen“, sagte Silvia Schenk, „wir müssen uns von manchem Liebgewonnenen verabschieden.“

Allerdings müsse es eine überregionale Bedarfsplanung geben, damit von drei Schwimmbädern, die von der Schließung bedroht sind, zumindest eines gerettet werden könne. Eine derartige Bedarfsplanung könne auch zu einer nachhaltigeren Nutzung von Sporthallen und -plätzen führen. „Wir brauchen mehr Qualität als Quantität in unseren Sportstätten“, sagte Silvia Schenk.

Professor Volker Rittner plädierte in seinem Referat für eine innovative kommunale Sportpolitik. Es reiche nicht mehr aus, pauschal zu behaupten, dass Sport gesund sei oder einen Beitrag zur Gewaltprävention bei Jugendlichen leiste, sagte der Sportwissenschaftler von der Deutschen Sporthochschule Köln. Auf Grund der gestiegenen Kriterien bei der Vergabe von Fördermitteln müsse sich der Sport darauf einstellen, dass er diese Effekte auch nachweisen müsse. Auch Silvia Schenk sprach von einer Leistungsvereinbarung zur Aufgabenerfüllung und einem Controlling. Volker Rittner attestierte dem Sport eine erstaunliche gesellschaftliche Bedeutungssteigerung sowie ein quantitativ und qualitativ hochwertiges soziales Kapital.

Im krassen Gegensatz dazu stehe der Sport in den Kommunen in der Regel in einer defensiven Position. An vielen kommunalen Entscheidungsfindungen seien Sportvereine und -verbände nicht beteiligt. „Diese Krise wird sich verstärken, wenn kein Umdenken im Sport stattfindet“, sagte Volker Rittner. Der Sport müsse sich aus seiner „Eigenwelt“ befreien, sein Selbstverständnis erneuern, ein Inventar von wirkungsvollen und effizienten Konzepten und Instrumenten entwickeln und viel stärker die Beziehungen zu anderen kommunalen Organisationen berücksichtigen. Durch eine differenziertere Argumentation gegenüber Kommune und Öffentlichkeit und eine sogenannte Sportverhaltensberichterstattung könnten Vereine und Verbände eine innovative kommunale Sportpolitik entwickeln, sagte Rittner.

Auch Klaus Schirra, Mitarbeiter der Führungs-Akademie des Deutschen Sportbundes, sieht Chancen für die Vereine, wenn die Kommunen seit einigen Jahren angesichts knapper Kassen verstärktes bürgerschaftliches Engagement forderten und förderten. Bei der Rekrutierung neuer Freiwilliger für die Verwaltung und den Übungsbetrieb könne darüber hinaus bei einem Perspektivwechsel die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements als ein Leistungsmerkmal des Sports verstanden und dargestellt werden. Dies biete den Sportvereinen in der Tat neue Chancen, sich gegenüber den Kommunen zu legitimieren.

In einer Kleingruppe wurde erarbeitet, dass die Sportvereine aktiv herausstellen könnten, dass sie Sport und bürgerschaftliches Engagement anbieten. Über ein Profil, in dem die Kinder- und Jugendarbeit, die Integration von Menschen oder die Gesundheitsförderung deutlicher dargestellt werden, könnten Freiwillige gewonnen werden, deren primäres Interesse zwar nicht der Sport ist, die sich aber für diese Arbeitsfelder interessieren. Statt zu überlegen, was Sportvereine in ihrem Rahmen beispielsweise für Senioren anbieten können, wäre der erste Schritt, zu sehen, welche weiteren kommunalen Organisationen für ein umfassenderes Projekt gewonnen werden können. Sportvereine würden sich auf diese Weise als Initiatoren kommunaler Projekte profilieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Sportbund (DSB) Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt Telefon: 069/67000, Telefax: 069/674906

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