Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Kündigungsschutz ist eine hohe Beschäftigungshürde

(Köln) - Gerade kleine Unternehmen könnte eine Neueinstellung teuer zu stehen kommen, weil ab dem sechsten Mitarbeiter das Kündigungsschutzgesetz mit voller Wucht greift. Viele Ökonomen sprechen sich deshalb für eine Lockerung der vergleichsweise strengen deutschen Regelungen aus. Im Jahr 2002 unterlagen knapp 1 Million Betriebe mit insgesamt mehr als 30 Millionen Arbeitnehmern dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Laut dessen Paragraphen 1 sind Kündigungen nur zulässig, wenn in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe bzw. dringende betriebliche Erfordernisse eine Trennung unumgänglich machen. Bei betriebsbedingten Kündigungen – wenn z.B. ein Unternehmen Stellen abbauen muss, um seine Existenz zu sichern – greift die so genannte Sozialauswahl. Das heißt, es werden Gesichtspunkte wie Unterhaltspflichten, Dauer der Betriebszugehörigkeit oder Alter berücksichtigt.

Alles in allem ist der Kündigungsschutz in Deutschland so stark ausgebaut wie fast nirgendwo sonst: Nur in den Niederlanden sind die gesetzlichen Hürden nach einem Vergleich von 18 OECD-Ländern noch höher als hierzulande, in Schweden und Italien sind sie gleich hoch.

Doch was vielleicht gut gemeint ist, entpuppt sich auf dem Arbeitsmarkt oft als Beschäftigungsbremse. Zwar schränkt das Gesetz nur das „Feuern“ ein, doch faktisch führt es dazu, dass oft auch das „Heuern“ unterbleibt. Denn wenn Entlassungen in Krisenzeiten erschwert werden, dann überlegen es sich vor allem kleine Unternehmen auch in guten Zeiten zweimal, ob sie sich einen neuen Mitarbeiter auf Dauer leisten können. Zumal die Firmen aufgrund der Sozialauswahl oft gezwungen sind, im Falle eines Falles gerade leistungsstarke Kräfte vor die Tür zu setzen.

Ökonomen machen sich daher schon seit langem für eine Lockerung des Kündigungsschutzes stark, etwa indem sie fordern, die Schwellenwerte hochzusetzen, ab denen das Gesetz gilt. Auch in der Politik scheint die Überzeugung zu wachsen, dass der Kündigungsschutz in seiner derzeitigen Form eine Einstellungsbarriere ist. Zumindest der Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister hat sich hier eindeutig geäußert. Eine Reform sollte aber nicht nur die Schwellenwerte anheben, sondern gleichzeitig den Betrieben mehr Rechtssicherheit verschaffen. Denn bei Entlassungen stehen häufig langwierige Kündigungsschutzprozesse mit ungewissem Ausgang ins Haus:

Rund ein Drittel der im Jahr 2001 behandelten Verfahren dauerte länger als drei Monate, in über 5.000 Fällen brauchten die Gerichte sogar mehr als ein Jahr bis zur Urteilsfindung.

Maßgeblich dafür sind insbesondere die Vorschriften über das Procedere und die Rechtfertigung einer Kündigung. Eine Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen, ist neben einer Konkretisierung und Einschränkung der Sozialauswahl eine Abfindungsoption. Beschäftigte können dabei gleich im Anstellungsvertrag wählen, ob sie lieber dem Kündigungsschutzgesetz unterliegen oder im Ernstfall mit einer Abfindung in einer bestimmten Höhe nach Hause gehen. Bei Entlassungen wären die Kosten dann überschaubarer und die Angelegenheit für beide Seiten zügiger geklärt.

De facto würde man damit nur der geltenden Rechtspraxis Rechnung tragen. Denn zu einer Wiedereinstellung und damit dem Erhalt des Arbeitsplatzes kommt es in den Kündigungsschutzprozessen in den seltensten Fällen. Schützenhilfe für Abfindungsregeln gab es auch schon von höchster Stelle: Das Bundesverfassungsgericht argumentierte 1998, dass bereits die Erwartung des Arbeitgebers, ein Arbeitsverhältnis nur gegen Abfindung beenden zu können, sich in der Regel arbeitsplatzschützend auswirke.

Quelle und Kontaktadresse:
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