Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Lebensmittelsicherheit: Vorsorgeprinzip / Ein Streitfall für die Vereinten Nationen

(Berlin) - Die Verankerung des Vorsorgeprinzips in internationalen Richtlinien zur Lebensmittelsicherheit droht zu scheitern. Bei einem Treffen der internationalen Codex Alimentarius Kommission in Paris steht in dieser Woche eine Richtlinie zur Diskussion, die Risikoanalysen für Lebensmittel international regeln soll. Streit gibt es um die Verankerung des Vorsorgeprinzips, wonach bereits ein begründeter Verdacht möglicher Gesundheitsgefährdungen ausreichen soll, um zum Beispiel Einfuhrbeschränkungen auszusprechen. Einige Länder, darunter die USA, Argentinien und Brasilien, lehnen dies kategorisch ab und gefährden damit die Verabschiedung der Richtlinie insgesamt.

"Das Vorsorgeprinzip ist elementar für den Verbraucherschutz. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass es nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern angewandt wird", so Prof. Edda Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Unsere Lebensmittel werden immer globaler. Daher werden internationale Verbraucherschutzstandards immer wichtiger."

Entgegen dieser Position befürchten die Kritiker, dass unter dem Deckmantel der Vorsorge ungerechtfertigte Handelshemmnisse im Lebensmittelhandel errichtet werden. Hierzu vzbv-Chefin Müller: "BSE und andere Lebensmittelskandale haben allzu deutlich gezeigt, dass es wichtig ist, mögliche Risiken schon vorzeitig zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Vorsorgendes Handeln muss daher international anerkannt werden. Die derzeit im Codex Alimentarius diskutierten Richtlinien sind dafür dringend notwendig."

Wie umstritten das Vorsorgeprinzip derzeit ist, zeigt der aktuelle Streit um die Gentechnik. Die USA, Kanada und Argentinien haben die EU vor der Welthandelsorganisation (WTO) angeklagt, da die EU bis 2004 keine neuen Zulassungen für Gentechnik verabschiedet hat, was zu einem Importverbot für verschiedene Gentechnikprodukte führte. Die EU begründet ihr "de-facto Moratorium" mit dem Vorsorgeprinzip. Ob die WTO dies als Begründung akzeptiert, ist derzeit noch offen.

"Wird das Vorsorgeprinzip nicht endlich international verankert, geraten Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Verbraucher immer wieder unter Rechtfertigungsdruck bei der WTO", so Edda Müller. Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert die Mitgliedsstaaten der Codex Alimentarius Kommission auf, sich der internationalen Richtlinie zur Risikoanalyse nicht in den Weg zu stellen, sondern sie schnellstmöglich in der derzeitigen Form - mit der Verankerung des Vorsorgebegriffs - zu verabschieden.

Die Codex Alimentarius Kommission
Die Codex Alimentarius Kommission ist eine gemeinsame Organisation der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welternährungsorganisation FAO. Ihr Ziel ist die Erarbeitung internationaler Standards zur Lebensmittelsicherheit. Diese Standards werden von der Welthandelsorganisation (WTO) anerkannt und gelten somit als Richtschnur im Welthandelsrecht. Mehr als 160 Staaten sind Mitglied der Codex Alimentarius Kommission. In Paris trifft sich diese Woche ein Ausschuss der Codex Alimentarius Kommission, das Komitee für Grundsatzfragen. Neben den Richtlinien zur Durchführung der Risikoanalyse steht auf der diesjährigen Sitzung des Grundsatzkomitees ein internationaler Ethik-Kodex für den Handel mit Lebensmitteln ("Code of Ethics") zur Diskussion. Der Verbraucherzentrale Bundesverband nimmt an der Sitzung in Paris als Mitglied der internationalen Verbraucherorganisation Consumers International teil.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

NEWS TEILEN: