Pressemitteilung | Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed)

MedInform-Konferenz zu neuen Normen für sterile Medizinprodukte: „Jetzt mit der Umsetzung beginnen!“

(Bonn/Berlin) - Mit der Umsetzung der neuen Normen rund um sterile Medizinprodukte sollten die Betroffenen jetzt beginnen, so das Fazit der MedInform-Veranstaltung „Sterile Medizinprodukte. Qualitätsmanagement und Risikomanagement – Die Anforderungen vor dem Hintergrund der neuen Normen“ mit rund 100 Teilnehmern am 20. März 2007 in Bonn. Im Lauf der vergangenen Jahre wurden fast alle maßgeblichen Normen überarbeitet und liegen zu Beginn des Jahres 2007 weitestgehend als neue international, europäisch und national abgestimmte Standards vor. Die Normen spiegeln den aktuellen Stand der Technik. Werden sie im EU-Amtsblatt veröffentlicht, so erhalten sie als harmonisierte Normen eine besondere Verbindlichkeit bei der Frage, ob bei der Sterilisation und der Aufrechterhaltung der Sterilität die Grundlegenden Anforderungen der Richtlinien über Medizinprodukte eingehalten wurden.

Dr. Hans-Ulrich Plenio, Technologieberater für Medizinprodukte, führte mit seinem Vortrag über „Qualitätsmanagement und Risikomanagement“ in die Grundprinzipien bei der Herstellung steriler Medizinprodukte ein. Qualitätsmanagement im Sinne der DIN EN ISO 13485 wird in der gesamten Organisation gefordert. Angesichts wachsender Outsourcing-Tendenzen muss zudem darauf geachtet werden, dass auch ausgegliederte Prozesse wie Verpackung, Logistik oder Sterilisation durch das Qualitätsmanagementsystem des Herstellers gelenkt werden. Das Risikomanagement muss in die komplette Produktrealisierung Eingang finden, von der Ermittlung der Kundenanforderungen über Design und Beschaffung bis zur technischen Unterstützung des Kunden nach der Auslieferung der Produkte. Für jedes Medizinprodukt muss eine Risikomanagement-Akte geführt werden, die auch beschreibt, wie das Restrisiko beherrscht wird. Wichtig für die Herstellung steriler Produkte: Vor der ersten Anwendung müssen die Sterilisationsverfahren validiert werden. Für jede Charge müssen die Prozessparameter des Verfahrens aufgezeichnet und aufbewahrt werden. Die aktuelle Risikomanagementnorm DIN EN ISO 14971 wird voraussichtlich im April in deutscher Fassung vorliegen.

Ralph Geiger, Manager Global Sterilization Medical bei der B. Braun Melsungen AG, erläuterte das Normenwerk rund um die Sterilisation mit Ethylenoxid. Im Entwurf für die ISO-Norm 10993-7 über Ethylenoxid-Restgehalte wurden insbesondere die Grenzwerte für Medizinprodukte, die in permanentem Kontakt mit dem Menschen stehen, stark herabgesetzt Das kann ggf. längere Ausgasungszeiten der Produkte erforderlich machen. Die Abstimmung über die Norm EN ISO 11135 über die Sterilisation mit Ethylenoxid hat am 12. März 2007 stattgefunden. Innerhalb der nächsten 6 Monate erfolgt die Publikation der Norm. Teil 1 erläutert die Anforderungen an das Sterilisationsverfahren. Teil 2 ist der dazugehörige Leitfaden, von dem man sich auch Hilfestellung bei schwierigen Forderungen in Teil 1 erhofft, beispielsweise über die Anforderungen an die Resistenz der Bio-Indikatoren. Bedingt durch die neuen Anforderungen werden sich die Hersteller künftig noch mehr mit den Prozessen auseinandersetzen müssen, was diese wohl sicherer, aber auch teurer machen dürfte, so Geiger.

Joachim Gehring, Leiter Anwendungstechnik/Vertrieb des Bestrahlungsunternehmens BGS Beta-Gamma-Service, verdeutlichte die Besonderheiten der Strahlensterilisation und erläuterte, was sich in der einschlägigen Normenreihe DIN EN ISO 11137 geändert hat. Teil 1 der Norm beschreibt die Anforderungen an die Strahlensterilisation. Bemerkenswert ist, dass diese Norm keine Anforderungen für die Sterilisation gebrauchter oder wieder aufbereiteter Medizinprodukte festlegt. Der Einsatz von Bioindikatoren wird für die Validierung oder Überwachung nicht gefordert, ebenso wenig die Prüfung auf Sterilität zur Produktfreigabe. Einziger Parameter der Strahlensterilisation ist die Strahlendosis. Diese müsse einerseits so groß sein, dass die gewünschte Sterilitätssicherheit erreicht wird. Andererseits müsse sie so niedrig sein, dass das Produkt nicht in seiner Beschaffenheit verändert werde. Wie die Dosis festgelegt wird, beschreibt Teil 2 der Norm. Wichtig sei eine klare Kenntnis der Verantwortlichkeiten von Herstellern und Lohnsterilisierern, so Gehring. So sei der Bestrahler lediglich für die richtige Dosisverteilung verantwortlich; der Hersteller müsse dagegen die für die Sterilisation notwendige sowie die maximal akzeptable Dosis festlegen und Produktfamilien für die gemeinsame Bestrahlung schaffen. Abschließend appellierte Herr Gehring an die Hersteller, frühzeitig in ihren Entwicklungsprozessen an die Auswahl der geeigneten Sterilisationsverfahren zu denken.

Ernst Dennhöfer, Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte der Firma F. & M. Lautenschläger, stellte die Norm DIN EN ISO 17665 über Sterilisation mit feuchter Hitze vor. Die Norm wurde im August 2006 vom Deutschen Institut für Normung (DIN) herausgegeben und tritt nach einer dreijährigen Übergangszeit im August 2009 in Kraft. Die Sterilisation mit feuchter Hitze ist durch eine Vielzahl von Prozessvariablen gekennzeichnet. Eine Prozessvariable ist eine Bedingung in einem Sterilisationsverfahren, deren Veränderung sich auf die keimabtötende Wirksamkeit auswirkt. Bei der Sterilisation mit feuchter Hitze sind das z. B. die Sterilisationstemperatur, die Feuchtigkeit oder die Geschwindigkeit bei der Druckveränderung. Ein Fehler tritt dann ein, wenn ein oder mehrere Prozessparameter außerhalb der spezifizierten Toleranzen liegen. Er muss automatisch oder bei der Freigabe der Charge zu erkennen sein. Für die Sterilisation mit feuchter Hitze im Krankenhaus sei es häufig die Regel, dass die Festlegung der Abläufe durch die Lieferanten der Sterilisationsanlagen erfolge. Herr Dennhöfer konstatierte, dass nach neuer Norm mehr Daten erbracht werden müssten, so dass der Aufwand steige. Er lobte die Validierung als geeignetes Vorgehen zur Prozessverbesserung.

Jörg Wilke, Technischer Leiter der ECM, einer Benannten Stelle, unterstrich die regulatorische Bedeutung der neuen Sterilisationsnormen. Zwar seien Normen nicht grundsätzlich rechtsverbindlich. Sie dienten jedoch der in der Richtlinie über Medizinprodukte geforderten Berücksichtigung des allgemeinen Stands der Technik und lösten, soweit es sich um harmonisierte Normen handelte, die „Vermutungswirkung“ aus, dass mit Einhaltung der Norm die entsprechenden Anforderungen des Medizinprodukterechts eingehalten würden. Eine wichtige Verbindung zwischen Norm und Regelwerk sind, so Wilke, die „Anhänge ZA“: Diese Anhänge sollen im Einzelnen aufzeigen, wie die Norm bestimmte Grundlegende Anforderungen der Medizinprodukte-Richtlinien adressiert. Offensichtlich seien die bisherigen „alten“ Normen über Sterilisation von Medizinprodukten für ihre Zwecke gut geeignet gewesen. Die für die Akkreditierung der Benannten Stellen zuständige ZLG (Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten) hat zwei Akkreditierungsregeln mit Hinblick auf sterile Medizinprodukte entwickelt, die von den Benannten Stellen erfüllt werden müssen: eine Regel für den Bereich „Sterile Medizinprodukte“ und eine Regel für die Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung „kritisch C“. Herr Wilke verdeutlichte ausführlich die Änderungen in den einschlägigen Normen und appellierte abschließend an die Teilnehmer, die Übergangsfristen bis zur Gültigkeit der neuen Normen zu nutzen, um jetzt mit deren Umsetzung zu beginnen.

Michael Breiler, Stellvertretender Leiter Verpackungsentwicklung der Firma Lohmann & Rauscher, machte deutlich, dass ohne die richtigen Verpackungen keine aseptische Anwendung der Produkte möglich ist. Sterilgutverpackungen – oder „Sterilbarrieresysteme“ – müssen hohe Anforderungen erfüllen, um die Sterilisation der Produkte und eine Aufrechterhaltung der Sterilität zu gewährleisten. Mit der neuen Norm DIN EN ISO 11607, Teil 2, werden die Anforderungen an die Validierung der Verpackungsprozesse in einem internationalen Standard beschrieben, der etwa Mitte des Jahres 2007 als mandatierte Norm vorliegen soll. Für jede Verpackungsart müssen Spezifikationsgrenzen festgelegt werden, die die Art des Produktes, die Art der Verpackung, den Herstellungsprozess, Transportwege und die Haltbarkeit berücksichtigen. Herr Breiler machte die Unterschiede zwischen Prozessentwicklung und Prozessvalidierung deutlich: Während die Prozessentwicklung u. a. die Festlegung des Verpackungsdesigns, die Erarbeitung der Grenzwerte für die kritischen Prozessparameter und die Erprobung der Materialeigenschaften beinhaltet, ist die Validierung „der Nachweis, dass die Entwicklung das gewünschte Ergebnis erbracht hat“. Diese wird in der Norm in die Schritte Abnahmebeurteilung, Funktionsbeurteilung, Leistungsbeurteilung und Genehmigung unterteilt. Neu ist, dass die Norm auch für die Einrichtungen des Gesundheitswesens gilt. Eine Neuerung stellt ebenfalls die Einführung statistischer Methoden dar.

Diese stellten ein gutes Instrumentarium dar, das auch dabei helfen kann, Schwächen im System aufzudecken, so Dr. Ralph Walther, Leiter Qualitätsmanagement/Qualitätssicherung Lohmann & Rauscher, in einem abschließenden Statement.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) Manfred Beeres, Referent, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Reinhardtstr. 29b, 10117 Berlin Telefon: (030) 246255-0, Telefax: (030) 246255-99

(el)

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