Pressemitteilung | DEBRIV e.V. - DEutscher BRaunkohlen-Industrie-Verein - Standort Berlin

Mehr Cap als Trade / Europäische Kohlenindustrie kritisiert knappe Zuteilung von Emissionszertifikaten / Steuerungsinstrumente überlagern marktwirtschaftliche Anreize

(Köln) – Der geplante Handel mit Emissionsrechten für Kohlendioxid wird eher durch einen Mangel an Zertifikaten als durch Überschüsse gekennzeichnet sein. Zu diesem Ergebnis kommt die europäische Kohlenindustrie nach einer aktuellen Datenerhebung in den EU-Mitgliedsstaaten und den künftigen Beitrittsländern. Nach Einschätzung des europäischen Branchenverbands EURACOAL besteht die konkrete Gefahr, dass der geplante Zertifikatehandel sein Ziel, Klimaschutzinvestitionen effizient und preisgünstig zu erzielen, verfehlt und ein Mangel an Zertifikaten den beginnenden Wirtschaftsaufschwung behindert. Zudem seien negative Auswirkungen auf die Strompreise zu erwarten.

EURACOAL-Generalsekretär Léopold Janssens geht davon aus, dass Italien und Spanien in erheblichem Umfang Zertifikate zukaufen müssen, da beide Länder weit hinter ihren Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll hinterher hinken. Über die zur Einführung des Emissionshandels notwendigen Nationalen Zuteilungspläne (NAP) gibt es in beiden Ländern bisher keine konkreten Informationen, obwohl die EU-Kommission die Vorlage für Ende März diesen Jahres erwartet.

Großbritannien plant nach EURACOAL-Angaben, die Kohlendioxid-Emissionen bis 2010 um rund 20 Prozent zu senken und will deshalb die Zuteilung von Emissionsrechten knapp halten, obwohl der EU-Lastenverteilungsplan dem Land nur eine Reduktionsverpflichtung von 12,5 Prozent auferlegt. Im Ergebnis beabsichtigt die britische Regierung den Kohleneinsatz in der Stromerzeugung von heute 53 Millionen Tonnen jährlich auf etwa 38 Millionen Tonnen zurückfahren und durch Erdgas ersetzen. Erwartete Strompreiserhöhungen könnten an die Kunden weitergegeben werden, da Großbritannien nicht in den europäischen Strommarkt eingebunden ist.

Auch Deutschland fällt nach Ansicht von EURACOAL, im Gegensatz zu anderslautenden Erklärungen der Bundesregierung, als Verkäufer von Emissionszertifikaten weitgehend aus. Zwar habe Deutschland bereits ohne den Zertifikatehandel erhebliche Vorleistungen bei der CO2-Einsparung erbracht; das endgültige Ziel werde voraussichtlich aber nur knapp erreicht. Zudem plane das Bundesumweltministerium derzeit nur ein unzureichendes Budget für die auszugebenden Emissionsrechte, die für die betroffenen Anlagenbetreiber wie Produktionsrechte wirken. Eine ernste Gefahr für den bewährten Brennstoffmix der deutschen Stromerzeuger entstünde, so EURACOAL, wenn Überlegungen realisiert werden, dass zusätzliche neue Kohlenkraftwerke nur etwa die Hälfte der benötigten Zertifikate zugeteilt bekommen sollen. Ähnlich wie in Großbritannien fördere dies den Brennstoffwechsel zur Importenergie Gas und berge erhebliche Preisrisiken.

In Frankreich herrscht ein offener regierungsinterner Streit über die Integration von besonders effizienten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen in den Zertifikatehandel. Ohne KWK-Anlagen würden in Frankreich statt 1 700 nur knapp 700 Feuerungsanlagen vom Emissionshandel erfasst.

Angespannt ist die Situation auch in den kleineren EU-Staaten. Belgien und die Niederlande haben sich nach EURACOAL-Informationen entschlossen, notwendige Emissionszertifikate über JI und CDM Maßnahmen im Ausland zuzukaufen, um die heimische Industrie zu entlasten. In den meisten Beitrittsländern herrschen noch große Unklarheiten über die Ausrichtung der Nationalen Zuteilungspläne, erklärt EURACOAL-Generalsekretär Léopold Janssens. Lediglich Polen und Tschechien wären in der Lage, Emissionszertifikate in größerer Menge anzubieten. Infolge des Strukturwandels der neunziger Jahren in den beiden Ländern ist es zu einer deutlichen Verringerung der CO2-Emissionen gekommen. Allerdings, so EURACOAL, handelt es sich dabei nur um „eine bilanzielle Betrachtung“. Wegen der von der EU-Kommission geforderten bedarfsgerechten Zuteilung von Emissionsrechten wird es aber auch hier voraussichtlich keine Überschüsse geben, die den Markt entspannen könnten. Eine Überallokation wäre als unerlaubte Beihilfe zu betrachten.

EURACOAL sieht beim jetzigen Stand der nationalen Umsetzungen der EU-Emissionshandelsrichtlinie erhebliche Risiken. Die Verzögerungen bei der Aufstellung der nationalen Allokationspläne stellen den für Anfang 2005 geplanten Start des Emissionshandels in Frage. Alle Länder müssen gleichzeitig an den Start. Immer deutlicher wird zudem, dass das System erhebliche Auswirkungen auf das Strompreisniveau sowie den Energiemix in Europa haben wird. Die angestrebte Modernisierung des Stromsektors durch Investitionen in moderne Kraftwerkstechnologien wird nach jetzigem Stand eher behindert als unterstützt. Damit verzichtet die EU auf eines der bedeutendsten CO2-Minderungspotenziale, erklärte EURACOAL.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Braunkohle (DEBRIV) Max-Planck-Str. 37, 50858 Köln Telefon: 02234/18640, Telefax: 02234/186418

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