Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Mehr Personal und deutlich kleinere Gruppen / Leiterin des Forums Kindertagesstätten beim BLLV, Sigrid Hepting, warnt: „Einrichtungen dürfen nicht zu Aufbewahrungsorten verkommen“ / 8. Erzieherinnentag in München

(München) - Bayerns Kindergartenkinder werden immer jünger. Die Aufnahme von unter Dreijährigen wird zur gängigen Praxis. Sechs- und zweijährige Kinder in einer Gruppe - das ist eher die Regel als die Ausnahme.

Altersmischungen in den Kindergartengruppen sind an sich positiv zu bewerten, weil die Kinder davon profitieren können. Ins Negative verkehrt es sich aber, wenn aufgrund schlechter Rahmenbedingungen - zu große Gruppen, zu wenig Personal - die Erzieherinnen den unterschiedlichen Bedürfnissen von Zwei- bis Sechsjährigen nicht gerecht werden können. „Viele Einrichtungen laufen Gefahr, ungewollt zu reinen Aufbewahrungsorten zu verkommen. Das ist für die Erzieherinnen in höchstem Maße unbefriedigend, für die betroffenen Kinder ist es fatal“, erklärte die Sprecherin des Forums Kindertagesstätten im Bayerischen

Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), Sigrid Hepting, im Vorfeld des 8. Erzieherinnentags in München. Er findet unter dem Motto „Wir zeigen Profil“ am Samstag (31. März 2007) von 9.30 bis 15 Uhr in der BLLV-Landesgeschäftsstelle am Bavariaring 37 statt. Gemeinsam mit BLLV-Vizepräsident Ludwig Eckinger forderte sie deutlich mehr Personal und kleinere Gruppen.

Hepting stellte fest, dass sich seit Einführung des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (BayKiBiG) die Situation an bayerischen Kindertagesstätten dramatisch verschlechtert hat:

„Erzieherinnen werden nach der Anzahl der zu betreuenden Kinder und den gebuchten Stunden bezahlt. Immer öfter werden deshalb auch unter Dreijährige in Regelgruppen aufgenommen. Die Gefahr ist groß, dass ihre speziellen Bedürfnisse im Alltag untergehen. Eine Erzieherin, die über 20 Kinder zu betreuen hat, kann beim besten Willen nicht auf alle speziellen Wünsche und Anforderungen eingehen, weil sie dafür schlicht keine Zeit hat. Pädagogische Fachkräfte sehen sich tagtäglich dieser Zerreißprobe ausgesetzt. Sie spüren, dass die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit riesengroß geworden ist und sie den hehren Zielen, die der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) formuliert, nicht gerecht werden können. Keine noch so qualifizierte Erzieherin kann an einem Vormittag drei oder mehr Kinder wickeln und gleichzeitig die Älteren in der Gruppe individuell fördern, auf Verhaltensprobleme oder entwicklungsbedingte Störungen, Sprachprobleme oder körperliche Schwierigkeiten, Belastungen durch familiäre Veränderungen und Schicksalsschläge einzelner Kinder eingehen.“ Die derzeitige Richtzahl liegt bei 25 Kindern und einer Betreuung durch eine Erzieherin und eine Kinderpflegerin.

„In keiner sonstigen Bildungseinrichtung wird nutzungszeit-bezogen vergütet“, kritisierten Hepting und Eckinger. Beide wiesen darauf hin, dass sich - wie befürchtet - die Arbeitszeiten des Personals je nach Nutzungsverhalten jährlich ändern. Kinder müssen sich daher immer wieder auf neue Bezugspersonen einstellen. „Das ist insbesondere für unter Dreijährige unzumutbar“, erklärte Hepting. „Sie brauchen Stabilität, an der sie sich orientieren können.“ Auch für Erzieherinnen ist die neue Regelung eine Zumutung. Sie arbeiten schließlich an außerordentlich verantwortungsvoller Stelle und die die Politik wird nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, wie groß die Bedeutung des elementaren Bildungsbereichs und wie entsprechend groß die Verantwortung ist, die der Beruf der Erzieherin mit sich bringt. „Die Politik sollte den Erzieherinnen mit derselben Verantwortung begegnen“, fügte Eckinger hinzu.

Weil die Leiterinnen von Kindertagesstätten gezwungen sind, die individuellen Buchungszeiten der Kinder zu registrieren, ist der Verwaltungsaufwand immens angestiegen - „Zeit, die letztlich wieder den Kindern fehlt“, bemängelte Hepting. „Viele Leiterinnen arbeiten rund um die Uhr, um den Fortbestand ihrer Einrichtung zu sichern. Dass Bayerns Kindertagesstätten überhaupt noch so gut funktionieren, liegt am Einsatz und Engagement der Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen, denen es in erster Linie um die Kinder geht. Ihr Einsatz geht trotz schlechter Bezahlung weit über ihre Arbeitszeit hinaus." Erneut forderte Hepting eine endlich leistungsgerechtere Bezahlung, mehr Anerkennung des Berufs in der Öffentlichkeit, eine höherwertige Ausbildung und bessere fachliche Unterstützung.

Eckinger bemerkte: „Der kostenlose Kindergartenplatz ist offensichtlich zu einem wichtigen politischen Thema geworden. Es scheint auch den politisch Verantwortlichen klar geworden zu sein, dass es auf den Anfang ankommt. Der Elementarbereich muss als Einstieg in die Bildungskarriere für alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft anerkannt werden.

Das ist in einem föderalen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland eine nationale Aufgabe, die von den Ländern in gesamtstaatlicher Verantwortung ausgeprägt werden muss.“

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Andrea Schwarz, Pressereferentin Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(el)

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