Pressemitteilung | Neue Richtervereinigung e.V. - Zusammenschluß von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten

Meinungsfreiheit im Betrieb - Gesetz zum Schutz von Whistleblowern erforderlich

(Berlin) - Die Neue Richtervereinigung (NRV) hat bereits im Herbst 2011 die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zum Schutz der Meinungsfreiheit bei Hinweisen zu Missständen im Betrieb (Whistleblowing) begrüßt und gefordert, dass der Grundsatz gelten muss "Im Zweifel für die Meinungsfreiheit".

Vor dem Hintergrund der Gesetzentwürfe mehrerer Parteien sowie der Anhörung von Sachverständigen durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages hat sich die Fachgruppe Arbeitsrecht der NRV erneut mit dem Thema befasst.

Angesichts der nach wie vor weitgehenden Unsicherheit im konkreten Umgang mit der Weitergabe von Informationen über Missstände in Betrieben und Unternehmen hält die Neue Richtervereinigung eine gesetzliche Regelung zum Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowern) für erforderlich.

Nach Art. 11 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union sowie nach Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) besteht nicht nur ein Recht auf Meinungsfreiheit, sondern auch ein Recht auf Weitergabe von Informationen ohne behördliche Eingriffe. Nach Art. 17 des Grundgesetzes hat Jedermann das Recht, sich mit Beschwerden an die zuständigen Stellen zu wenden.

Martin Wenning-Morgenthaler, Sprecher der Fachgruppe Arbeitsrecht: "Missstände und ethisch zweifelhafte Praktiken können zu unmittelbaren Gefahren für Leben, Gesundheit und die Umwelt führen. Um diese zu verhindern, muss es jedem Beschäftigten gestattet sein, sich mit Hinweisen - auch in anonymer Form - an den Arbeitgeber, an Behörden und an die Öffentlichkeit zu wenden, ohne Nachteile zu befürchten. Dieses bedarf einer gesetzlichen Regelung, um allen Beteiligten klare Regeln an die Hand zu geben".

Dabei sieht die NRV eine notwendige Differenzierung bei Hinweisen an Behörden einerseits und an die Öffentlichkeit andererseits. Hat der Arbeitgeber ein geeignetes System zur anonymen Mitteilung von Missständen und ethisch zweifelhafte Praktiken (Compliance-System) geschaffen, ist dieses grundsätzlich vor dem Schritt in die Öffentlichkeit zu nutzen. Die Möglichkeit der Hinweise an staatliche Stellen kann als Grundrecht demgegenüber nicht beschränkt werden.

Wenning-Morgenthaler dazu weiter: "Werden Hinweise nicht leichtfertig aufgestellt, müssen Hinweisgeber auch bei einem Irrtum besonders geschützt werden. Dieses verlangt in dem Gesetz für die Hinweisgeber Haftungsbeschränkungen nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung und für die betroffenen Arbeitgeber ein Benachteiligungsverbot, insbesondere Kündigungsverbot."

Quelle und Kontaktadresse:
Neue Richtervereinigung e.V. - Zusammenschluß von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten - Pressestelle Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin Telefon: (030) 42022349, Telefax: (030) 42022350

(tr)

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