Pressemitteilung | Industrieverband Agrar e.V. (IVA)

Neue EU-Pflanzenschutz-Politik: Hürdenlauf für Landwirtschaft und Industrie

(Berlin) - Obst- und Gemüsebauern könnte es besonders hart treffen, wenn die im vergangenen Sommer von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge für eine neue Pflanzenschutz-Politik unverändert umgesetzt werden. Schon seit Jahren haben sie erhebliche Probleme, gegen Schädlinge und Krankheiten in Obstplantagen und auf Gemüsefeldern vorzugehen. „Die Behandlungslücken werden noch größer, wenn durch die neue Pflanzenschutzverordnung wichtige Mittel vom Markt verschwinden“, erklärte Volker Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Agrar e. V. (IVA), vor Journalisten in Berlin.

Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission vom vergangenen Sommer soll die Pflanzenschutz-Richtlinie aus dem Jahr 1991 ablösen. Die Verordnung würde in den Mitgliedsländern direkt gelten und müsste nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden. Das wäre ein Schritt zu einer einheitlicheren Pflanzenschutz-Politik in Europa. Insgesamt stellen die Vorschläge für die Pflanzenschutz-Industrie jedoch eine „herbe Enttäuschung“ dar.

„Wir rechnen damit, dass sich die Voraussetzungen für Forschung und Entwicklung und die Planungssicherheit für die Unternehmen erheblich verschlechtern“, erklärte in Berlin Tobias Marchand, Vorstandsvorsitzender des Fachbereichs Pflanzenschutz im IVA und Deutschlandchef von Bayer CropScience.

Zahlreichen Wirksubstanzen und viel versprechenden neuen Molekülen droht durch die Einführung neuer Kriterien für die Zulassung sowie einer vergleichenden Bewertung das vorzeitige Aus.

Künftig soll nicht mehr das tatsächliche Risiko einer Pflanzenschutz-Maßnahme Ausschlag gebend für eine Zulassung sein, sondern die Gefahren, die von einem Stoff als solchem ausgehen können. „Mit denselben Argumenten könnte man Kaffee oder Rotwein verbieten, weil ihre Inhaltsstoffe in konzentrierter Form Krebs erregend oder mutagen wirken können“, erklärte Marchand dazu.

Sorgen bereitet auch die Tatsache, dass sich der Schutz des geistigen Eigentums für die forschenden Unternehmen erheblich verschlechtern würde. Unter dem Stichwort Transparenz fordert die Kommission, wichtige Daten aus dem Zulassungsprozess offen zu legen. „Unsere Konkurrenten könnten dann viele Millionen Euro teure Forschungsergebnisse kostenlos für ihre eigenen Zwecke verwenden“, beklagte Marchand. „Innovationen lohnen sich aber nur, wenn wir die eingesetzten Gelder refinanzieren können.“

„Auf neue Pflanzenschutzmittel müssen die Landwirte künftig möglicherweise drei Jahre länger warten als heute“, kritisierte

Koch-Achelpöhler. Die Kommission will Produkt-Zulassungen erst erlauben, wenn ein neuer Wirkstoff auf der Brüsseler Positivliste steht. Bisher dauert das fast fünf Jahre. Dass die Kommission ihr Ziel erreichen wird, das künftig in zwei Jahren zu erledigen, erscheint Koch-Achelpöhler nicht wahrscheinlich.

Vorläufige nationale Produkt-Zulassungen haben bisher die Wartezeit verkürzt. Diese Möglichkeit soll entfallen. „Das kann einem Unternehmen Umsatzeinbußen bis zu 80 Millionen Euro bescheren“, rechnete der Verbandschef vor.

Rund 200 Millionen Euro muss die Industrie für die Entwicklung eines neuen Pflanzenschutzmittels bis zur Marktreife aufbringen. Nur noch sechs Unternehmen weltweit verfügen über die kritische Masse, um auf diesem Gebiet erfolgreich zu forschen. Mit BASF und Bayer CropScience sind zwei in Deutschland und mit Syngenta ein drittes in der Schweiz angesiedelt. Zusammengenommen steuern sie über

70 Prozent der internationalen Forschung und Entwicklung im Pflanzenschutz.

„Die Rahmenbedingungen, die Brüssel für unsere Unternehmen setzt, wirken sich weltweit auf die Entwicklung von Pflanzenschutzlösungen für die Landwirtschaft aus“, betonte Marchand. „Deshalb brauchen wir eine Pflanzenschutz-Politik die sich an wissenschaftlichen Kriterien orientiert und unser geistiges Eigentum angemessen schützt.“

Quelle und Kontaktadresse:
Industrieverband Agrar e.V. (IVA) Hannelore Schmid, Referentin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Karlstr. 21, 60329 Frankfurt am Main Telefon: (069) 2556-1281, Telefax: (069) 2556-1298

(bl)

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