Pressemitteilung |

Niedergelassene Ärzte warnen vor Abschaffung der Therapiefreiheit

(Berlin) - Das kurz vor der Verabschiedung stehende neue Arzneimittelspargesetz (AVWG) wird die Arzneimittelversorgung der gesetzlich Versicherten drastisch verschlechtern, sie vom medizinischen Fortschritt abschneiden und die Therapiefreiheit abschaffen, warnen die Ärzte im NAV-Virchow-Bund im Landesverband Hessen.

Bislang erfolgte die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnitten, die im Einzelfall notwendige teuere Medikamentenverordnungen ausglichen.
Künftig sollen diagnosebezogene Tagestherapiekosten die Grundlage dafür darstellen. Damit wird jede einzelne Verordnung zur Regressfalle für den Arzt. Das ist eine neue Dimension der staatlichen Reglementierung, die keinen Ausgleich mehr vorsieht. Jedes einzelne Rezept zählt für sich.

„An einem Beispiel aus meinem Fachgebiet will ich das verdeutlichen“, sagte der Vorsitzende der Bezirksgruppe Limburg, Dr. Jürgen Martin, Frauenarzt in
Limburg: „Für die Behandlung von Brustkrebs gibt es ein seit langem bewährtes Medikament, Tamoxifen, mit Tagestherapiekosten von etwa 0,50 Euro.
Nehmen wir an, für die Diagnose Brustkrebs würde nun ein scheinbar ‚großzügiges‘ Limit von 2,50 Euro Therapiekosten pro Tag festgesetzt. Kein Problem, viel Luft für Verordnungsspielraum, so scheint es.
Nun mehren sich seit einiger Zeit Hinweise darauf, dass die neue Medikamentenklasse der Aromatasehemmer die Heilungsraten der Tamoxifenbehandlung in einigen Studien um etwa 30 Prozent übertrifft. Die Aromatasehemmer kosten aber etwa 5,50 Euro bis 7,25 Euro pro Tag. Das würde für den Arzt bedeuten, dass er den Betrag, der das Limit um mehr als 10 Prozent übersteigt, zur Hälfte an die Krankenkasse zu bezahlen hat. Das ist hier pro Tag und Patient ein Betrag zwischen 1,38 bis 2,25 Euro.

Im Quartal bedeutet das 100 bis 200 Euro pro Patient Zuzahlung des Arztes zu den Arzneikosten einer Patientin, für deren Behandlung er im gleichen Zeitraum etwa 40,00 Euro Praxiseinahmen erzielt. Ähnliche Beispiele lassen sich für alle Praxen aufstellen.

Fazit: Die Verordnung von Aromatasehemmern wird an gesetzlich versicherte Patientinnen nicht mehr möglich sein. Eine Teilnahme am Fortschritt der medizinischen Entwicklung ist ausgeschlossen, die Therapiefreiheit wurde durch die Hintertür abgeschafft. Es ist perfide und zynisch, wenn Politiker trotzdem behaupten, es gäbe weiterhin alles, was die Patienten brauchen, von der Krankenkasse.“

Quelle und Kontaktadresse:
NAV-Virchow-Bund Landesverband Hessen Dr. Jürgen Martin Frankfurter Str. 1, 35390 Gießen Telefon: (0641) 74083, Telefax: (0641) 9716058

(tr)

Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands

NEWS TEILEN: