Pressemitteilung | Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) - Bundesgeschäftsstelle

Niedersachsen: Nein zur Pflegebehörde / / Pflegekammerbefürworter ohne Mehrheit wollen Diskussion stoppen / bpa fordert Umsetzung des Willens der Pflegekräfte

(Berlin) - Auf der gestrigen Informationsveranstaltung des niedersächsischen Sozialministeriums zur geplanten Errichtung einer Pflegekammer prallten die Meinungen hart aufeinander. Die weit überwiegende Anzahl der vertretenen Organisationen, darunter unter anderem der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), ver.di, die Krankenhausgesellschaft und die anwesenden Pflegekräfte, sprachen sich angesichts des kaum erkennbaren Nutzens deutlich gegen die geplante Zwangsverkammerung mit Zwangsbeiträgen, Zwangsfortbildungen und zusätzlichen Berufspflichten für Pflegekräfte aus. Hingegen forderten die Befürworter der Kammer, fast ausnahmslos Verbandsfunktionäre, das Ministerium ausdrücklich auf, die Diskussion staatlicherseits zu beenden.

Hintergrund ist das vorliegende Eckpunktepapier des Sozialministeriums zur Struktur, Finanzierung und den Aufgaben der Pflegekammer. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass sich die Kammer nicht für eine Verbesserung der wesentlichen Rahmenbedingungen der Pflege, wie zum Beispiel eine bessere Bezahlung oder höhere Pflegevergütungen, einsetzen wird. Als Behörde wird die Kammer auch keine politischen Aussagen zugunsten ihrer Zwangsmitglieder treffen. Nach dem Eckpunktepapier und den Aussagen der Befürworter geht es darum, die Bevölkerung vor "schlechter Pflege" zu schützen, zusätzliche, kostenintensive Pflichtfort- und Weiterbildungen einzuführen, ein Zwangsmeldewesen zu implementieren und im Übrigen Gutachten und Stellungnahmen zu verfassen sowie den Pflegekräften die notwendige "Berufsethik" vorzuschreiben. Erreicht werden soll dies mit einer Behörde, die über einen jährlichen Mindestetat von stattlichen 4,8 Millionen Euro verfügt. Davon sollen 60 Prozent (!) auf die Verwaltungskosten entfallen. Allein die vorgesehenen 53 Vollzeitstellen sollen 3,7 Millionen Euro pro Jahr kosten.

"Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zu dem vermeintlichen Nutzen. Es gibt gute Alternativen", meinen die Kritiker der geplanten Behörde wie David Matrai von ver.di. "Mit Ihrer Forderung nach einem staatlichen Diskussionsverbot zeigen die Kammerbefürworter, welches Verständnis sie von einer basisdemokratischen Meinungsbildung haben", so Henning Steinhoff, Leiter der bpa-Landesgeschäftsstelle in Niedersachsen. "Erst vor einer Woche haben wir mit 5.000 Unterschriften gegen die Kammer erneut deutlich gezeigt, wie groß der Widerstand ist." Selbst das Ministerium erkennt an, dass nach seiner eigenen Umfrage nur eine Minderheit von 42 Prozent der Pflegekräfte für eine Zwangskammer und Zwangsbeiträge ist. Jede vierte befragte Pflegekraft (24 Prozent) lehnt danach jegliche Beitragszahlung ab, und 35 Prozent der übrigen befragten Pflegefachkräfte würden höchstens einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von maximal 5 bis 9 Euro akzeptieren. Damit stimmen von den befragten 1.039 Pflegekräften lediglich 363 von 70.000 Pflegekräften in Niedersachsen für eine Kammer, wie sie das Ministerium gerade plant.
Noch am 19. Juli hatte die SPD in Niedersachsen entschieden, sich für mehr Bürgerbeteiligung in der Politik einsetzen zu wollen. "Eine belegte Zustimmungsquote von 0,5 Prozent der Betroffenen wird diesem Ziel nicht gerecht", so Steinhoff weiter. "Es wäre ein Skandal, wenn allein der Koalitionsfrieden hier den Ausschlag geben soll. Wir fordern deshalb den Ministerpräsidenten Stephan Weil auf, das Vorhaben zu stoppen und stattdessen alle Pflegekräfte nach ihrer Meinung zu den vorliegenden Eckpunkten zu befragen. Was hält Sie ab, Herr Weil?"

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), Bundesgeschäftsstelle Pressestelle Friedrichstr. 148, 10117 Berlin Telefon: (030) 30878860, Fax: (030) 30878889

(sy)

NEWS TEILEN: