Pressemitteilung | SPECTARIS. Deutscher Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik e.V.

Offene Erwiderung auf Reaktionen der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) auf die SPECTARIS-Pressemeldung vom 20.12.2017 zur KKH-Ausschreibung bezüglich lebenserhaltender Beatmung

(Berlin) - Die Problematik der aktuellen Ausschreibung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) zur lebenserhaltenden Beatmung wurde am 21. Dezember 2017 auch vom Deutschen Ärzteblatt aufgegriffen und beleuchtet. Wir, der Branchenverband SPECTARIS, hatten zu diesem Thema am Tag zuvor eine Pressemeldung verschickt.

Ein Sprecher der KKH hatte daraufhin deutliche Kritik an den Inhalten dieser Pressemeldung geäußert. Der KKH-Sprecher bestritt, dass die Versorgung mit Beatmungsgeräten einen hohen Dienstleistungsanteil benötigen würde und dass die pflegerische Betreuung im häuslichen Bereich Sache der Pflegedienste sei. Hilfsmittellieferanten hätten dagegen nur nachgeordnete Beratungs- und produktbezogene Wartungsaufgaben wahrzunehmen.

Marcus Kuhlmann, Leiter des Fachverbandes Medizintechnik bei SPECTARIS, nimmt zu diesen Kritikpunkten nun wie folgt Stellung:
"Sogenannte Homecare-Unternehmen sind nicht nur Hilfsmittel-Lieferanten. Sie übernehmen auch gemäß den Verträgen mit der gesetzlichen Krankenversicherung weitreichende organisatorische Aufgaben und Dienstleistungen am Patienten bei der Versorgung mit außerklinischer Beatmung.

Einweisung des Patienten und technische Begleitung erfordern Zeit und hohe Qualifikation

Nach der Entlassung aus der Klinik hat der ambulant behandelnde Arzt des Patienten üblicherweise wenig oder keine Erfahrung mit der außerklinischer Beatmung. Es gibt auch keine Möglichkeit der Vergütung für ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit außerklinischer Beatmung für niedergelassene Ärzte (EBM). Das Homecare-Unternehmen ist für den Patienten außerhalb der Klinik deshalb ein entscheidender Ansprechpartner für die Beatmungstherapie, wenn es nicht zu einer Wiedereinweisung in die Klinik kommen soll. Oft lässt es sich dabei nicht eindeutig klären, ob ein Problem eines beatmeten Patienten medizinischen oder gerätetechnischen Ursprungs ist. Der geschulte Mitarbeiter des Homecare-Unternehmens muss dann vor Ort entscheiden, ob ein Arzt hinzugezogen und der Patient in die Klinik eingewiesen werden muss. Das Vorhalten einer 24-Stunden-Hotline und kurze Reaktionszeiten sind deshalb vertraglich gefordert. Mitarbeiter von Homecare-Unternehmen müssen entsprechend ihrer Einsatzgebiete über eine fundierte Ausbildung und Praxis-Kenntnisse verfügen, wie sie beispielsweise Gesundheits- und Krankenpfleger, Fachkrankenpfleger Anästhesie/Intensiv, Atmungstherapeuten oder Medizintechniker aufweisen. Dabei muss ein Homecare-Unternehmen mit seinen Mitarbeitern eine strenge kostenpflichtige Präqualifizierung erfüllen, um überhaupt am Markt agieren zu dürfen.

Nach der Verordnung einer außerklinischen Beatmung stellt das Homecare-Unternehmen bei der Entlassung eines Patienten aus der Klinik sicher, dass die in der Klinik initiierte Beatmung in der häuslichen Umgebung mit dem entsprechenden Hilfsmittel fortgeführt werden kann. Hierbei berät das Homecare-Unternehmen die Klinik und übersetzt, d.h. überträgt die in der Klinik ermittelten individuellen Beatmungsparameter auf das entsprechende Gerät zur außerklinischen Beatmung. Nicht nur die Nomenklaturen sind von Gerät zu Gerät dabei höchst unterschiedlich, auch die Wirkweisen einzelner Funktionen müssen hier fachlich beurteilt werden.

Mitarbeiter der Pflegedienste müssen im Umgang mit den Geräten ebenfalls geschult werden

Außerklinisch beatmete Patienten werden sehr häufig mit Grund- und Behandlungspflege von professionell Pflegenden versorgt. Diese Pflegedienste werden vom Homecare-Unternehmen intensiv und umfangreich geschult und auf das individuelle Beatmungsequipment eingewiesen. Bei Pflege rund um die Uhr im Schichtdienst müssen für einen Patienten somit mehrere Mitarbeiter des Pflegedienstes an mehreren unterschiedlichen Terminen vom Homecare-Unternehmen auf das Beatmungsequipment eingewiesen werden. Bei Mitarbeiterwechsel werden zusätzliche Schulungen erforderlich. Das gleiche gilt für Mitarbeiter von stationären Pflegeeinrichtungen. All dies ist sehr zeit- und damit kostenaufwändig.

Da Patienten mit invasiver Beatmung mehrere Hilfsmittel und umfangreiches Zubehör erhalten (Befeuchter, Absauggerät, Trachealkanülen, Sauerstofftherapie, Pulsoximetrie, Kapnographie, Medikamentenvernebler und Atemtherapiegeräte wie z.B. Hustenassistenten), die aufeinander und auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden müssen, handelt es sich jeweils um Individualversorgungen mit besonderem Anpassungs-, Einstellungs- und Ausstattungsbedarf. Intensive und umfangreiche Einweisung und Nachbetreuung und gegebenenfalls mehrfache Einweisung von Angehörigen oder Pflegepersonal sind erforderlich. Bei der Versorgung von Kindern mit außerklinischer Beatmung ist in Abhängigkeit vom Entwicklungsstadium die Versorgung noch individueller und muss zudem dem Wachstum des Kindes angepasst werden.

Die oben aufgeführten Sachverhalte zeigen, dass der Dienstleistungsanteil an der Versorgung mit außerklinischer Beatmung durch Homecare-Unternehmen sehr groß ist und nicht standardisiert werden kann. Deshalb sind im Sinne des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG) § 127 Abs. 1 SGB V Ausschreibungen im Bereich der außerklinischen Beatmung nicht zweckmäßig."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e.V. (SPECTARIS) Pressestelle Werderscher Markt 15, 10117 Berlin Telefon: (030) 414021-0, Fax: (030) 414021-33

(sy)

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