Pressemitteilung | Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) - Bundesgeschäftsstelle

Patienten sollen 112 Millionen Tage häusliche Krankenpflege selbst zahlen / Soll die kleinste Patientengruppe die Gesundheitsreform finanzieren?

(Berlin) - Die Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden um 36 Prozent gekappt. Insbesondere chronisch Kranke, die zu Hause von ambulanten Pflegediensten Leistungen wie Verbandwechsel, Injektionen und Medikamentengabe erhalten, werden die Leid Tragenden sein, sollte der Allparteien-Kompromiss zur Gesundheitsreform, wie er sich jetzt aus dem ersten Arbeitsentwurf ergibt, umgesetzt werden.

„Die geplanten Zuzahlungen für Patienten der häuslichen Krankenpflege sind eine Katastrophe!“ so Bernd Tews, Geschäftsführer des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), der bundesweit rund 4.000 private Pflegeeinrichtungen vertritt. „Den Politikern ist offenbar überhaupt nicht bewusst, unter welchen restriktiven Bedingungen häusliche Krankenpflege heute überhaupt nur gewährt wird und welch’ wichtige Krankenhaus vermeidende Funktion diese Leistung übernimmt“ so Tews weiter. Denn der Anspruch auf häusliche Krankenpflege setzt voraus, dass der Arzt die Leistung für medizinisch erforderlich erhält, keine Angehörigen sie übernehmen können und der Patient so krank und hilflos ist, dass die ärztliche Versorgung gefährdet oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig wäre.

Vorgesehen sind für Leistungen der häuslichen Krankenpflege Zuzahlungen der Versicherten in Höhe von 10 Prozent des Leistungspreises pro Tag, mindestens 5 Euro, höchstens 10 Euro Tag. Gedeckelt sind diese Beträge durch eine Belastungsgrenze in Höhe von 2 Prozent des Jahresbruttoeinkommens und 1 Prozent für chronisch Kranke. Wer diese Grenze erreicht hat, muss keine weiteren Zuzahlungen leisten. Die Mindestbelastungsgrenze soll aber 585 Euro betragen.

Diese hohen Zuzahlungen bergen die Gefahr, dass für die Versicherten ein Krankenhausaufenthalt „günstiger“ erscheint als die Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst mit häuslicher Krankenpflege. Die maximale Zuzahlung für Krankenhausaufenthalte beträgt nur 280 Euro pro Jahr. Damit würde der politisch gewollte Vorsatz, kostentreibende Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, ad absurdum geführt.

Krankenhaus Arzt häusliche Krankenpflege
Zuzahlung p.a. 280 Euro 40 Euro 585 Euro

Skandalös ist nach Ansicht des bpa auch, dass die geplanten Zuzahlungen für die häusliche Krankenpflege teilweise höher sind als der Preis für die Leistung. Dieses verdeutlicht die am häufigsten erbrachte Leistung der Medikamentengabe. Aufgrund der niedrigen Vergütungen hierfür greift immer der tägliche Mindestbetrag von 5 Euro. Damit sind die Zuzahlungen für die Leistungen zum Teil fast doppelt so hoch sind wie die Vergütungen (s. nachfolgende Tabelle). „Die Krankenkasse würde dem Pflegedienst 2,50 Euro für die Leistung zahlen, müsste aber 5 Euro vom Patienten als Zuzahlung fordern. Das kann doch von den Politikern so nicht gewollt sein“ so Bernd Tews vom bpa.

Das überproportionale Ausmaß der Zuzahlungen bei der häuslichen Krankenpflege wird auch deutlich am vorgesehenen Einsparvolumen: Insgesamt sollen 112 Millionen Tage häusliche Krankenpflege zu je 5 Euro Zuzahlung pro Tag von den Versicherten ersetzt, so dass sich eine Summe von fast 600 Millionen Euro ergibt, ein Zehntel dessen, was insgesamt durch die Zuzahlungen an Einnahmen erwartet wird. Insgesamt betrugen die Ausgaben der häuslichen Krankenpflege 2002 aber nur 1,6 Mrd. Euro. Das
bedeutet: 36 Prozent der Ausgaben für die häusliche Krankenpflege sollen entfallen bzw. von den Patienten getragen werden. Damit wäre die häusliche Krankenpflege der prozentual von den Zuzahlungen am stärksten betroffene Leistungsbereich. Bernd Tews: „Die Krankenkassen haben letztes Jahr lediglich 1 Prozent ihrer Ausgaben für die häusliche Krankenpflege aufgewendet. Jetzt sollen die zumeist alten und chronisch kranken Patienten, welche diese ärztlich verordnete Leistung dringend benötigen, aber 10 Prozent der gesamten Einsparungen im Gesundheitswesen aufbringen erbracht werden.“

Nächste Woche werden die Gesundheitspolitiker der Parteien erneut zusammen kommen, um über den Gesetzesentwurf zu beraten. „Die Zuzahlungsregelungen für die häusliche Krankenpflege gehören gestrichen! Häusliche Krankenpflege ist eine wirtschaftliche Leistung, die Krankenhausaufenthalte vermeidet, ambulantes Operieren und Hausarztmodelle unterstützt. Wie soll der krankenpflegerische Nachsorgebedarf angesichts der neuen Krankenhausvergütungen (DRG) gestillt werden, wenn sich die Patienten die häusliche Krankenpflege nicht mehr leisten können?“ so Tews abschließend.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V., Bundesgeschäftsstelle (bpa) Hannoversche Str. 19, 10115 Berlin Telefon: 030/30878860, Telefax: 030/30878889

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